Medplast 2011

Die hohen Kosten sind im Gesundheitswesen jedes Landes eine Herausforderung. Doch die Patienten können und müssen unter Beibehaltung hoher Sicherheitsstandards immer besser versorgt werden – und das wenn möglich zu geringeren Kosten. Eine Möglichkeit, Kosten einzusparen, ist die Mehrfachverwendung medizintechnischer Produkte. Aber ganz besonders hier dürfen aufgrund der Infektionsgefahr keinerlei Kompromisse bei den kritischen Qualitätsstandards eingegangen werden.

Diese Tendenzen spiegeln sich auch in der laufenden Weiterentwicklung der medizinischen Geräte wider. Medizinische Instrumente werden überarbeitet und neu gestaltet, um die Anforderungen an integrierte Funktionalitäten, eine effiziente und komfortable Handhabung in den verschiedenen Point-of-Care-Bereichen und Ästhetik zu erfüllen. Nicht zuletzt spielen aber auch die Änderungen der Rahmenbedingungen sowie der Gesetze und Verordnungen bei der Neu- und Weiterentwicklung eine wichtige Rolle. Der zunehmende Einsatz technischer Thermoplaste in medizinischen Geräten hat rohstoffseitig wiederum zur Entwicklung von Werkstoffen geführt, die effizient sterilisiert und/oder desinfiziert werden können und so höhere Anforderungen an die Leistung erfüllen.

Eine Sterilisation muss aggressiv sein

Bei der Sterilisation werden Mikroorganismen, einschließlich Sporen bakterieller oder fungizider Natur beseitigt und/oder zerstört. Die kostengünstigere Desinfektion ist weniger wirksam und zerstört nur pathogene Organismen. Je nach Anwendung, muss ein medizinisches Instrument bei einem erneuten Einsatz desinfiziert und/oder sterilisiert werden. Typische Sterilisationsverfahren in der Patientenversorgung, für die sich Thermoplaste eignen, sind:

  • Autoklavieren
  • Bestrahlung (Gamma oder Elektronenstrahl/Betastrahlen) oder
  • Verwendung von gasförmigen Chemikalien (z. B. Ethylenoxide EtO).

 

Viele medizinische Instrumente werden mit diesen Methoden regelmäßig gereinigt und sterilisiert. Dabei werden die Instrumente wiederholt hohen Temperaturen (normalerweise 121 bis 134 °C), Gamma- oder Betastrahlen oder Gasen, wie EtO ausgesetzt. Zum Autoklavierungsverfahren gehört außerdem sogar noch ein Desinfektionszyklus mit Desinfektionschemikalien.

Wird die Sterilisierungstemperatur erhöht, zum Beispiel auf 134 anstelle von 121 °C, bedeutet das in derFolge, dass die Sauberkeit der medizinischenInstrumente dann auch strengeren Anforderungen genügt oder bei gleichenAnforderungen die Sterilisationsdauer reduziert werden kann.
Jedoch kann diese erhöhte Temperatur während der Sterilisationsphase zu einer Zerstörung der in den medizinischen Instrumenten verwendeten Thermoplaste führen. Es ist daher für die Entwickler wichtig zu wissen, welche Auswirkungen die Sterilisation im Autoklaven und die verwendeten Desinfektionsmittel auf die Erhaltung des Materials haben.
Für Mehrzweckinstrumente können Kunststoffe aus High-Heat-Polycarbonate (HH PC), Polyetherimid (PEI) und modifiziertem Polyphenylenether (PPE) eingesetzt werden. Die einzelnen Materialien decken eine breite Palette an Anwendungsbedürfnissen ab. Dazu gehören Transparenz, Beibehaltung der Eigenschaften nach dem Autoklavieren, Färbbarkeit und die chemische Beständigkeit gegen die am häufigsten benutzten Desinfektions- und Reinigungsmittel.
Sabic Innovative Plastics hat mit Blick auf die Sicherheit der Patienten und Krankenhäuser eine Reihe von Rohstoffen eingeführt, die die effiziente Sterilisierung bei höheren Temperaturen unterstützen. Zusätzlich besitzen diese Materialien eine gute chemische Beständigkeit gegen Desinfektionsmittel und andere Chemikalien, die normalerweise in der Medizintechnik verwendet werden.

Bandbreite der Sterilisationsverfahren abgedeckt

Zu diesen Rohstoffen gehören Lexan HPH4504H, ein High-Heat-Polycarbonat (HPH PC), das Polyetherimid Ultem HU1004 (PEI) und Noryl HNA055, ein modifizierter Polyphenylenether (PS/PPE). Allen drei Rohstoffen aus derHealthcare-Produktlinie gemeinsam ist, dass sie

  • für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind,
  • geprüft sind und der ISO10993 entsprechen,
  • speziell für die Dampfsterilisation bei 134 °C entwickelt wurden.

 

Das Polycarbonat ist klar, transparent, und hitzebeständig. Es besitzt eine gute Schlagfestigkeit bei einer Sterilisierungstemperatur von 134 °C. Bei dieser Lexan -Type wurde das Beibehalten der Duktilität nach dem Autoklavierungsprozess im Vergleich zu Standard-High-Heat-Polycarbonat stark verbessert. Der Kunststoff eignet sich für die Reinigung in einer sauren Umgebung. Extrem alkalische Umgebungen müssen, wie bei allen Kunststoffen auf Polycarbonatbasis, vermieden werden. Ein weiterer Vorteil dieses Rohstoffs ist die gute Beibehaltung der ursprünglichen klaren, transparenten Farbe nach der Sterilisierung im Autoklaven im Vergleich zu Polysulphon Kunststoffen, die zu Vergilbung neigen.

Die PEI-Type wurde vor kurzem in die Healthcare-Produktpalette als Verbesserung der vorhandenen Hochtemperaturkunststoffe für medizinische Geräte, die mit Dampf bei hoher Hitze sterilisiert werden, aufgenommen. Der verbesserte Rohstoff behält seine hohe Leistung und das transparente goldgelbe Aussehen auch nach 1.000 chemischen Reinigungen in einer stark alkalischen Umgebung (pH-Wert 12–13) und auch nach 1.000 Sterilisierungsvorgängen im Autoklav bei Temperaturen bis zu 148 °C bei. Das ist wichtig, denn bei manchen Anwendungen sind eine stark alkalische Umgebung und erhöhte Temperaturen nötig, um die den gesetzlichen Auflagen entsprechende Sauberkeit zu erzielen. Zusätzlich zeigt das PEI Utem das typische Polyetherimid-Leistungsprofil: ein einzigartiges Gleichgewicht zwischen exzellenter Verarbeitung, Formbeständigkeit, hoher Festigkeit und Steifheit bei erhöhten Temperaturen.

Die Noryl-Variante eignet sich besonders für medizinische Instrumente. Es ist ein lichtundurchlässiger PS/PPE-Kunststoff, der gemäß ISO10993 biokompatibel ist. Außerdem hält er wiederholten Dampfsterilisationen im Autoklav oder anderen Vorrichtungen ohne nennenswerte Änderungen der Eigenschaften stand. PS/PPE Proben haben im Labor ihre mechanische Leistungsfähigkeit bei bis zu 2.500 20-minütigen Sterilisationszyklen im Autoklav bei 134 °C beibehalten. PS/PPE Kunststoff allgemein weist eine gute chemische Beständigkeit auf und kann sowohl in einer sauren als auch stark alkalischen Umgebung gereinigt werden. Zu den weiteren Schlüsselmerkmalen von PS/PPE zählen die Stoßfestigkeit, Formbeständigkeit, hydrolytische Stabilität und großartige Leistung bei hohen und niedrigen Temperaturen. PS/PPE Kunststoff profitiert von seiner geringen Dichte im Vergleich zu anderen technischen thermoplastischen Kunststoffen.

Zusammenfassung der wichtigsten Eigenschaften der speziell für die Medizintechnik entwickelten Kunststoffe
Erhöhte Marktchancen
Sterilisierbarkeit als zunehmend wichtiges Kriterium

Kunststoffe dringen in immer mehr Bereiche vor, die bisher anderen Werkstoffen vorbehalten waren. Doch damit dies möglich wird, müssen die neuentwickelten Rohstoffe auch für alle Fassetten der Endanwendung geeignet sein. In der Patientenversorgung ist für medizintechnisches Gerät die Sterilisierbarkeit der Instrumente – und der eingesetztenWerkstoffe – einMuss. Der kosteninduzierte Trend zu Mehrzweck-Instrumenten in der Medizintechnik erfordert daher innovative Werkstofflösungen, die ihre mechanische Leistung nach der Sterilisation im Autoklav auch bei erhöhten Temperaturen beibehalten.

 

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