November 2012

Die Verarbeitung von Kunststoffen erfordert Spezialwissen und viel Erfahrung. Der Hersteller von Ventil-, Mess- und Regeltechnik Gemü Gebr. Müller Apparatebau, Ingelfingen, baut die Werkzeuge für seine Produkte noch selbst. Das Spritzgieß- und Werkzeug-Know-how hat das Unternehmen in dem eigenständigen Cost Center Werkzeugproduktion gebündelt. Fünf Konstrukteure und 18 Werkzeugmacher entwickeln und bauen in dieser Abteilung Spritzgießwerkzeuge für die Verarbeitung von Thermoplasten, Elastomeren und Duroplasten, Aluminiumdruckgießwerkzeuge sowie Presswerkzeuge für Elastomere. Sie verkaufen ihre Dienstleistungen an interne und externe Kunden.

Verzug und Schwindung vermeiden

Die Konstrukteure entwerfen die Formteile auf ihren CAD-Systemen in 3D. Ein durchgängiges Datennetz ermöglicht die direkte Übermittlung der Geometriedaten aus der Konstruktion an das CAM-Programmiersystem. In einem modernen Maschinenpark setzen die Werkzeugmacher die digitalen Modelle in Werkzeuge mit hohen Qualitätsanforderungen um. Spezielle Erfahrungen besitzen die Werkzeugbauer bei der Gewindeausformung, in der Produktion von Komponenten mit Metalleinlegeteilen, beim Umspritzen von Metallteilen, dem Auskleiden von Metallkörpern sowie bei Werkzeugen für glasfaserverstärkte Materialien und Fluorkunststoffe wie Teflon.

Das Teilespektrum ist durch dickwandige, technische und belastete Teile charakterisiert. Deshalb werden überwiegend hochbelastbare, technische Kunststoffe verarbeitet, die sich für chemische Prozesse gut eignen und temperaturbeständig sind. Sie sind oft scherungsempfindlich, eine Eigenschaft, die bei der Bauteilgestaltung zu beachten ist. Um Verzug und Schwindung zu vermeiden, gelten beim Spritzguss hohe Anforderungen an die Gestaltung der Werkzeuge und Bauteile, unter anderem durch eine gute Versorgung mit Nachdruck, die Optimierung des Füllverlaufs und der Anspritzposition.

Simulation frühzeitig in Konstruktion einbinden

In der Vergangenheit waren die Konstrukteure allein auf ihre Erfahrung beim Entwurf der Formteile angewiesen. Aber selbst die erfahrensten Mitarbeiter konnten das komplexe Verhalten des Materials beim Spritzguss nicht immer ausreichend genau vorhersehen. Das führte zu teuren Nacharbeiten an den Werkzeugen, wenn nicht gar ein teures Werkzeug ganz verloren ging, weil es die notwendige Teilequalität nicht liefern konnte.

Als die Formenbauer 1997 Schwierigkeiten mit Bauteilen feststellen mussten, bei denen die Fließnähte ungünstig im Bereich einer hochbelasteten Ventildichtung lagen, ließen sie erstmals eine Simulation des Spritzgusses mit der Software Moldflow durchführen. Die Software konnte das Problem exakt darstellen. Das Verlegen des Anguss-Systems und Änderungen in der Formteil-Geometrie beseitigten die Schwachstelle im Bauteil. In den letzten Jahren ist die Software immer leistungsfähiger sowie einfacher und intuitiver zu bedienen geworden. Mittlerweile ist sie mit allen bedeutenden CAD-Systemen kompatibel, was für die Werkzeugbauer wichtig ist, die mit Daten aus den unterschiedlichsten Quellen arbeiten.

Wegen der hohen Ansprüche an die Festigkeit und Qualität der Teile ist die Spritzguss-Simulation bei dem Formenbauer unverzichtbar geworden. Im Fokus steht bei den Ingelfingenern die Minimierung des Verzugs. Die Zykluszeit ist dagegen von sekundärer Bedeutung. Bei allen Unsicherheiten in der Formteile-Entwicklung wird die Simulation schon frühzeitig involviert. Bevor ein Werkzeug konstruiert wird, ist die Analyse der Herstellbarkeit und der kritischen Zonen Pflicht.

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