Bei der additiven Fertigung bewegt sich der Bauteilträger über drei Achsen auf wenige Mikrometer genau unter der starren Austragseinheit.

Bei der additiven Fertigung bewegt sich der Bauteilträger über drei Achsen auf wenige Mikrometer genau unterder starren Austragseinheit. (Bild: Arburg)

Produktionseffizienz – so lautet das Versprechen, das Kunden von Arburg erwarten dürfen. Der Kunde bekommt nicht nur die Spritzgießmaschine seiner Wahl, das Unternehmen unterstützt ihn auch dabei, seine Produktion von Kunststoffteilen möglichst effizient zu gestalten. Das Angebot umfasst zudem Robot-Systeme, kundenspezifische Turnkey-Anlagen und weitere Peripherie. Im Jahr 2013 hat Arburg sein Angebot um ein weiteres Produkt ergänzt: den auf Basis von qualifizierten Standardgranulaten arbeitenden Addititive Manufacturing-System Freeformer für die werkzeug-lose Fertigung.

3D-Druck für industrielle Anforderungen
Kunden, die zum Beispiel nur wenige 100 Bauteile benötigten, standen bisher vor einer schwierigen Wahl. Für solch kleine Stückzahlen lohnt sich die Fertigung eines Spritzgieß-Werkzeuges kaum. Legt man die Kosten auf das einzelne Bauteil um, steigt sein Preis ins Unwirtschaftliche. Seit das Unternehmen auf der Kunststoffmesse K 2013 in Düsseldorf das System erstmalig vorstellte, bietet der Maschinenbauer auch für die wirtschaftliche Fertigung von Einzelteilen und individualisierten Kleinserien eine Lösung an. Die 3D-Druck-Branche zeigt sich relativ entspannt gegenüber dem Einstieg in diesen Markt. Das hat zwei Gründe: Zum einen wird durch den Einstieg eines der weltweit führenden Spritzgieß-Maschinen-Hersteller (548 Mio. EUR Umsatz im Jahr 2014) die additive Fertigung aufgewertet. Zum anderen spricht der Freeformer teilweise andere Kunden an als herkömmliche 3D-Drucker.
Bei einem der bislang üblichen Verfahren trägt der 3D-Drucker einen Kunststoffstrang (Filament) aus, der während des Fertigungsprozesses nicht unterbrochen werden kann. Das schränkt die Freiheit der Bauteil-Geometrie ein. Arburg, Loßburg, setzt das selbst entwickelte AKF-Verfahren ein, dabei werden Bauteile ohne Werkzeug aus 3D-CAD-Daten aus geschmolzenem Standardgranulat Tropfen für Tropfen aufgebaut. Mit diesem Verfahren lassen sich auch komplexe Geometrien realisieren. „Der Freeformer fertigt nicht nur Prototypen- oder Anschauungsexemplare, sondern funktionsfähige Einzelteile und Kleinserien, die von der Stabilität und Bauteilgenauigkeit industriellen Anforderungen entsprechen“, erklärt Entwicklungsleiter Dr. Eberhard Duffner. Die Arburg-Entwickler haben dem Addititive Manufacturing-System ein weiteres Alleinstellungsmerkmal mitgegeben. Die Maschinen arbeiten mit herkömmlichen qualifizierten Kunststoffgranulaten. Derzeit sind dies Polyamide (PA), Polycarbonate (PC), thermoplastische Elastomere (TPE) und Acrylnitril-Butadien-Styrole (ABS). Die Standard-Kunststoffgranulate sind in der Anschaffung günstiger. Die meisten Kunden haben diese Granulate in der Regel ohnehin auf Lager, wenn sie Kunststoffteile produzieren.

Am Ende der beiden Zylinder befinden sich die Sensoren, um den Weg der Plastifizierschnecke zu erfassen.

Am Ende der beidenZylinder befinden sich die Sensoren, um den Weg der Plastifizierschnecke zuerfassen.

Zwei Austragseinheiten
Der Freeformer ist standardmäßig mit zwei Austragseinheiten ausgestattet und kann damit Materialen unterschiedlicher Farbe oder Eigenschaften in einem Bauteil kombinieren. So sind auch funktionale Bauteile in Hart-Weich-Verbindung möglich. Beim AKF knüpfen die Kunststoff-Tropfen in allen drei Dimensionen Verbindungen. Die so produzierten Bauteile sind dadurch sehr stabil. Beim Zugtest erreichen PC-Bauteile Werte um die 90 Prozent. Um diese hohe Stabilität zu erreichen, müssen die Kunststofftropfen mit hoher Dichte ausgebracht werden. Damit die Produktionszeit gering bleibt, werden in einer Sekunde rund 70 bis 200 Tropfen ausgetragen – je nachdem, ob eine Kontur oder Füllung gedruckt wird, unterschiedlich schnell. Die Austragseinheit bleibt beim Druck starr. Stattdessen bewegt sich der Träger darunter über drei Achsen auf wenige Mikrometer genau, um das Bauteil korrekt zu positionieren. Der Tisch muss im Takt der Ausbringeinheit sehr schnell über eine kurze Distanz exakt bewegt werden. „Wir haben vier Millisekunden Zeit, um den Tisch entsprechend zu positionieren“, erklärt Werner Faulhaber, Leiter der Abteilung Entwicklung Elektrotechnik bei Arburg, eine Herausforderung der Freeformer-Konstruktion.
Induktiver Linearwegsensor erfasst Schneckenbewegung
Den Takt und die Größe der Tropfen regelt eine Blende an der Spitze der Austragseinheit. Der plastifizierte Kunststoff wird mit einigen hundert Bar Druck vor die Blende gespannt. „Dieser Druck wird mit der Plastifizierschnecke erzeugt und geregelt. Um die Tropfengröße bezüglich Viskositätsschwankungen des aufgeschmolzenen Materials konstant zu halten, wird mit dem sich extrem langsam verändernden Schneckenweg, gemessen am LI-Sensor, ein Korrekturmodell gerechnet“, so Faulhaber. Wären die Tropfen zu groß oder zu klein, würde das der Qualität des Bauteils schaden. Die Oberfläche des gedruckten Bauteils ist zwar nicht so glatt wie die eines spritzgegossenen Bauteils, allerdings sind die Tropfen sehr regelmäßig angeordnet, so dass die Abmessungen des späteren Bauteils exakt stimmen. Möglich wird das unter anderem durch den induktiven Linearweg-Sensor LI-Q25 von Turck, Mülheim an der Ruhr, der die Bewegung der Schnecke im AKF-System erfasst.
„Wir arbeiten auf 25 Mikrometer genau. Der Sensor leistet dies über einen Weg von 500 Millimeter, ohne dass die Genauigkeit mit der Messlänge abnimmt. Diese Genauigkeit ist bei Sensoren mit Varan-Schnittstelle ein Alleinstellungsmerkmal. Die Positioniergenauigkeit und die Reproduzierbarkeit waren die entscheidenden Vorteile des Sensors“, beschreibt Werner Faulhaber die zentralen Gründe für Wahl des Sensors für die Plastifizierschnecke. Die LI-Sensoren von Turck werden auch an Spritzgießmaschinen eingesetzt. Obwohl die Sensoren in diesen Spritzgießmaschinen auch an der Schnecke verwendet werden, sind die Anforderungen hier anders gelagert: „Von der Performance her ist der Sensor an der Spritzgießmaschine eher belastet“, sagt Faulhaber. Die Geschwindigkeit der Signalaugabe ist beim Freeformer und der eher langsamen Bewegung der Schnecke unkritisch. „Hier war es aber wichtig, dass wir die Abtastrate erfüllen können, die die Servo-Achsen benötigten. Auch wenn die translatorische Bewegung der Schnecke selbst nicht sehr dynamisch ist, rufen wir den Wert sehr häufig ab.“ Arburg setzt in beiden Maschinentypen einen induktiven Linearwegsensor mit einer maximalen Abtastrate von 5 kHz ein.

Der Sensor erfüllt die hohen Anforderungen an Positioniergenauigkeit und Reproduzierbarkeit

Der Sensor erfüllt die hohen Anforderungen an Positioniergenauigkeit und Reproduzierbarkeit

Aktorik und Sensorik über Echtzeit-Ethernet angesteuert
„Das AKF-System ist komplett elektrisch angetrieben. Wir setzen keine pneumatischen oder hydraulischen Antriebe ein. Jede Achse – und das können bis zu dreizehn Servo-Achsen sein – steuern wir über Echtzeit-Ethernet an. Wir hatten die Vision, die komplette Aktorik und einen maßgeblichen Teil der Sensorik über Echtzeit-Ethernet anzubinden“, beschreibt Faulhaber die Entscheidung für das Ethernet-Protokoll Varan. Damit war ein weiteres Kriterium bei der Auswahl des geeigneten Linearwegsensors gesetzt. Der Spritzmaschinen-Hersteller hat die Ethernet-Schnittstelle des Sensors für den Einsatz in elektrisch angetriebenen Spritzgussmaschinen mitentwickelt. Von dieser Entwicklung konnte man nun erneut profitieren. „Wir haben den Vorteil, dass wir den Sensor in dieser speziellen Ausführung so einfach einbinden können wie einen unserer eigenen Aktoren oder Messsysteme“, sagt der Abteilungsleiter im Hinblick auf die Integration des Sensors in die Maschinensteuerung. Seine Steuerungen entwickelt der Loßburger Spritzmaschinen-Hersteller für alle Maschinentypen selbst. Angesichts des rein elektrisch angetriebenen Addititive Manufacturing-Systems war die hohe EMV-Stabilität ein weiterer Pluspunkt des Sensors.

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