Mit Sicherheit schnell

Seit Anfang 2014 gilt für Pressen eine neue Fassung der Sicherheitsnorm EN 289. Als bisher einzige Spannwerkzeuge verfügen die Magnetspannplatten M-Tecs von Roemheld, Laubach, über eine Steuerung, die diese Anforderungen erfüllt. Der Maschinenbauer Wickert, Landau in der Pfalz, hat die aktuelle Version der Schnellspanntechnik auf einer Kompressionspresse zum Herstellen pharmazeutischer Verschlussstopfen eingesetzt. Abnehmer ist ein Unternehmen in den USA, das im Reinraum teilweise sehr kleine Chargen fertigt und durch die Technologie bei jedem der häufigen Formenwechsel mehr als zwei Stunden Rüstzeit einspart.

Auf der Presse vom Typ WKP 10000 S mit 10.000 kN Presskraft fertigt der Kunde Verschlusskappen von Medikamentenpackungen und Kolben für Spritzen im Durchmesser zwischen 6 und 16 mm. Das amerikanische Pharmaunternehmen produziert in einem Reinraum, der den Vorgaben der ISO-Klasse 7 entspricht. Dabei verarbeiten die Verantwortlichen ein selbst entwickeltes Elastomer, dessen Eigenschaften den Medikamenten angepasst sind, mit denen die Werkstücke in Berührung kommen. Lufteinschlüsse, die beim Kneten des Ausgangsmaterials entstehen, werden in einer Vakuumkammer eliminiert. Bei einer Temperatur von 180° C bis 210° C vulkanisiert das Elastomer aus.

Da die eingesetzten Werkzeuge teilweise nur rund 5 cm dick sind und auf der gesamten Pressplattenfläche von 1.000 x 1.000 mm eine Planparallelität mit einer Toleranz von 0,1 mm haben, müssen sie absolut eben gespannt werden. Ebenso wichtig ist ein homogenes Verteilen der Temperatur: Sie darf während des Ausformens auf der gesamten Fläche lediglich um ± 1° C schwanken. Eine zusätzliche Anforderung an das Spannmittel stellt die Geometrie der eingesetzten Werkzeuge dar: Bestimmte Werkstücke bekommen einen Teflonkern. Die hierbei verwendeten Werkzeuge haben bis zu 3.500 Kavitäten, weshalb für einen sicheren Halt eine hohe Spannkraft notwendig ist. Zum Bestücken können die Anwender außerdem die untere Formenhälfte nach vorne ausziehen.

Alle Anforderungen erfüllt

„Nach unseren Erfahrungen erfüllt die Magnetspanntechnik alle Anforderungen am besten“, begründet Thomas Klimpl, Vertriebsingenieur und Leiter des Marketings bei dem Maschinenbau-Unternehmen, die Entscheidung für das Spannmittel. Zusammen mit Andreas Reich, Produktbereichsleiter Werkzeugspanntechnik am Standort Hilchenbach des Spanntechnikspezialisten, hat er die Umsetzung der neuen Pressennorm in die Praxis vorangetrieben. Der aktuelle Auftrag ist das erste gemeinsame Projekt, bei dem Magnetspannplatten mit der an die neuen Vorschriften angepassten Steuerung eingesetzt werden. Andreas Reich führt dazu aus: „Wir haben die neue Steuerung so konzipiert, dass sie den Anforderungen der Schnittstelle mit Sicherheitskategorie IV beziehungsweise des Performancelevels d und e der Pressennormen EN 289 in vollem Umfang entspricht.“

Klimpl schätzt, dass rund 200 M-TECS Magnetspannplatten des Spanntechnik-Unternehmens auf Pressen des Maschinenbauers im Einsatz sind: „Wir haben viele Kunden aus der Luft- und Raumfahrt, dort werden vor allem kleine Stückzahlen gefertigt. Bei häufigen Werkzeugwechseln ist die Magnetspanntechnik konkurrenzlos schnell.“ Auch die Arbeitstemperaturen von oft über 150° C sprechen für die Technologie.

Zwanzig Minuten statt zweieinhalb Stunden

Das Unternehmen setzt auf der Presse Magnetspannplatten vom Typ M-TECS 230 ein, die für maximal 230° C Arbeitstemperatur geeignet sind. Mit ihnen lassen sich Werkzeuge und Formen jeder Größe und Geometrie und nahezu ohne Gewichtsgrenzen schnell spannen. Die Plattendicke beträgt zwischen 47 mm – ohne Temperiereinheit – und 85 mm mit integrierter Heizung.

Die Größe und Geometrie der Platten lassen sich den jeweiligen Anforderungen entsprechend frei wählen. Dem Pharma-Kunden sind kurze Rüstzeiten an der Presse wichtig. Mindestens ein Mal pro Schicht müssen die Werker die Formen für die Fertigung unterschiedlicher Produkte austauschen und zusätzlich alle vier bis sechs Wochen das Werkzeug für eine Reinigung entnehmen. Daher hat der Produzent selbst ein Konzept für den schnellen Werkzeugwechsel entwickelt: mit Vorheizofen, Zuführung, Beladung und Entnahme. Mit der Magnetspanntechnik können die Anwender den Ein- und Ausbau des Werkzeugs in zwanzig Minuten ausführen. „Gegenüber den zweieinhalb Stunden, die der manuelle Austausch ohne die genannten Hilfsmittel benötigt, ist das ein großer Gewinn. In den gesparten 130 Minuten kann die Presse bereits arbeiten“, rechnet Klimpl vor.

Geprüfte Steuerung

Manche Kunden, die sich erstmals mit der Magnetspanntechnik beschäftigen, haben dabei Sicherheitsbedenken. Diese kann der Marketingleiter aber schnell ausräumen: „Die Schnittstelle zur Magnetplattensteuerung ist zu einhundert Prozent geprüft und abgenommen. Sie sorgt dafür, dass die Presse bei einem Störungsfall sofort anhält, sodass das Werkzeug nicht beschädigt wird. Beim mechanischen Spannen mit Schrauben fährt sie hingegen weiter, im ungünstigsten Fall reißen die Schrauben und die Form nimmt Schaden.“

Strom benötigen die Magneten lediglich einige Sekunden lang zum Lösen und Spannen des Werkzeugs, daher ist das System auch bei Stromausfällen sicher. Einmal gespannt, hält der Elektropermanentmagnet auch schwere Werkzeughälften positionsgenau, deformationsfrei und parallel. Das Pfälzer Maschinenbauunternehmen entschied sich angesichts der vielen Kavitäten der Werkzeuge bei der aktuellen Presse für eine Spannkraft von 31 t. Das gleichmäßig wirkende Magnetfeld ermöglicht eine stabile und plane Position der Form. Dadurch minimieren sich Qualitätseinbußen und Ausschuss.

Es ermöglicht außerdem ein gleichmäßiges Übertragen der Presskräfte für Präzision und Prozesssicherheit. Die separate Steuerung der Magnetplatten überwacht permanent die relevanten Parameter, wie Position des Werkzeugs, Temperatur und Magnetkraft. Sie lässt sich in die Pressensteuerung integrieren.

Der Maschinenbauer installiert die Presse beim Pharma-Kunden so, dass der Bediener mit Schutzkleidung innerhalb des Reinraums arbeitet und ein anderer Mitarbeiter außerhalb, auf der rückwärtigen Seite der Maschine, die pro Hälfte rund 600 kg schweren Werkzeuge wechselt. Hierzu löst dieser per Knopfdruck an der Steuerung der Magnetspannplatte die Spannung und kann dann das alte, noch heiße Werkzeug mit einem Haken über integrierte Rollenleisten aus dem Pressenraum hinausfahren. Dort lässt es sich dann entnehmen und zum Auskühlen ins Regal fahren. Anschließend holt er die neue Form aus der Vorwärmstation und schiebt sie über die Rollenleisten ein. Eine Seiten- sowie eine Mittenzentrierung helfen beim Positionieren. Durch einen erneuten Knopfdruck wird das Werkzeug dann auf der Magnetspannplatte gespannt.

 

„Die Schnittstelle zur Magnetplattensteuerung sorgt dafür, dass die Presse bei einem Störungsfall sofort anhält, sodass das Werkzeug nicht beschädigt wird.“

Thomas Klimpl, Vertriebsingenieur und Leiter Marketing bei Wickert Maschinenbau

 

Fakuma 2014: Halle/Stand A01/1010

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