November 2013

Der Markt für thermoplastische Kunststoffe ist hart umkämpft, der Wettbewerbsdruck nimmt immer mehr zu. In diesem wirtschaftlich schwierigen Umfeld können sich Compoundierer und Kunststoffverarbeiter nur durch Spezialisierung, Qualität und Kosteneinsparungen behaupten.

Die Wahl des richtigen Additivs wird dabei immer wichtiger, denn solche Zusätze können sowohl die Produkteigenschaften eines Kunststoffs als auch die Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse von thermoplastischen Compounds verbessern. Die Kunststoffindustrie setzt deshalb schon seit Langem Silikone als Additive ein. Silikone wirken als Prozesshilfsmittel, indem sie Reibungseffekte reduzieren und die Fließfähigkeit der Polymerschmelze verbessern. Darüber hinaus verringern sie den Reibungswert von Kunststoff-oberflächen und beeinflussen somit auch deren Qualität positiv. Gegenüber organischen Additiven besitzen Silikonadditive eine sehr niedrige Oberflächenenergie und eine hohe Aktivität an Phasengrenzflächen.

Sie sind außerdem thermisch sehr beständig und kälteflexibel. Herkömmliche Silikonadditive haben allerdings Nachteile. Niedrigviskose Silikonöle etwa tendieren dazu, aus dem Kunststoff auszuwandern. Das kann eine Nachbearbeitung erforderlich machen und das Bedrucken, Lackieren oder Verschweißen erschweren. Eine Lösung für dieses Problem bieten unvernetzte ultrahochmolekulare lineare Polydimethylsiloxane, kurz „Silikone-Gums“. Sie migrieren kaum noch aus dem Kunststoff.

Allerdings lassen sie sich mit dem Thermoplasten nicht so gut mischen. Die Einarbeitung ist relativ aufwändig. Aus diesem Grund werden häufig Silikone-Gum-Masterbatches eingesetzt. Hier wird ein thermoplastisches Polymer, das mit dem zu modifizierenden Thermoplasten kompatibel ist, als Träger eingesetzt. Als festes Granulat lassen sich diese Masterbatches gut verarbeiten. Allerdings erfordert jeder Thermoplast einen spezifischen Träger. Ein Compoundierer muss folglich für jedes Polymer, das er aufbereiten will, eine eigene, speziell auf den Thermoplasten abgestimmte Additiv-Formulierung vorhalten: ein Masterbatch für PE, eines für PP, ein drittes für Polaymid, etc.

Ein Universalsparer

Mit Genioplast Pellet S gelang den Chemikern des Wacker-Konzerns die Entwicklung eines Silikonadditivs, das die Verarbeitung mit unterschiedlichsten Thermoplasten ermöglicht. Das in Pelletform vorliegende und daher leicht zu verarbeitende Additiv kann zur Compoundierung sämtlicher Thermoplaste und thermoplastischer Elastomere verwendet werden. Das Produkt als hochkonzentriertes Silikonadditiv enthält als Wirkkomponente ein unvernetztes ultrahochmolekulares lineares Silikonpolymer. Trägermaterial des Wirkstoffs ist eine auf das Silikon abgestimmte pyrogene Kieselsäure. Pyrogene Kieselsäure besteht aus amorphem SiO2-Pulver. Da pyrogene Kieselsäure mit sämtlichen Thermoplasten verträglich ist, kann das Additiv universell für die Compoundierung eines jeden beliebigen Thermoplasten eingesetzt werden.

Kostensparende Verarbeitung

Der Compoundierer kann das Additiv problemlos mit gebräuchlichen Geräten wie Doppelschneckenextrudern oder Co-Knetern in Thermoplaste einarbeiten, auch zusammen mit mineralischen Füllstoffen. Es verbessert die Dispersion der Füllstoffe und schafft damit neue Formulierungsfreiräume. Seine reibungsvermindernden Eigenschaften erleichtern die Herstellung des Compounds, also der verarbeitungsfertigen granulierten Formmasse, senken den Energieverbrauch und erhöhen den Durchsatz.

Beim Compoundieren lassen sich somit signifikante Kosteneinsparungen erzielen. Auch bei der formgebenden Verarbeitung des Compounds machen sich die prozessverbessernden Eigenschaften des Additivs bemerkbar. Beim Spritzgießen ist entscheidend, dass das Additiv die Viskosität der Thermoplastschmelze erniedrigt und damit ihre Fließfähigkeit verbessert. Auf diese Weise erreicht der Kunststoffverarbeiter nicht nur eine bessere Formfüllung. Er kann auch mehr Material pro Zeit in das Formwerkzeug einspritzen, was zu kürzeren Taktzeiten führt. Außerdem sorgt das Additiv dafür, dass die Kunststoffoberfläche weniger stark am Formwerkzeug haftet. Die Formteile lassen sich also leichter entformen. Das wirkt sich ebenfalls günstig auf die Stückkosten aus.

Auch Extrusionsprozesse lassen sich mit dem Zusatz effizienter und kostengünstiger gestalten. Durch die bessere Fließfähigkeit steigt der Durchsatz, zugleich sinkt der Energieverbrauch. „Elektrokabel-Ummantelungen auf Polyolefinbasis lassen sich beispielsweise mit den Additiv-Pellets bis zu
30 Prozent schneller extrudieren als unmodifizierte Kunststoff-Compounds. Mit dem Additiv lassen sich außerdem Ablagerungen auf der Düse minimieren. Das verbessert die Produktqualität – bei der Extrusion von Kabeln wäre dies eine konstante Schichtdicke des Kabelmantels – und reduziert den Ausschuss bei der Extrusion“, erklärt Dr. Michael Geck, Technical Manager Chemical Industrie bei Wacker. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Schmelzebruch kommt, nimmt ab. Letzteres verringert das Risiko von Prozessunterbrechungen und von qualitätsmindernden Schäden der Extrudat-Oberfläche.

Hohe Wirksamkeit

Der Zusatzstoff lässt sich leicht dosieren und problemlos in Thermoplaste einarbeiten, auch mit mineralischen Füllstoffen. Mit rund 70 Massenprozent liegt der Silikongehalt in dem Additiv über dem von Masterbatches.

Um prozessverbessernde Eigenschaften zu erhalten, genügen bereits Einsatzmengen zwischen 0,1 und 1 Gewichtsprozent. Verbesserte Kunststoffeigenschaften lassen sich mit Einsatzmengen von 1 bis 5 Gewichtsprozent erzielen. Da das Silikonadditiv den Reibungskoeffizienten des Thermoplasten verringert, verleiht es der Oberfläche eine höhere Glätte und damit auch eine höhere Kratz- und Abriebsfestigkeit. Dabei verschlechtern sich weder die Grundeigenschaften des Polymers wie Zugfestigkeit, Härte und Wärmeformbeständigkeit noch die haptischen Eigenschaften. Die Kunststoffe lassen sich auch bedrucken und verschweißen.

Hierzu trägt die Anbindung des Siliconwirkstoffs an die Kieselsäure bei, durch die das Silicone-Gum fest in der Polymermatrix verankert wird. Diese Anbindung sorgt auch für eine hohe Beständigkeit der erzielten Effekte. Das Additiv wirkt sich besonders vorteilhaft bei Thermoplasten aus, die mit mineralischen Stoffen wie Calciumcarbonat oder Talk gefüllt sind. Hier verbessert es auch die Kerbschlagzähigkeit und die Reißdehnung und unterstützt die Wirkung von flammhemmenden Füllstoffen wie Aluminiumhydroxid oder Magnesiumhydroxid.

„Flammhemmende Füllstoffe arbeiten meist endotherm. Beispielsweise entziehen sie dem Brandherd Energie und erzeugen dabei Wasser, das als inertes Gas die brennbaren Substanzen „verdünnt“ und somit die Brandentwicklung hemmt. Genioplast sorgt dafür, dass die Oberfläche des Kunststoffs beim Verbrennen stark verkrustet. Dies behindert den Gasaustausch und führt zu einer geringeren Hitze- und Rauchentwicklung“, erläutert Geck.

Zulassung für Lebensmittelkontakt

Im Gegensatz zu Genioplast Pellet S, das für die Herstellung von Compounds für technische Anwendungen, beispielsweise im Autoinnenraum, oder für Kabelummantelungen eingesetzt wird, ist das Pellet P plus speziell für Compounds im Lebensmittelbereich konzipiert. Für alles, was mit Lebensmitteln in Berührung kommt, braucht man Komponenten mit einer entsprechenden Zulassung. Das Additiv besitzt die Zulassungen ( EU- Richtlinie Nr.10/2011, Deutschland: BfR XV. Silicone, Schweiz: Swiss Ordinance SR 817.023.21, USA: : FDA 21 CFR, China: Chinese Standard GB 9685-2008), die erforderlich sind, um Kunststoffe herzustellen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen dürfen – beispielsweise Compounds für reinigungsfreundliche Einsätze in Kühlschränken oder leicht zu entleerende Verpackungen für Milch- und Molkereiprodukte. Auch der als Alternative zum Naturkork immer häufiger verwendete Kunststoffverschluss für Weinflaschen gleitet dank Siliconadditiv nun besser und ohne übermäßigen Kraftaufwand aus der Flasche. Möglich sind außerdem medizinische Anwendungen. „Grundsätzlich können Compounds, die mit Genioplast Pellet P plus formuliert wurden, für eine Vielzahl medizinischer Anwendungen verwendet werden, beispielsweise für Gehäuseteile medizinischer Geräte.

Auch Pharmaverpackungen wären eine denkbare Anwendung“, führt Geck aus. So profitiert jeder in der Produktionskette von den kleinen Pellets: Wenn sich der Kunde von der verlockenden, sich angenehm anfühlenden Oberfläche zum Griff ins Regal animieren lässt, dann hat der Compoundierer längst aus der einfacheren Verarbeitung, der geringeren Schmelzviskosität und dem geringeren Energieverbrauch Nutzen gezogen. Und beim Verpackungshersteller fällt der Becher dank der glatten Oberfläche und der geringeren Haftung leichter aus der Form.

 

 

„Für uns stand nach der Einführung von Genioplast Pellet S sehr bald fest, dass wir auch ein Additiv für thermoplastische Compounds mit Lebensmittelkontakt anbieten müssen. Bestärkt wurden wir dabei auch von vielen Kunden. Sie hatten das Additiv schon mit großem Erfolg eingesetzt und wollten nun die gleichen Vorteile auch bei der Herstellung von Gehäuseteilen von Küchengeräten oder Lebensmittelverpackungen nutzen.“

Dr. Michael Geck, Technical Manager Chemical Industrie, Wacker

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Wacker Chemie AG

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