Februar 2012

Artikel mit absolut glatten Oberflächen mit Hochglanzoptik herzustellen, ist für Werkzeugbauer und Prozessentwickler eine echte Herausforderung. Der Fertigungsprozess muss so ausgelegt sein, dass die produzierten Oberflächen absolut fehlerfrei sind – und dies über eine große Stückzahl. Zudem dürfen die Fertigungskosten die zumeist engen Kostenvorgaben aus dem Controlling nicht übersteigen. Wissenschaftlern am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Aachen, ist es gelungen diese Herausforderungen glänzend zu meistern.

An der Grenze des Machbaren

Hochglanzpolierte Oberflächen verursachen oft höhere Entformungskräfte durch den großflächigeren und engeren Kontakt zwischen Kunststoff und Formwand. Dadurch erhöhen sich Reinigungszyklen und Wartungsintervalle für das Werkzeug. Für die Produktion bedeutet das häufigeres Rüsten und kleinere Losgrößen. Die Anzahl der Ausschussteile kann sich entsprechend erhöhen, was bei den derzeitigen Rohstoffpreisen steigende Kosten bedeutet. Zudem kann die Schmierung beweglicher Werkzeugteile die Oberflächen der Bauteile verunreinigen und die Qualität negativ beeinflussen. Spezielle Schutzschichten im Werkzeug ermöglichen perfekte Oberflächen der Kunststoffteile im Spritzguss. Die Lösung dazu fanden die Aachener Forscher in der Technik des Präzisionsblankpressens optischer Gläser.
Bereits seit mehreren Jahren arbeiten sie am IPT an der Herstellung sehr genauer Glasoptiken durch das Präzisionsblankpressen. Zwei ultrapräzise Formwerkzeuge pressen hierbei heißes Glas (450 bis 650°C) werkzeugfallend im Prozess zu einer Linse, ohne dass eine manuelle Nacharbeit notwendig wird. Dafür sind die Formwerkzeuge speziell beschichtet, was die Werkzeugoberflächen schützt und eine Glasanhaftung verhindert.
Die aufgebrachte Beschichtung darf die Oberflächenqualität (Rauheit < 2 nm Ra) und das Profil (Formgenauigkeit < 200 nm PV) der Glaslinse nicht beeinflussen - und das bei hohen Prozesstemperaturen. Eine weitere Anforderung an die Schutzschicht ist die geringe chemische Reaktivität mit dem Werkstoff. In zahlreichen Untersuchungen zur Entwicklung geeigneter Beschichtungen konnten die Aachener Wissenschaftler feststellen, dass sich Eigenspannungen beim Entformen des Bauteils verringern lassen.
Die bei dieser Technik gesammelten Erfahrungen übertrugen sie auf den Kunststoff-Spritzguss, um Teile mit optischen Oberflächen (Hochglanz) zu fertigen. Das Ergebnis: Die so bearbeiteten Spritzgusswerkzeuge erhöhen die Standzeiten deutlich, indem sie die Korrosion sowie den abrasiven und adhäsiven Verschleiß reduzieren.

Technologievorsprung beim Beschichten

Die angewendeten Schichtsysteme haben Eigenschaften keramischer Beschichtungen. In einer am IPT weiter entwickelten Shutter-PVD-Anlage werden die Schichten Atomlage für Atomlage aufgebaut, um die Defektdichte auf der Oberfläche des Werkzeugs zu minimieren. Die maximale Größe der zu beschichtenden Bauteile ist auf etwa 200 x 200 mm beschränkt. Mit dem in der Anlage eingesetzten Verfahren lassen sich alle metallischen Werkstoffe beschichten. Eine spezielle Reinigungsanlage verhindert, dass die Bauteile vor dem Beschichten mit Staubteilchen kontaminiert sind. Die Fertigung erfolgt zudem in Reinräumen. Bei den derzeit eingesetzten Produktionsprozessen für Hochglanzprodukte aus Kunststoff führen Staubpartikel auf der Werkzeugoberfläche, Metallabplatzungen in der Beschichtungskammer oder gar
die prozessbedingten Abscheidungen
von Atomclustern zu unsichtbaren
(µm-Bereich) Defektstellen auf der beschichteten Oberfläche. Diese Defekte verringern die Qualität, und sind Keimstellen für den Verschleiß der Formwerkzeuge. Die unter Reinraumbedingungen in Aachen hergestellten Beschichtungen weisen dagegen fast keine Defektstellen mehr auf.

 

NEUE TECHNOLOGIEN

Glänzende Aussichten

Durch Präzisionsblankpressen lassen sich optische Bauelemente ohne aufwändige Nacharbeit einsatzfertig herstellen. Spezielle Schutzschichten im Werkzeug verhindern das bei diesem Prozess ausgeprägte Anhaften und Kleben von heißem Glas an der Pressform. Forscher am Fraunhofer IPT, Aachen, ist es gelungen, diese hochpräzisen optischen Fertigungsprozesse auf den Kunststoff-Spritzguss zu übertragen. Unter Reinraumbedingungen und mittels spezieller Technik können sie Werkzeuge so beschichten, dass Spritzgieß-Teile in
optischer Hochglanzqualität entstehen.

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