Januar 2014

Kunststoffteilen werden untereinander sowie mit anderen Materialien vielfach durch Klebung verbunden. Die dazu notwendigen Klebe- und Fügetechniken werden mit der Weiterentwicklung von Kunststoffen und Kunststoffbauteilen an Bedeutung gewinnen. Des Weiteren wird intensiv an der Entwicklung neuer Klebstoffe beziehungsweise an der Optimierung der Rezepturen bestehender Klebstoffe gearbeitet.

Mit steigender Anzahl verschiedener Werk- und Klebstoffe nimmt die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten um ein Vielfaches zu. Dabei gilt es, für jede Materialkombination die für den Anwendungsfall optimale Klebeverbindung auszuwählen oder zu entwickeln und im Produktionsprozess einer Qualitätskontrolle zu unterziehen. Eine schnelle und quantitative Analyse der Festigkeit von Klebeverbindungen unterstützt die Entwicklung neuer Materialien und erleichtert die Qualitätssicherung in der Produktion.

Stand der Prüftechnik für Klebeverbindungen

Derzeit wird für die Prüfung der Zugfestigkeit von Stumpfklebungen der Zugversuch nach DIN EN 15870 durchgeführt. Dabei wird der Prüfling beidseitig eingespannt und mit ansteigender Kraft auf Zug belastet, bis Materialversagen eintritt. Werden zum Beispiel bei Neuentwicklungen höhere Messgenauigkeiten gefordert, muss der Prüfling zudem kardanisch eingespannt werden, um den Eintrag von Scherkräften zu vermeiden. Der Zugversuch liefert einen Materialkennwert in N/mm². Für die Prüfung von Oberflächenbeschichtungen wird der Gitterschnitttest nach DIN EN ISO 2409 herangezogen.

Er liefert eine qualitative Einteilung nach optischer Begutachtung in die Klassen 0 bis 5. Für die Prüfung der Verbindung eines starren mit einem flexiblen Material wird ein Schältest nach ISO 8510 durchgeführt. Dabei wird der starre Teil des Prüflings fest eingespannt und versucht, die flexible Schicht mit einer Schälvorrichtung entweder parallel oder senkrecht zur Klebefläche abzulösen. Der zum Versagen des Materialverbundes zugehörige Kennwert wird in N/mm angegeben. Ein weiterer Test für Oberflächenbeschichtungen ist der Klebebandtest, der ebenfalls einen Materialkennwert in N/mm angibt. Hier wird ein Klebeband auf die zu prüfende Beschichtung aufgeklebt und mit einer definierten Geschwindigkeit wieder abgezogen.

Acht Proben – ein Arbeitsgang

Die beschriebenen Testverfahren sind zeitaufwändig, weil pro Messung nur eine Probe untersucht wird. Um die Reproduzierbarkeit zu gewährleisten, ist sehr sorgfältiges Arbeiten notwendig. Dagegen sind die Prüflinge für die analytische Zentrifuge einfach vorzubereiten und in das Messinstrument einzubringen. Um den Prüfkörper herzustellen, wird eine definierte Menge Klebstoff mit einer Pipette auf eine Material- oder Substratprobe mit minimalen Geometrieanforderungen aufgegeben. Eine darauf platzierte Führungshülse sorgt dafür, dass der Prüfstempel absolut senkrecht auf der Klebestelle aufgesetzt wird. Der auf diese Weise erzeugte Prüfkörper wird anschließend in das Detektionsmodul der Zentrifuge nur eingesteckt, nicht gespannt. So wird das Auftreten von Scherkräften vermieden. Der Spezialrotor kann bis zu acht Detektionsmodule mit Prüflingen aufnehmen.

Die Prüflinge werden durch eine definierte, programmierbare Steigerung der Rotordrehzahl zunehmend belastet. Sobald die Belastungsgrenze des Materialverbundes eines Prüflings überschritten ist und der Bruch eintritt, bewegt sich der betreffende Teststempel geringfügig nach außen.

Zentrifugalkraft als Testkraft

Dies löst ein elektrisches Signal aus, welches während der Zentrifugation an die Auswerteelektronik übertragen wird. Damit wird genau erfasst, bei welchem der acht Prüflinge bei welcher Drehzahl das Materialversagen aufgetreten ist. Die Zugspannung zum Zeitpunkt des Materialversagens beziehungsweise die Kohäsions- oder Adhäsionskräfte werden mit einer speziell entwickelten Auswertesoftware aus dem Gewicht des Prüfkörpers und der Drehzahl berechnet und graphisch oder tabellarisch dargestellt. Zeitpunkt und zugehörige Drehzahl für das Materialversagen werden für jeden der acht Prüfkörper separat ermittelt. Damit besteht auch die Möglichkeit, unterschiedliche Prüflinge, das heißt unterschiedliche Klebstoffe, Materialkombinationen oder Aushärteparameter innerhalb eines Durchlaufs zu testen. Die Auswertesoftware ermöglicht außerdem die offline-Auswertung und den direkten Vergleich von Messdaten für bis 24 Proben. Weitere methodische Einzelheiten sind in Dispersion Letters erschienen [1].

Der Bereich der realisierbaren Kräfte, die auf die Prüflinge während der Rotation wirken, wird zum einen durch die Rotationsgeschwindigkeit definiert, die bis zu 13.000 U/min betragen kann, und zum anderen durch das Gewicht des Prüfstempels. Mit einer großen Auswahl an Materialien für den Stempel werden Beanspruchungskräfte von 0,05 N bis 6,5 kN erreicht. Der Durchmesser der Prüffläche beträgt maximal 10 mm, und die maximalen Abmessungen der Materialprobe sind 30 x 30 x 15 mm. Die maximal prüfbare Zugfestigkeit eines Materialverbundes beträgt 82,5 N/mm².

Testergebnisse für unterschiedliche Klebeverbindungen

Als Beispiel sind die Messergebnisse einer Versuchsreihe zur Auswahl eines geeigneten Klebstoffes für eine Metall-Kunststoff-Verbindung dargestellt. Die Applikation erforderte eine sehr schnelle Klebung, sodass vier verschiedene Sekundenklebstoffe auf Cyanacrylatbasis für die Testung ausgewählt wurden. Während es sich bei dem metallischen Fügepartner um eine Kupferlegierung handelt, wurde als Kunststoff entweder PMMA (Plexiglas) oder PVC verwendet. Die Mittelwerte der Festigkeiten (n = 4 – 6) und die Standardabweichungen sind hier vergleichend dargestellt. Es werden mit den Klebstoffen CY 1 und CY 3 die höchsten Festigkeiten sowohl für PMMA als auch für PVC erzielt. CY 4 zeigt im Vergleich mit Abstand die niedrigsten Werte. Während Klebstoff CY 1 eine festere Verbindung mit PMMA möglich macht, eignet sich Klebstoff CY 3 besser für die Klebung mit PVC, die mit einer Festigkeit von 20 N/mm² den höchsten Wert innerhalb der Versuchsreihe darstellt. Beim Vergleich der Festigkeitswerte muss jedoch auch immer das jeweilige Bruchverhalten berücksichtigt werden. So sind, wie üblich, nur Proben miteinander vergleichbar, deren Bruchbilder übereinstimmen.

Ein weiteres großes Einsatzgebiet ist die Ermittlung der Festigkeit von Beschichtungen auf Bauteiloberflächen. Voraussetzung hierfür ist die Verwendung eines Klebstoffes, der zur Beschichtung eine größere Adhäsionskraft aufweist, als die Beschichtung zum Substrat selbst. In [2] wurde die analytische Zentrifuge zur Ermittlung der Haftfestigkeiten von Metallschichten auf Glasproben verwendet, die mit herkömmlichen Prüfverfahren nicht unterschieden werden konnten. Des Weiteren liegen u.a. Erfahrungen zur Aktivierung von Kunststoffoberflächen mittels Plasmaverfahren, Charakterisierung der Metallisierung von Kunststoffoberflächen [3] sowie von metallbeschichteten Folien [4] vor.

 

[1]    Dispersion Letters 4(2013) 1-4; Centrifuge technology revolutionises adhesion testing; U. Rietz, S. Hielscher, J. Kern,
U. Beck, D. Lerche
[2]    U. Beck, G. Reiners, M. Weise, D. Lerche, U. Rietz, H. Niederwald, Surface & Coatings Technology, 2011, 205, 182 – 186
[3]    Vortrag IKV-Fachtagung Dez. 2012 in Aachen; Vergleichende Bestimmung der Haft- und Klebfestigkeit modifizierter Kunststoff-Oberflächen: Zentrifugentechnologie & konventionelle Prüfverfahren;
U. Beck, S. Hielscher, R. Mix, M. Weise,
D. Lerche, U. Rietz
[4]    Poster EURADH 2012; Adhesion measurements of metal films on plasma-
functionalized polymer foils and specially designed interfaces for optimum coupling;
R. Mix, S. Hielscher, J. Friedrich, U. Beck

Sie möchten gerne weiterlesen?