September 2011

Bisher wurden Spritzgussträger und Elastomerhohldichtung separat gefertigt und anschließend zusammengefügt. Hohlraumdichtungen konnten nämlich nur separat im Extrusionsverfahren dargestellt werden. Das übernimmt bei Röchling Automotive jetzt die Projektilinjektionstechnologie und zwar im selben Werkzeug, in dem der Träger spritzgegossen wurde. Es handelt sich also um ein 2K-Verfahren, bei dem eine EPDM-Hohlraumdichtung mit einem PP-Träger stoffschlüssig zusammengefügt wird.
Die Dichtung kann sich somit nicht mehr lösen. Sie kann außerdem kleineren Radien folgen, komplexere 3D-Profile genauer mit flexibler Wandstärke ausgleichen und exakter bis an die äußere Motorhaubenbegrenzung laufen. Außerdem lassen sich die Anpresskräfte leichter einstellen. All das bringt Vorteile beim Motorhaubenflattern und auch für den Fall eines Fußgängeraufpralls. Ferner verbessern sich die Abdichtung und die akustische Dämmung. Dass das integrierte Bi-Material-Bauteil komplett recyclingfähig ist, ist ein weiterer Vorteil.

Dichtungsprofil muss komplexe Funktionen zuverlässig realisieren

2K-Verfahren sind bisher nicht für Hohlraumdichtungen, sondern nur für massive Flachdichtungen möglich gewesen. Letztere erreichen jedoch weder die Maßhaltigkeit noch die Rückstellkräfte von Hohldichtungen. Für die akustische und thermische Abschirmung des Motorraums werden diese Eigenschaften aber immer wichtiger. Nicht zuletzt muss auch das Eindringen von Regenwasser dauerhaft ausgeschlossen werden können.
Die verlässliche Realisierung all dieser Funktionen hängt nicht nur vom Dichtungsprofil selbst ab, sondern auch von dessen Verbindung zum Träger, dem Windlauf. Bei Zusammenbauteilen löst sich das Extrusionsprofil regelmäßig vom Spritzgussgegenstück ab. Diesen Nachteil eliminiert das 2K-Verfahren. Ebenso die Kosten für das Zusammenführen und -fügen der Einzelteile. Dieser Montageschritt kostet in der Regel mehr, als sich mit dem separaten Extrusionsverfahren sparen lässt.
„Der 2K-PIT-Windlauf eliminiert Montage- und Qualitätskosten. Unterm Strich bleiben trotz höherer Bauteilkosten Einsparungen von 10%“, weiß Matteo Piazzi, Produktmanager bei Röchling Automotive. „Hinzu kommt eine Material- und Gewichtseinsparung von 30%. Bei steigenden Materialpreisen verbessert sich unsere Kostenposition also weiter.“
Die Dichtung ist über 1,5 m gleichmäßig mit konstanter Wandstärke herstellbar, auch bei bauraumbedingten dreidimensionalen Bewegungsrichtungen. Die Wandstärke ist außerdem im Gegensatz zu Extrusionsprofilen variabel ausführbar. Ein weiterer Vorteil der Dichtung ist, dass Fahrzeugtoleranzen in Anpressrichtung von bis zu 10 mm kompensiert werden können. Sie kann länger, kürzer oder genau so lang wie der Träger sein und sogar Abzweigungen in T- oder V-Form aufweisen.

Neues Verfahren bewährt sich bereits in der Serie

Nach dem Spritzen des Windlaufträgers wird das Werkzeug teilweise geöffnet. Die so entstehende Kavität füllt sich mit Dichtungsschmelze, die wiederum teilweise von einem nachfolgenden Projektil verdrängt wird. Überschüssiges Material wird umgehend wiederverwendet. Das noch warme Trägermaterial geht mit der heißen Dichtungsmasse eine stoffschlüssige Verbindung ein. Piazzi betont: „Die chemische Verbindung begründet die hohe Belastbarkeit und Langzeitstabilität des Fügebauteils. Verstärkt wird dies zusätzlich durch physikalische Maßnahmen.“
„Überlegene Qualität von 2K-Verbindung und Hohlraumdichtung ohne Mehrkosten – das sind die Vorteile des PIT-Windlaufes von Röchling“, fasst Entwicklungschef Ludwig Huber zusammen. Mittlerweile hat sich das
komplexe Werkzeug im Serienanlauf bewährt. Ein erstes Serienbauteil wird in hoher Stückzahl für den Ford C-Max gefertigt. Es hat auch den ersten Platz bei den US-Awards der Society of
Plastics Engineers in der Kategorie
Außenhaut gewonnen.

Technologievorsprung
Projektilinjektionstechnik spart Bauteilgewicht und Verfahrenskosten

Die Projektilinjektionstechnik (PIT) ist ein Verfahren zur Herstellung polymerer Hohlkörper. In Anlehnung an die Gas (GIT)- und Wasserinjektionstechnik (WIT) wird bei der PIT ein Fluid in das Bauteilinnere injiziert. Ein wichtiger Vorteil: Für die meisten Anwendungen eignen sich Standardwerkstoffe mit unterschiedlicher Verstärkung.
Der Hauptvorteil von PIT-Produkten liegt jedoch in dem Verhältnis von Innendurchmesser zu Wandstärke und Außendurchmesser. Dies wird dadurch erreicht, dass die Schmelze ein zuvor auf dem Injektor platziertes Projektil verdrängt, das mit Hilfe des Fluids durch das Bauteil-Innere getrieben wird. Ein auf der ganzen Länge gleichbleibender Innendurchmesser wird so mit einer minimalen Wandstärke realisiert. Es bedarf also keiner zweiten Verfahrenskomponente für die Hohlraumausformung. Für die Praxis bedeutet das: Abzweiger, Schnellkupplungen, Laschen und Halter können mittels PIT zusammen mit dem Rohr im selben Schuss gespritzt werden.

Auf einen Blick
Produkte für geringeren Verbrauch und höheren Komfort

Die Röchling Automotive-Gruppe ist mit über 3.500 Mitarbeitern weltweit Partner von Automobilherstellern und Systemlieferanten.                     19 Fertigungsstätten, verteilt auf 4 Kontinente, gewährleisten Kundennähe. Dazu kommen 4 Entwicklungsstandorte.
Zu den Kernkompetenzen von Röchling Automotive gehören die Aerodynamik und die Akustik in jedem Segment des Fahrzeugs. Das Luftmanagement umfasst die Optimierung der Luftströmungen innerhalb eines Fahrzeugs. Sowohl in den Kühlluftführungen, Ansaugleitungen und Saugrohren des Motorraums als auch am Unterboden oder in den Luftkanälen innerhalb des Fahrgastraums.
Ein anderer Schwerpunkt von Röchling Automotive liegt in der Steigerung des Akustikkomforts unter Beachtung der Gesetze des Leichtbaus. Die Optimierung der Akustik wird dabei durch die Kombination von akustischen Funktionen mit anderen Bauteilaufgaben erreicht. Weitere Themen sind für das Unternehmen darüber hinaus Fluidkomponenten und Interieursanwendungen, bei denen es neben einem hohen Maß an Funktionsintegration um Kosteneffizienz und um das Thema Leichtbau geht.

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