Oktober 2012

Bei den von Wild & Küpfer, Schmerikon, Schweiz, gebauten Ausschraub-Werkzeugen wurde die Drehbewegung bisher mit einer hydraulisch betätigten, am Drehkern anliegenden Zahnstange erzeugt. Seit geraumer Zeit verfolgt das Unternehmen das Ziel, die Abmessungen der Werkzeuge zu verkleinern, die Einstell- und Überwachungsmöglichkeiten zu verbessern sowie den Aufwand für Wartung und Instandhaltung zu verringern. „Auf die von i-mold, Michelstadt, entwickelten Servomold-Ausschraub-Einheiten mit servoelektrischem Antrieb sind wir letztes Jahr auf der Euromold aufmerksam geworden“, berichtet Christian Gwerder, Projektleiter. „Wir haben uns sehr intensiv damit beschäftigt.

Im Endeffekt hat uns das Konzept überzeugt – mechanisch, steuerungstechnisch und vor allem unter Kosten- und Wartungsgesichtspunkten.“ Für das Achtfach-Werkzeug, mit dem der Verschlussdeckel produziert wird, sind zwei der kompakten Servo-Ausschraub-Einheiten Multi mit je vier Ausschraub-Spindeln erforderlich. Sie lassen sich vollständig in den Standard-Werkzeugaufbau integrieren. Die Antriebseinheiten befinden sich oben beziehungsweise unten am Werkzeug – es gibt daher keine seitlich überstehenden Teile, die den Einbau des Werkzeugs erschweren könnten. Weil außer dem Antrieb keine Anbauten wie Zahnstangen, Hydraulikzylinder und Stützen notwendig sind, weist das Werkzeug eine vergleichsweise geringe Baugröße auf.

Mit der zugehörigen Servo-Komplettsteuerung SKS lassen sich alle Bewegungen – die Drehgeschwindigkeiten ebenso wie die Anzahl der Umdrehungen der Gewindekerne – frei programmieren. Dadurch kann der Entformungsablauf an die vom Formteil vorgegebenen Rahmenbedingungen angepasst werden und lässt sich in den Programmablauf der Spritzgießmaschine integrieren.

Konstruktion und Bau des Werkzeugs

Das Achtfach-Ausschraub-Werkzeug ist als Zweiplatten-Werkzeug mit zwei Aussschraub-Einheiten und je vier Ausschraub-Spindeln ausgeführt. Die kompletten servoelektrischen Antriebseinheiten sind oben und unten am Werkzeug montiert. Ein Zahnriemen überträgt die Drehbewegung auf eine Ritzelwelle, die ihrerseits die Stirnräder mit den Leitgewindehülsen und den darin geführten Gewindekernen antreibt. Aus kühlungstechnischen Gründen wurde ein Kernabstand von 100 mm gewählt.

Der modulare, normierte Aufbau der Komponenten reduziert den Konstruktions- und Fertigungsaufwand und die Durchlaufzeit im Werkzeugbau. Ein fertiger 3D-Datensatz der Ausschraub-Einheit lässt sich mit wenigen Klicks in die Werkzeugkonstruktion einfügen. Die Standardisierung führt auch beim Bau des Werkzeugs zu einer Zeit- und Kostenersparnis. Die einbaufertig montierte Antriebseinheit wird an die auswerferseitige Werkzeughälfte angebaut. In diese wird auch der montagefertige Bausatz der Ausschraubeinheit eingebaut. Er umfasst die Zahnriemen-Einheit, die Antriebsritzelwelle und die speziellen Stirnräder, die Leitgewindehülsen und die Ausschraub-Spindeln mit den formgebenden Gewindekernen. Steigung und Länge der Leitgewindehülsen sowie die Gewindekerne wurden nach den Vorgaben des Verarbeiters hergestellt. Auch der anschließende Aufbau des Werkzeugs auf der Spritzgießmaschine ist – ebenso wie der spätere Abbau – einfach: Weil es keine seitlich überstehenden Teile gibt, lässt es sich mit dem Kran in die Maschine heben.

Kurze Zykluszeiten, hohe Präzision

Die Ausschraub-Einheiten nutzen das Signal der Kernzugsteuerung; das bringt vor allem im Handbetrieb – beim Einrichten – zusätzliche Sicherheit. Auch eine Ansteuerung über eine Euromap- oder Roboter-Schnittstelle sowie über frei programmierbare digitale Ein- und Ausgänge ist möglich. Die einfach zu bedienende Servo-Komplettsteuerung überwacht den gesamten Ausschraubvorgang. Alle Bewegungsabläufe und -geschwindigkeiten sowie die Endpositionen der Gewindekerne sind programmierbar; sie lassen sich präzise einstellen und exakt reproduzieren. Die Rampen für das Beschleunigen und Abbremsen ergeben einen weichen Bewegungsablauf, dadurch läuft das Werkzeug trotz hoher Bewegungsgeschwindigkeiten sehr gleichmäßig und ruhig. Das einstellbare Ausschraub-Grenzdrehmoment dient im Fall einer unvorhersehbaren Störung dem Werkzeugschutz.

Dank der Steuerung können die Gewindekerne genau positioniert werden. Daraus resultiert die Präzision der Verschlussdeckel. Darüber hinaus war mit dem Werkzeug eine Prozessoptimierung möglich: Die Optimierung aller Bewegungsabläufe ermöglichte es – zusammen mit der kurzen Ausschraubzeit – die Zykluszeit um fast 20 Prozent zu senken.

Wartung und Service für das Ausschraub-Werkzeug sind einfach und kostengünstig – einerseits, weil das sanfte Anlaufen und Abbremsen das Werkzeug schont, andererseits, weil alle Teile des Werkzeugs gut zugänglich sind. Der geschilderte modulare Aufbau erlaubt es, Wartungsarbeiten durch partielle Demontage der verschiedenen Werkzeug-Baugruppen zeitsparend auszuführen. Beispielsweise lassen sich das Getriebemodul, die Gewindekerne und die formgebenden Werkzeug-Bestandteile als Baugruppen demontieren. Bei Bedarf sind Ersatzteile für die Ausschraub-Einheiten kurzfristig verfügbar.

Für Reinraum-Einsatz geeignet

Schon lange strebte das Schweizer Unternehmen bei Antrieben in Spritzgießwerkzeugen und speziell bei Ausdreh-Mechaniken Verbesserungen an. Die mechanischen und steuerungstechnischen Eigenschaften der servoelektrisch angetriebenen Ausschraub-Einheiten sind überzeugend und, so Christian Gwerder, „stellen eine passende Ergänzung zu unseren eigenen technischen Entwicklungen dar. Wir haben den Einsatz der Ausschraub-Einheit nach gründlicher Vorbereitung als zukunftsweisende Entscheidung geplant und dies hat sich als richtig erwiesen. Das Werkzeug ist einfach einzurichten und in Betrieb zu nehmen. Es hat sich im Betrieb als robust und zuverlässig bewährt. Der Aufwand für Wartung und vorbeugende Instandhaltung ist gering. Auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit unserer Fertigung haben sich unsere Erwartungen mehr als erfüllt – wir konnten die Zykluszeit deutlich senken. Zusätzlich haben wir einen Technologie-Gewinn erzielt: Die Ausschraub-Einheiten sind für den Einsatz im Reinraum geeignet. Denn das System arbeitet ohne Hydrauliköl oder Pressluft, und für die Mechanik ist nur eine sehr geringe Menge an Schmiermitteln notwendig.“

 

Rahmenbedingungen des Projektes

Der technisch anspruchsvolle Verschlussdeckel mit etwa 52 mm Außen-Durchmesser und 20 mm Höhe wird von Wild & Küpfer in großen Stückzahlen auf einer vollelektrischen Spritzgießmaschine Alldrive 470 A 1000-170 produziert. Der Deckel ist aus Polypropylen (PP), wiegt knapp
6 g und besitzt ein etwa 12 mm tiefes Spezial-Innengewinde mit 42 mm Außen-Durchmesser und 4 mm Steigung. Aus Kapazitätsgründen soll der Artikel in einem Achtfach-Ausschraubwerkzeug hergestellt werden. Die Werkzeug-Aufspannplatte ist 470 x 470 mm groß. Die verlängerte Schließeinheit ermöglicht eine maximale Werkzeug-Einbauhöhe von 700 mm.

„Das neue Konzept ist wie geschaffen für ein auf einer vollelektrischen Spritzgießmaschine betriebenes Werkzeug.“

Christian Gwerder, Projektleiter bei Wild & Küpfer

 

Ausschraub-Einheit mit Antrieb

Anordnung und Aufbau der beiden
Vierfach-Ausschraub-Einheiten und der zugehörigen servoelektrischen Antriebe
a: servoelektrische Antriebseinheit
b: Zahnriemeneinheit
c: Ritzelwelle
d: Stirnrad mit Vielkeilwellen-Profil
e: Gewindekerne mit Vielkeilwelle
mit dem nach Vorgabe hergestellten Leitgewinde
f: Justierbare Leitgewindemutter

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Unternehmen

i-mold GmbH & Co. KG

Gewerbepark Gräsig 72
64711 Erbach
Germany