elektrogesponnenes_Vlies_mit_gerichteten_Polymerfasern

Elektrogesponnenes Vlies mit gerichteten Polymerfasern. (Bild: Innovent)

Wissenschaftler der Industrieforschungseinrichtung Innovent, Jena, arbeiten im Bereich Biomaterialien seit über 10 Jahren auf dem Gebiet des Electrospinning für medizinische Anwendungen. Die Schwerpunkte bilden die Gebiete Drug-Delivery-Systeme, Wundauflagen und Gewebeersatz. Ein Forschungsfokus liegt dabei auf der Entwicklung geeigneter Materialien für die Behandlung von Sehnen- oder Bänderrupturen. Auf diesem Gebiet wurden in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte erzielt.

Durch Kombination unterschiedlicher Verfahren und Technologien wie Polymersynthese, Electrospinning und Plasmabehandlung wurden Fortschritte erzielt. Basierend darauf wurden die Materialeigenschaften den mechanischen, biochemischen und biologischen Anforderungen für künstliche Gewebestrukturen von Sehnen und Bändern ständig weiter angepasst. In einer interdisziplinären Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Valentina Russo (Universität Teramo, Italien) ist es gelungen, anhand umfangreicher anwendungsrelevanter Untersuchungen geeignete Materialien zu finden.

Elektrogesponnene Vliese unterstützen die Heilung

Aufgrund wachsender Zahlen an Sportunfällen und dem demographischen Wandel, der aufgrund verstärkter Gewebeabnutzung ebenfalls zu erhöhten Fallzahlen an Sehnen- und Bänderrupturen beiträgt, besteht ein hoher Bedarf an geeigneten Ersatzmaterialien. Die Heilung gerissener Bänder und Sehnen ist ein schmerzhafter, langwieriger Prozess und mitunter äußerst problematisch. Oft verheilen diese Gewebe schlecht oder unter Narbenbildung, wodurch Beweglichkeit und Belastbarkeit stark eingeschränkt werden. Aus diesen Gründen wird nach innovativen Ansätzen gesucht, die die Heilungschancen verbessern und die Narbenbildung des Gewebes reduzieren. Künstliche Gewebestrukturen basierend auf elektrogesponnenen Vliesen mit gerichteten Mikrofasern sind eine Möglichkeit, diese Ziele zu erreichen und nach dem Heilungsprozess die Funktionsfähigkeit nahezu vollständig wiederherzustellen.
Mit Hilfe des Electrospinning-Prozesses lassen sich aus einer Vielzahl von Polymeren Nano- und Mikrofasern herstellen. Außerdem ist mit geeigneten Prozessparametern das Herstellen von Materialien mit gerichteten Fasern möglich. Solche gerichteten Fasern eignen sich besonders gut als Sehnen-Ersatzmaterial.
Ausgehend von einem vom Körper abbaubaren Biomaterial ist es nun gelungen, Matrices mit hochgerichteten Fasern zu generieren, die eine geeignete Basis für Ersatzmaterialien für Sehnen und Bänder darstellen.

Materialabbau erfüllt Anforderungen

Die bei Innovent generierten Vliesmaterialien wurden von den Forschungsgruppen eingehend untersucht. Dabei stellte sich die generelle Eignung der Materialien heraus. Sowohl die mechanischen Eigenschaften als auch der Abbau des Materials entsprachen den Zielanforderungen. Weiterhin konnte in umfangreichen In-vitro-Tests die Bioverträglichkeit des Materials demonstriert werden. Insbesondere wurde gezeigt, wie sich Faserdurchmesser und die Orientierung der Fasern auf die Zelldifferenzierung, die Zellproliferation und die Zellausrichtung sowie auf die Ausbildung einer geeigneten extrazellulären Matrix auswirken. Durch eine zusätzliche Plasmabehandlung eines ausgewählten elektrogesponnenen Materials konnte die Zellbesiedelung und die Ausbildung von Gewebestrukturen weiter verbessert werden. Dieses Material bildet die Grundlage für weiterführende Untersuchungen zur Behandlung von Bänder- bzw. Sehnenrupturen und kann in Dimensionen von 10 x 35 cm² (B x L) in unterschiedlichen Vliesstärken hergestellt werden.

Gegenwärtig werden weitere Forschungskooperationen, unter anderem auch mit dem Universitätsklinikum Jena, Arbeitsgruppe Prof. Dr. Britt Wildemann, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, als potentiellem Anwender der neuen Technologie etabliert.
Die Arbeiten wurden durch das Italienische Ministerium für Bildung, Universitäten und Forschung (MINISTERO DELL’ISTRUZIONE, DELL’UNIVERSITÀ E DELLA RICERCA (MIUR)), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) finanziell unterstützt. (sf)

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