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Die Transportboxen für Gemüse werden teils aus bis zu 100 Prozent Rezyklat hergestellt. (Bild: Wittmann-Battenfeld)

Der Einsatz von Rezyklaten ist ein erster wichtiger Schritt, um die Nutzung von Kunststoff nachhaltiger zu gestalten. Das ist nicht neu, aber es fehlt an Akzeptanz in der Branche, denn ein Produkt aus Neuware lässt sich nicht ohne weiteres auf Rezyklat umstellen. Die Rezyklat-Qualität und eine geeignete Maschinenausstattung sind wichtige Aspekte in der Entwicklung eines geschlossenen Wertsoffkreislaufs.

Georg Tinschert, Geschäftsführer von Wittmann-Battenfeld:“Wir alle müssen stärker darauf hinweisen, dass Kunststoffe mehrfach verwendet werden können und auch tatsächlich verwendet werden. Eine drei-, vier oder auch fünfmalige Wiederverwertung ist heutzutage möglich. Wir haben Kunden, die setzen für ihre Anwendungen bis zu 100 Prozent Rezyklat ein. So werden beispielsweise Transportboxen für Gemüse teils aus bis zu 100 Prozent Rezyklat hergestellt.“ Aber er weist auch darauf hin, dass man genau betrachtet muss, wie das Rezyklat beschaffen ist, denn es muss sichergestellt sein, dass die Maschinen von dem Rohstoff nicht geschädigt werden können.. „Es können Fremdstoffe enthalten sein, die das Plastifiziersystem schädigen können, metallische Stoffe etwa, Glassplitter oder Verunreinigungen.“ Dann müssten gegebenenfalls höher verschleißbeständige Materialien im Bereich Zylinder und Schnecke verwenden werden. „Wir können auch einen Filter vorschalten, der verhindert, dass Fremdkörper in die Maschine gelangen.“

Auch aufseiten der Peripherietechnik ist unter Umständen eine Anpassung der Anlagen notwendig. Peter Breuer, Group Trainings- und Innovation-Management bei Motan erklärt: „ Meistens kommt der Kunststoff als Granulat direkt vom Hersteller aus der Chemiefabrik oder einem Compoundierer. Seit einigen Jahren aber auch von Recyclingunternehmen.[..] Sind die Rezyklate sehr gut aufbereitet, unterscheiden sie sich von Neuware nur wenig. Es gibt aber auch Fälle, da hat das recycelte Material für uns schlechte Eigenschaften. Darauf müssen wir dann reagieren und unsere Geräte und Anlagen so anpassen, dass das Material gehandhabt werden kann.“ Er ist aber zuversichtlich, dass sich der Rezyklat-Anteil auch bei kritischen Materialien noch signifikant steigern lässt.

Wirtschaftlichkeit des Rezyklatseinsatz erkennen

Es gibt noch Berührungsängste bei Verarbeitern, doch mit einer guten Beratung lässt ich durch den Einsatz von Rezyklat Geld sparen, erklärt Tinschert: „Man muss einfach sehen, dass die Materialkosten den größten Anteil an den Produktionskosten im Spritzguss haben. Durchschnittlich 60 Prozent der Kosten entfallen auf das Material. Da wiederverwerteter Kunststoff, auch wenn er sehr aufwändig rezykliert wurde und damit auch teurer ist als weniger aufwändig rezyklierter, immer noch günstiger ist als frischer Kunststoff, ist ihr Einsatz aus wirtschaftlichen Gründen durchaus sinnvoll. Um die Produktionssicherheit zu gewährleisten muss eine gleichbleibende Qualität des Rezyklats gewährleistet sein und die Bauteileigenschaften dürfen aufgrund der Zugabe von Rezyklat nicht vermindert beziehungsweise beeinflusst werden.“

Das gilt auch für die Produktion von Folien, worauf Helmut Huber, Geschäftsführer von Brückner Maschinenbau, hinweist: „Wenn man den Anteil von 30 bis 40 Prozent an Rezyklaten überschreiten würde, dann können Schwierigkeiten im Prozess entstehen, etwa durch Unreinheiten. Solche Partikel können die Molekularstrukturen verändern. Das kann beim Recken der Folien zum Abriss führen. Wenn man Rezyklat zuführen will, muss man die Qualität deshalb gut im Auge behalten.“

Qualität ist der eine wichtige Aspekt, Quantität ein anderer, den die Politik mit dem neuen Abfallgesetzt voran treiben will. Dass der Einsatz von Rezyklaten zunimmt, stellt auch Manfred Hackl, CEO von EREMA, fest: „Die Mengenströme sind bei Kunststoff durch die Weiterverbreitung und durch den steigenden Einsatz in immer mehr Bereichen grundsätzlich überall gestiegen. Dadurch muss auch das Recycling erhöht werden, um wiederum die Recyclingquoten zu erfüllen.“ Nach seiner Einschätzung hat das Konzept der Kreislaufwirtschaft nun auch in der Kunststoffindustrie an wirtschaftspolitischer Bedeutung und vor allem an Verbindlichkeit der Beteiligten entlang der Kunststoffkette zugenommen. Auf der Fakuma präsentiert Erema vor allem Technologien, die darauf abzielen die Qualität von Rezyklaten weiter zu steigern, um die Bandbreite für Absatzmärkte zu erhöhen. Die neuesten Entwicklungen betreffen Verbesserungen bei Filtration, Geruch und werden ergänzt durch smarte Anwendungen.

Krauss Maffei Berstorff stellte auf der Fakuma die Aufbereitung von Kunststoffabfällen zu hochwertigen Re-Compounds vor. Die im Modell gezeigte Anlage verarbeitet Rezyklate unter anderem aus Polyethylen- und Polypropylen-Flakes zu Re-Compounds. Die Flakes stammen zum Beispiel von oder können auch sortenreine DSD-Abfälle sein. Carl-Philip Pöpel, Leiter Produktmanagement Zweischneckenextrusion bei Krauss Maffei Berstorff, beschreibt den Vorteil der neuen Technologie: „Werden bisher zwei Extrusionsanlagen benötigt, um vom Rezyklat zum Compound zu kommen, so ist dies jetzt in einem Schritt möglich. Wir umgehen den Zwischenschritt der Granulierung des Regranulates. Das reduziert nicht nur die Energiekosten, sondern auch die thermische Belastung, da wir das Rezyklat nur einmal aufschmelzen. So können wir hochwertige Re-Compounds für High-End-Anwendungen herstellen.“

 

Stabile Prozesse durch effiziente Technik und Industrie 4.0

Für Wittmann bedeutet eine nachhaltige Produktion jedoch mehr als den Einsatz von rezykliertem Kunststoff.  „Wir sehen uns als Maschinenhersteller als Teil eines umfassenden Kreislaufs. Unseren Hauptbeitrag sehen wir darin, den Eintrag in den Kreislauf so gering wie möglich zu halten, um eine möglichst Ressourcen schonende Produktion zu gewährleisten, erklärt Tinschert. „Wir nutzen in unseren Maschinen modernste Antriebstechnologie – elektrisch oder – im Standard, um den Einsatz von Primärenergie so gering wie möglich zu halten. Dieser Effekt wird durch die zusätzliche Nutzung unserer intelligenten Regelungstechnik weiter verstärkt, da sie die Nutzung der frei werdenden Bremsenergie in der Maschine ermöglicht. Wir bieten außerdem Technologien an, die dazu beitragen, den Materialverbrauch zu reduzieren durch die Herstellung dünnwandiger Teile, oder, indem Kunststoff durch Gas ersetzt wird.“

Auch der Spritzgießmaschinenhersteller Sumitomo Demag setzt auf effiziente Antriebstechnologien und niedrigen Materialverbrauch. „Mit unserer neuen Generation elektrischer Spritzgießmaschinen erreichen wir eine ausgezeichnete Energiebilanz“, erklärt Gerd Liebig, Vorsitzender der Geschäftsführung. „Doch nicht nur das“, führt er weiter aus, „der hochpräzise Produktionsprozess erlaubt die Fertigung anspruchsvoller technischer Teile bei geringem Ausschussanteil.“

Auch für Engel Austria sind einerseits der Werkstoff und Produktentwicklung, und andererseits die intelligente Produktionstechnik wesentliche Aspekte für mehr Nachhaltigkeit in der Kunststoffverarbeitung. Dr. Stefan Engleder, CEO von Engel Austria: „Neue Assistenzsysteme machen es möglich, Schwankungen im Rohmaterial automatisch zu erkennen und auszugleichen. Dies ebnet dem breiteren Einsatz von Rezyklaten in der Spritzgießverarbeitung den Weg.“

Er und andere Maschinenhersteller sehen in Industrie 4.0 in mehrfacher Hinsicht einen Enabler für geschlossene Wertstoffkreisläufe. „Das Gelingen der Kreislaufwirtschaft steht und fällt mit der Transparenz zu wissen, was genau in ein Produkt eingeflossen ist und wohin dieses Produkt weitergegeben wurde. Industrie 4.0 kann helfen, genau diese notwendige Transparenz herzustellen,“ so Peter Breuer.

ist Redakteurin Plastverarbeiter. etwina.gandert@huethig.de

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