März 2011

Die Zuverlässigkeit der Lackieranlage und eine hohe Qualität von lackierten Teilen sind für Branchen wie die Automobil-, Windenergie- oder Kunststoffindustrie von extremer Bedeutung. Der Farbauftrag auf den Kunststoffteilen muss millimetergenau und über die ganze Fläche gleichmäßig sein. Aufgabe der Instandhaltung ist es, das reibungslose Funktionieren der Lackierroboter auch unter höchster Belastung zu gewährleisten. Die hierfür genutzten Konzepte reichen von der Feuerwehrstrategie über die konventionelle Wartung bis zum Spezialservice eines Roboterherstellers.

Automatisierte Produktionssysteme sind bis zur Belastungsgrenze im Einsatz, so dass es als Folge auch zu vermehrter Störanfälligkeit der Roboter kommt. Zwar kennen die Roboter keine Konzentrationsschwächen wie ein Mensch, aber die starken Belastungen, denen sie dauerhaft ausgesetzt sind, führen ebenfalls zu Ermüdungserscheinungen. So bekommen beispielsweise strapazierte Achslager mit der Zeit zu viel Spiel, aber auch verschmutzte Lüfter fallen aus, stören den Roboterbetrieb und können damit den Stillstand der ganzen Fertigung verursachen, falls der Servicetechniker nicht helfen kann. Jeder Produktionsstillstand kostet Geld, denn er erhöht die Stückkosten.
Unterschiedliche Konzepte für den Maschinenservice helfen, Einsatzzeiten zu verlängern, aber trotz konventioneller Wartung können ungeplante Störungen auftreten. Um auch die Nachteile der vorbeugenden Instandhaltung zu überwinden, hat der Roboterhersteller ABB den Service weiterentwickelt und auf eine neue Basis gestellt. Die neue Strategie hilft dem Anwender, eine höhere Stufe der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit des Roboters zu erreichen.

Die Feuerwehrstrategie

Instandhaltung wird in manchen Unternehmen lediglich als Verursacher von Kosten angesehen. Der Servicetechniker kommt in diesem Fall möglichst selten zum Einsatz. Erst im Störungsfall sucht er nach den Ursachen und repariert. Im ungünstigen Fall müssen die nächsten Lackieraufträge warten, und das Förderband steht so lange still.

Wartungsarbeiten erfolgen erst, wenn das exakte Funktionieren eines Roboters nicht mehr gewährleistet ist, die Antriebe ungenau arbeiten oder das Spiel in Gelenken zu hoch ist. Diese als „Feuerwehrstrategie“ bekannte Methode hat eventuell ihre Berechtigung, wenn die geforderte Verfügbarkeit der Anlage nicht hoch ist oder schnell auf andere Maschinen gewechselt werden kann.
Mitunter passiert es allerdings, dass die Fehlersuche relativ lange dauert, und dann verrinnt wertvolle Zeit, bis die Produktion wieder aufgenommen werden kann. Unter widrigen Umständen verlängert sich der Stillstand, weil der Werker die Reparatur nicht selbst durchführen kann und ein Experte des Roboterherstellers kommen muss oder das Ersatzteil nicht greifbar ist und erst beschafft werden muss. Während die Zeit verstreicht, bis die Anlage wieder läuft, steigen die Ausfallkosten und mit ihnen die Stückkosten. So macht fehlende Wartung die Anstrengungen zunichte, günstiger zu produzieren.
Die Feuerwehrstrategie hat in modernen Betrieben keinen Platz mehr. Eine Antwort auf den herrschenden Kostendruck ist die Steigerung der Produktivität. Wie langjährige Erfahrung zeigt leistet Instandhaltung dazu einen bedeutenden Beitrag. Die Wartung von technischen Systemen soll sicherstellen, dass der funktionsfähige Zustand erhalten bleibt.
Dazu zählen Maßnahmen, die Verschleiß im weitesten Sinne verzögern, um eine lange Lebensdauer zu erreichen. Verbrauchsmittel wie Öl werden aufgefüllt oder getauscht, und Verschleißteile wie Filter oder Dichtungen werden ersetzt. Auch der Ersatz von defekten Komponenten gehört zu den Aufgaben der Instandsetzung. Vorbeugende Maßnahmen können das Auftreten eines Fehlers verhindern oder das Ausmaß von Schäden vermindern. Der Austausch bestimmter Verschleißteile orientiert sich an einem bestimmten Zeit- oder Einsatzintervall. Entsprechend lassen sich Ersatzteile rechtzeitig bestellen und ohne Zeitverzug einsetzen.

Der intelligente Service

Regelmäßige und präventive Maßnahmen verringern die Störungsanfälligkeit von Maschinen und Anlagen, sind allerdings auch mit regelmäßig wiederkehrenden Kosten verbunden, die teils unnötig entstehen, weil der Zustand der Komponenten nicht berücksichtigt wird. So werden Teile häufig ausgetauscht oder zumindest gewartet, obwohl sie noch einsatzfähig sind. Während die Ersatzteile und Arbeitszeiten der Wartungstechniker zwar die Produktivität des Roboters erhöhen und seine Laufzeit verlängern, werden sie gleichzeitig zu fixen Kosten. Diese Belastung für das Unternehmen lässt sich verringern.

Die intelligente Instandhaltung überwindet die schwachen Stellen der konventionellen Wartung und macht sie zu einem bedeutenden Wettbewerbsfaktor. „Mit Advanced-Remote-Diagnostics haben wir die Voraussetzung für smarte Service-Konzepte geschaffen“, konstatiert Heinz Gerteiser, Leiter Region Zentraleuropa bei ABB Robotics in Friedberg. „Auf dieser Basis können wir gemeinsam mit unseren Auftraggebern die für sie passenden Service-Lösungen entwickeln. So erhalten sie aktive Unterstützung zu höherer Energieeffizienz, Produktivität und Produktionssicherheit.“
Orientiert sich der Betreiber am tatsächlichen Zustand des Roboters, dann muss er Maschinenteile nur in solchen Situationen tauschen, in denen sich ein Schaden abzeichnet oder die Lebensdauer ausgeschöpft ist. Als Ergebnis erreicht er eine bessere Nutzung aller Komponenten und damit die optimale Anlagenverfügbarkeit bei geringeren Kosten.
Zustandsorientiertes Handeln setzt jedoch genaue Kenntnisse voraus, um zunächst eine detaillierte Analyse erstellen zu können. Deshalb müssen die Parameter des Roboters durch geeignete Überwachung bekannt sein. In Verbindung mit einer spezifischen Software ermöglicht die Auswertung der ermittelten Zustände, die passenden Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt zu ergreifen, was klare Vorteile bietet: Die notwendigen Arbeiten sind bereits ausgeführt, bevor ein Fehler akut wird, und der Störfall tritt nicht ein. Dieser Service basiert auf elektronisch erfassten Betriebsdaten des Roboters. Bei der Auswertung unterstützt der Roboterhersteller als externer Dienstleister den Betreiber der Anlage. Dabei liegen den Wartungsarbeiten am Roboter detaillierte Analysen und Prognosen zu Fehlerwahrscheinlichkeiten zugrunde. Interaktiv hilft die vorausschauende Wartung auch bei der Optimierung der gesamten Anlage.

Fernwartung und Ferndiagnose

Die Fernwartung lässt sich mit wenig Installationsaufwand der Sensorik auch bei bereits installierten Robotern nachrüsten. Die zur Datenübertragung nötigen Bestandteile sind in einer kompakten Box integriert. Eine Antenne auf dem Schrank der Robotersteuerung weist auf möglichen kabellosen Kontakt zum GPRS- oder WLAN-Netzwerk hin.

Das spezielle Programm entlastet den Anwender und überwacht permanent die wesentlichen Betriebszustände, so dass jederzeit Aussagen über möglicherweise kritische Zustände der Temperaturen, des Stromflusses oder der Lüftergeschwindigkeit möglich sind. Bei Abweichungen von den vorgegebenen Werten erfolgt eine Meldung vom Server in der Servicezentrale. Von dort liefert das Portal „My Robot“ dem Anwender auch eine sichere und personalisierte Internetseite mit den Daten und Auswertungen.
Der Nutzer kann mit Hilfe des „Robot-Condition-Reports“ den aktuellen Zustand abrufen. So erfährt er, unter welchen Bedingungen der Roboter in der letzten Zeit gearbeitet hat, während die Daten über den Nutzungsgrad, die Beanspruchung und die Abnutzung beispielsweise der Gelenke abrufbar sind. Die Assistenzsoftware kann daraus die weitere Lebenserwartung der Komponenten errechnen und einen Wartungsplan entwickeln. In kritischen Situationen bemerkt das System selbsttätig die Gefahrenlage und veranlasst Warnungen. Die Mitteilungen sind in unterschiedlicher Form möglich: als E-Mail ebenso wie als SMS direkt an den Nutzer. In vielen Fällen kann der Anwender selbst aktiv werden und die erforderlichen Maßnahmen durchführen. Wenn er dennoch Unterstützung benötigt, kann er direkt und schnell einen Experten des Roboterherstellers hinzuziehen, der anhand der Historie sofort über den Betriebszustand des Roboters informiert ist. In der Folge sinken die Kosten deutlich.
Die Installation des Diagnostics-Systems bietet einen weiteren Nutzen. Hersteller und Anwender können gemeinsam ans Werk gehen, um die Verfügbarkeit der Anlage zu optimieren. Diese Strategie kommt beiden Partnern zugute: Der Roboterhersteller gewinnt Erfahrungen, wie er seine Produkte verbessern kann, und der Betreiber senkt seine Servicekosten durch die optimierte Anlage.
Als smarte Variante ergänzt der Sorglos-Service Robo-Care das Ferndiagnosesystem. Wer sich als Betreiber auf sein Kerngeschäft konzentrieren will, kann die Sorge um Wartung und Instandhaltung komplett abgeben und den Service als Pauschalpaket nutzen, wobei der Dienstleister die Aufgabe der Wartung übernimmt, Ersatzteile beschafft und sich um Serviceeinsätze vor Ort kümmert.

Praxiserfahrungen bei BMW

Die Erfahrungen in der Praxisphase zeigen, dass die interaktive Fernwartung effektiv funktioniert und enormes Sparpotenzial bietet. Advanced Remote Diagnostics funktioniert so gut, dass seit Einführung bei BMW im Werk Landshut kein Roboter mehr ausfiel und der Lackierbetrieb der Stoßfänger für die 3er und 7er Modellreihe störungsfrei läuft.

Ein Fehler mit fatalen Auswirkungen diente den Servicestrategen von BMW ursprünglich als Anlass, auf die Suche nach der neuen Lösung zu gehen, die sie dann gemeinsam mit dem Roboterhersteller entwickelten. Die vier Industrieroboter IRB 5400–12 der Station arbeiten jetzt kontinuierlich ihre Lose ab, indem sie den Kunststoffstoßfängern die gewünschte Farbe verleihen. Jedes Bauteil ist genau eingeplant und muss zur richtigen Zeit am Band bereit stehen, damit die Automobilherstellung nicht stockt, und mit Hilfe der eigens entwickelten vorausschauenden Ferndiagnostik ist jetzt die Anlagenoptimierung erreicht. „Bisher typische Störungen treten nicht mehr auf, weil wir die Symptome schon früh erkennen und die Probleme im Vorgriff abstellen können“, betont Alexander Geisberger, Leiter Instandhaltung Technologie Exterieur bei BMW in Landshut. Service-Mitarbeiter des Werks erhalten jetzt frühzeitig Warnungen, wenn sich bestimmte Kenndaten der Roboter verändern – und dies, bevor ein Roboter ausfällt. Bei Bedarf unterstützen Spezialisten des Roboterherstellers BMWs Wartungstechniker bei der Diagnose und der Behebung des Problems, da dem Hersteller die aktuellen Zustandsdaten vorliegen.

Der externe Wartungsaufwand verringerte sich deutlich, weil nur noch in der Hälfte der Fälle ein externer Techniker kommen musste. Entscheidende Bedeutung hat die Tatsache, dass kein Stillstand der Anlage mehr auftrat. Anstelle der zuvor üblichen acht Stunden Betriebsunterbrechung hat die Fernwartung bei einem Viertel der frühzeitig erkannten Risiken die Ausfallzeit komplett vermieden.

Kosteneffizienz
Intelligente Instandhaltung

Ein Ferndiagnosesystem analysiert Betriebsdaten und warnt vor Risiken infolge von Verschleiß, Überlastung oder Defekten. Praxiserfahrungen zeigen, dass ein Viertel der Ausfallzeiten komplett entfällt, während alle weiteren vom Umfang her deutlich reduziert werden. Gezieltes Condition Monitoring im Rahmen der Fernwartung hilft, die Verfügbarkeit einer Anlage zu erhöhen.

 

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Unternehmen

ABB Automation GmbH Unternehmensbereich Robotics

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