Schonendes und mobiles  Folienschweißen

Folienkissen aus ETFE werden als thermisch trennende Gebäudehüllen seit fast 30 Jahren erfolgreich eingesetzt. Sie ermöglichen große transparente oder transluzente Flächen mit äußerst geringem Abschattungsgrad (Abschattung nur durch Rahmen und Tragstruktur). Im konstruktiven Membranbau kommen dabei verstärkt ETFE-Folien zum Einsatz. Aufgrund der Biegsamkeit der Kissen und der variablen Führung der Schweißnähte sind der Formgebung der Kissen kaum Grenzen gesetzt. Das Anwendungsspektrum erstreckt sich von Überdachungen von Bushaltestellen bis hin zu freitragenden Dachkonstruktionen im klimatisierten Hallenbau. Für die Fertigung der aus mindestens 2 Folienlagen bestehenden Kissenelemente ist es erforderlich, sie an den Rändern miteinander zu verschweißen.

Die Schwierigkeiten beim Verschweißen dieser Folien ergeben sich zum einen aus den werkstoffbedingten Schweißeigenschaften des Materials (Schmelztemperatur 290°C) und zum anderen in der räumlichen Anordnung der Schweißnähte. Um die großflächigen Folienbahnen der Geometrie eines Überdaches anzupassen, werden die Kissenelemente 3-dimensional konstruiert und gestaltet. Im Schweißprozess muss dann eine gewölbte Form (dreidimensional) in eine Ebene mit zweidimensionalem Schweiß-nahtverlauf überführt werden. Dies bringt große Probleme mit sich, weil die einzelnen Zu-schnitte dadurch nicht mehr einfach flach und deckungsgleich übereinander liegen können. Deshalb ist eine exakte Ausrichtung und Fixierung der einzelnen Zuschnitte an ihren Rändern vor dem Schweißprozess erforderlich. Um ein Verrutschen der Folien während des Schweißprozesses zu verhindern, müssen die Folienzuschnitte an den zu schweißenden Kanten genau übereinander gelegt und fixiert werden. Dies erfolgt mit einem Heftschweißverfahren, mit dessen Hilfe jeweils ein kleiner Punkt geschweißt wird.

In der industriellen Anwendung erfolgen derzeit Heftprozesse an ETFE-Folien mittels sogenannten Heißschneidegeräten. Da die Heißschneidegeräte keine Prozessregelung für eine Verarbeitung von ETFE-Folien ermöglichen, kommt es sehr schnell zu Materialschädigungen und Zersetzungserscheinungen aufgrund zu hoher Verarbeitungstemperaturen. Des Weiteren büßt der Folienwerkstoff an den geschädigten Fixierstellen enorm an Festigkeit ein, und es verschlechtern sich die optischen Eigenschaften.

Einsatz von temperierten Sonotroden

Ziel der Arbeiten war es, auf Basis des Ultraschallschweißens mit temperierten Sonotroden, eine neue Verbindungstechnologie für das Heften von ETFE-Folien zu entwickeln. Durch den Einsatz des Ultraschallschweißverfahrens mit temperierten Sonotroden zur Wärmeerzeugung soll es möglich sein, den Vorgang des Heftens deutlich effektiver und schonender für das zu heftende Material zu gestalten, als es mit den zurzeit eingesetzten Heißschneidegeräten geschieht. Zum einen kann die Einwirkzeit im Vergleich zum derzeit praktizierten Heißschneiden verkürzt werden. Zum anderen entsteht die Wärme infolge des Ultraschalls direkt an der Verbindungsstelle der beiden Folien und muss nicht, wie beim derzeit zum Einsatz kommenden Verfahren, von außen durch die Folien herangeführt werden.

Das Material erfährt auf diese Weise eine schonende Verarbeitung, was die Freisetzung toxischer Zersetzungsprodukte (in diesem Fall Fluorwasserstoff) vermeidet. Daraus resultiert ein besser zu kontrollierender Schweißprozess, der Schweißergebnisse mit einer höheren Reproduzierbarkeit und höheren Festigkeiten ermöglicht. Durch den Einsatz temperierter Sonotroden erfährt das gesamte Ultraschallschwingsystem, bestehend aus Konverter, Booster und Sonotrode, im Laufe der Betriebszeit eine Erwärmung.

Ultraschallkonverter können bei Betriebstemperaturen von über 50°C irreparabel beschädigt werden. Aus diesem Grund kamen Kühlbooster mit unterschiedlichen Transformationsver-hältnissen zum Einsatz. Neben der Amplitudentransformation ist die Generierung einer wohl definierten Temperaturdifferenz zwischen der temperierten Sonotrode und dem Konverter die wichtigste Funktion des Kühlboosters. Im Rahmen der Entwicklung wurden verschiedene Heizmethoden der Ultraschall-Sonotrode untersucht. Zum Einsatz kamen die Erwärmmethoden Infrarot, Warmgas und Induktion.

Verbesserte Heftergebnisse durch temperierte Sonotroden

Ultraschall-Schweißversuche unter Anwendung der 20 und 40 kHz Technologie erfolgten zunächst mit einer untemperierten Sonotrode, wurden mit einer temperierten Sonotrode fort-gesetzt und anschließend bewertet. Die Versuche erfolgten jeweils mit 100, 200 und 250 ?m dicken und unbedruckten ETFE-Folien. In Vorbereitung auf die anschließenden Zugscherversuche wurden mit Hilfe einer Schneidvorrichtung 10 mm breite und 150 mm lange Probekörper zugeschnitten und überlappt geschweißt. Während eine Verschweißung mit einer untemperierten Sonotrode bei beiden untersuchten Frequenzen zu Materialschädigungen führte, konnten die untersuchten Folien durch den Einsatz einer temperierten Sonotrode mit guten optischen Eigenschaften geschweißt werden. Die dabei ermittelten Scherkräfte befanden sich auf Grundmaterialniveau. Exemplarisch ist die Verschweißung einer 200 µm dicken Folie mit einer untemperierten Sonotrode (links) und einer temperierten Sonotrode (rechts) dargestellt.

Das größte technologische Fenster ergab sich aus den Untersuchungen der 40 kHz-Technologie. Die 40 kHz-Technologie bildete somit die Basis für ein im weiteren Verlauf des Projektes zu entwickelndes mobile Handschweißgerät. Da die Zeitabstände zwischen den Heftschweißungen in der industriellen Anwendung sehr kurz sind, ist der Einsatz einer effizienten Erwärmmethode erforderlich, die eine frei schwin-gende Sonotrode berührungslos und kontinuierlich erwärmt. Als geeignete Erwärmmethode der US- Sonotroden stellte sich die Induktion heraus.

Diese Ergebnisse flossen direkt in die Entwicklung und den Bau eines mobilen Handgerätes und einem dazugehörigen Steuermodul ein. Mit dem mobilen Handgerät erfolgten abschließend Schweißversuche an 100, 200 und 250 µm dicken ETFE-Folien. Verglichen wurden diese Ergebnisse mit der maximalen Bruchkraft ungeschweißter Folien mit jeweils gleicher Dicke und Breite. Die Parametereinstellungen aus den Vorversuchen ließen sich für alle untersuchten Foliendicken sehr gut auf den Einsatz eines Handschweißgerätes übertragen. Für alle untersuchten Folienstärken konnten Festigkeiten auf Grundmaterialniveau und sehr gute optische Eigenschaften erzielen werden.

Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Technologie

Anwender der entwickelten Technologie für das Ultraschallheften mit temperierten Sonotroden von ETFE-Folien sind Unternehmen aus dem konstruktiven Membranbau, die Überdachungen aus ETFE-Folien für die unterschiedlichsten Zwecke herstellen und Montageunternehmen. Mit der entwickelten Technologie steht ein wirtschaftliches Verfahren zum Heften von ETFE-Folien zur Verfügung, das sich durch geringe Zykluszeiten und eine schonende Materialverarbeitung auszeichnet. Im Gegensatz zum derzeit zum Einsatz kommenden Verfahren mit Heißschneiden, können auf diese Weise Materialschädigungen und das Freisetzen von toxischen Zersetzungserscheinungen vermieden werden.

 

 

Der Autor dankt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie für die finanzielle Unterstützung des Projektes (Reg.-Nr.: MF100021), das dieser Veröffentlichung zugrunde liegt.

 

Fakuma 2014: Halle/Stand B3/3006

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