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GFK-Produktionsmenge in Europa von 1999 bis 2020 in Kilotonnen. (Bild: AVK)

Wie in den Vorjahren analysiert der Marktbericht 2020 die Länder in Europa, deren Produktionsmengen sich valide erfassen lassen. Für das Jahr 2019 lässt sich, je nach Quelle ein weltweites Produktionsvolumen der Composites-Industrie von zehn bis zwölf Millionen Tonnen annehmen. Aktuelle Zahlen für 2020, unter Berücksichtigung der Covid-19-Pandemie, liegen der AVK derzeit noch nicht vor. In den vergangenen Jahren konnte jedoch in Europa ein geringeres Wachstum der GFK-Produktionsmenge als in den großen Weltregionen Amerika und Asien festgestellt werden.

Als Gründe für das bereits seit einigen Jahren andauernde langsamere Wachstum in Europa sind zum einen das Abwandern bestimmter Herstellungsverfahren und -methoden zu nennen. Zum anderen verlagert sich Produktion von Commodities und Verbrauchsgütern mit oftmals geringen Gewinnmargen.

Die beiden Hauptanwendungsgebiete für GFK bleiben der Bau-/Infrastrukturbereich sowie der Transportbereich. Diese beiden Sektoren bleiben mit jeweils circa einem Drittel der gesamten Produktionsmenge die Hauptabnehmer für GFK-Bauteile.

Wie bereits im Jahr 2019 begonnen, setzte sich 2020 die Marktverschiebung zwischen dem Bau-/Infrastrukturbereich gegenüber dem Transportbereich fort. Die Automobilindustrie, als eines der wichtigsten Segmente für GFK-Bauteile, reagiert auf Krisen oftmals kurzfristiger als die Bauindustrie. Vor allem zu Beginn der Pandemie kam es zu enormen Rückgängen in diesem Bereich.

Der Baubereich reagiert dahingegen eher langsamer und langfristiger auf gesamtwirtschaftliche Änderungen. 2020 setzt sich die Marktverschiebung zwischen dem Bau-/Infrastrukturbereich gegenüber dem Transportbereich fort. Diese Verschiebung zeigt, dass Schwankungen innerhalb dieser beiden Industriesegmente in der Wirtschaft im GFK-Bereich ebenfalls zu Schwankungen führen. Die teils massive Absatzkrise im Automobilbereich, der kurzfristiger reagiert als die Bauindustrie, zeigt sich auch in der Marktentwicklung der GFK-Industrie.

Betrachtung nach Ländern

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GFK-Produktionsmengen in Europa nach Ländern und Ländergruppen in Kilotonnen. (Bildquelle: AVK)

Die Länderbetrachtung verdeutlicht die unterschiedlichen Entwicklungen innerhalb Europas, auch wenn durch die Covid-19-Krise die Stimmung insgesamt verhalten ist. Erklärbar wird die Entwicklung durch divergierende regionale Märkte. In der Türkei beispielsweise dominieren mengenmäßig schon seit vielen Jahren die Rohr- und Tanksysteme den Markt mit einem Anteil von fast 50 Prozent. Dahingegen spielen sie in Deutschland eine eher untergeordnete Rolle.

SMC und BMC

Die Herstellung von Sheet Molding Compound (SMC)- und Bulk Molding Compound (BMC)-Bauteilen ist mit rund einem Viertel der Verarbeitungsmenge das größte Marktsegment in der GFK-Industrie. Die Halbzeuge und Pressmassen werden mit Pressverfahren sowie Spritzgießverfahren verarbeitet. Sowohl im Elektro- und Elektronikbereich als auch im Transportbereich sind beide Materialien seit vielen Jahren erfolgreich etabliert.

In diesem Jahr wird der Bereich SMC/BMC um 15 Prozent schrumpfen, auf ein Volumen von 244 Kilotonnen. Zusätzlich zu den thermoplastischen Systemen ist SMC und BMC damit am stärksten von der aktuellen Krise betroffen.

Offene Verfahren

Das Segment der sogenannten offenen Verfahren – Handlaminieren und Faserspritzen – ist mit einer Herstellungsmenge von 209 Kilotonnen weiterhin das zweitgrößte im europäischen GFK-Markt.

Das Segment Resin Transfer Molding (RTM) subsummiert in diesem Bericht alle Verfahren, bei denen Harz in eine geschlossene Kavität infusioniert oder injiziert wird. Nach einer Phase kontinuierlichen, überdurchschnittlichen Wachstums und steigender Marktanteile stagniert das RTM-Segment seit nunmehr vier Jahren bei einem Marktanteil von etwa 13 Prozent.

Ausblick

Im vergangenen Jahr waren es vor allem eine allgemein unsichere, wirtschaftliche Situation sowie politische Unwägbarkeiten. Sie haben die Industrie generell und auch die Marktakteure im Composites-Markt im Speziellen verunsichert. Der Composites-Markt ist trotz seiner relativ bescheidenen Größe durch enge internationale Vernetzungen gekennzeichnet.

Die Covid-19-Pandemie ist mit Sicherheit als der entscheidende Auslöser für den derzeitigen wirtschaftlichen Einbruch zu sehen. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass dieser Einbruch bereits auf ein unsicheres wirtschaftliches Umfeld getroffen ist und dessen Auswirkungen verstärkt hat.

Von besonderer Bedeutung für die Composites-Industrie sind der Transportbereich mit den Kernfeldern Automotive, ÖPNV, Nutzfahrzeuge und Luftfahrt, sowie der Bau- und Infrastrukturbereich. Beide Hauptbereiche zusammen stehen für fast 70 Prozent der Anwendungen.

Die Luftfahrtindustrie ist besonders schwer von den derzeitigen Einschnitten betroffen. Nach Expertenmeinung wird dieser Industriezweig zumindest mittelfristig nicht wieder auf das alte Niveau zurückkehren zu können. Wichtig für die Automobilindustrie dürfte sein, die sich bereits vor der Corona-Krise andeutende Verkehrswende entschlossen anzugehen. Für Composites bedeutet dies enorme Möglichkeiten, da etablierte Konstruktionsmuster überdacht werden müssen und so gegebenenfalls Platz machen für neue, leichte Materialien, lastgerechte Konstruktionen.

Den größten Einsatzbereich für Composites stellt derzeit der Bereich Bau- und Infrastruktur dar. Dieser Bereich ist weit weniger von der Krise betroffen als der Transportsektor und scheint sich auch schneller erholen zu können.

Entscheidend für die weitere Entwicklung der Composites-Industrie ist zunächst die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der nächsten Monate und Jahre. Darüber hinaus gilt es aber auch, die sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen und aktiv Alternativen zu etablierten Materialien aufzuzeigen. (jhn)

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