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Die digitale Vernetzung der Prozesse führt zu erheblichen Effizienzgewinnen. Daneben werden auch immer komplexere Verfahren beherrschbar. (Bild: Chris/Fotolia)

„Bei der Weiterentwicklung und Optimierung von Verfahrenstechniken geht es weiterhin darum, die Produktivität zu erhöhen oder Ressourcen zu schonen und Kosten zu sparen“, schreibt der Spritzgießmaschinen-Hersteller Arburg, Losburg, und führt weiter aus, dass „ein Trend in der Verfahrenstechnik dahin geht, Einsatzspektrum und Wertschöpfung von Spritzgießteilen durch Funktionsintegration weiter zu steigern. Dazu zählen einerseits der Herstellungsprozess, um etwa durch das Verketten einzelner Produktionsschritte direkt zu einbaufertigen Artikeln zu gelangen, andererseits aber auch die Produkte selbst, um etwa durch die Mehrkomponententechnik gezielt Materialien für funktionelle Bauteile miteinander zu kombinieren.“ Auch laut Engel Austria, Schwertberg, Österreich, „nimmt die Prozessintegration weiter Fahrt auf und führt vielfach zu effizienteren und sichereren Prozessen sowie einer höheren Produktqualität. Die Nachfrage nach integrierten und automatisierten Systemlösungen aus einer Hand nimmt weiter zu, weil sich Effizienzpotenziale nur dann vollständig ausschöpfen lassen, wenn von Beginn an alle Komponenten einer Fertigungszelle exakt aufeinander abgestimmt sind. Bestandteil solcher Systemlösungen sind immer häufiger Industrie-4.0-Technologien, die neue Möglichkeiten für einfachere Steuerungen eröffnen, die die komplexeren Prozesse aufgrund stattfindender Prozessintegration benötigen und die den Trend zu sich selbst optimierenden Spritzgießmaschinen mithilfe von intelligenten Assistenzsystemen forcieren.“ Diese „Entwicklungen im Bereich Industrie 4.0/Smartmachine“ sieht auch Wittmann Battenfeld, Kottingbrunn, Österreich, „unterstützt durch Dynamik, die im Bereich der Sensorik zu vermerken ist. Unterschiedlichste innovative Messkonzepte stehen in den Startblöcken mit dem Ziel, traditionelle Sensoren zu ersetzen. Ziel aller Bestrebungen ist, „näher am Prozess“ zu messen.“

Der „Trend zur weiteren Kombination existenter Verfahrenstechniken hält an“, berichtet auch Christmann Kunststoffmaschinen, Kierspe. Darin wird aber ein Nachteil gesehen, weil „Expertenwissen bis in die Serienproduktion erforderlich“ ist. Die „Prozesse sind daher zwar technisch erfolgreich, jedoch oftmals nicht praxistauglich, da sie zu komplex und selbst von „Fachpersonal nicht zu bedienen“ sind, was als „wirtschaftlich riskant“ erachtet wird. Dazu wird von einer „neuen Tendenz“ zu „keep it simple“ berichtet, das heißt, „komplexe und miteinander verkettete Prozesse in einfache und überschaubare Prozessschritte aufzuteilen. Das reduziert das Risiko und ermöglicht es, Maschinen und Anlagen modular und mehrzweckfähig auch für zukünftige Projekte zu gestalten.“

 

Beispiele für einen effizienteren Materialeinsatz werden von Netstal, Näfels, Schweiz, und Arburg angeführt. Arburg geht auf das Faser-Direkt-Compoundieren (FDC) ein, das „die Materialkosten deutlich reduziert. Statt teurer fasergefüllter Compounds werden Langglasfasern in Form kostengünstiger Rovings verwendet und am vorderen Teil der Spritzeinheit zugeschnitten und direkt der flüssigen Schmelze zugeführt. Das reduziert die Faserschädigung deutlich. Zusätzlich können Faserlänge, Faseranteil sowie Materialkombination individuell eingestellt und damit die Bauteileigenschaften gezielt beeinflusst werden.“ Laut Netstal „helfen verschiedene Verfahrensvarianten wie beispielsweise das Spritzprägeverfahren oder das physikalische Schäumverfahren mit, den Materialbedarf weiter zu optimieren.“

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Die Spritzgießmaschine 100 E von Dr. Boy mit vertikal aufgesetztem zweitem Spritzaggregat 2C XS. (Bildquelle: Dr. Boy)

Einheitlicher Kommunikationsstandard für den Datenaustausch

Bei der Maschinentechnik „ist aktuell die Definition einheitlicher Kommunikationsstandards zwischen Spritzgießmaschinen, Automatisierung und Peripherie ein Schwerpunktthema“, berichtet Wittmann Battenfeld und ergänzt, dass „auch innerhalb Euromap aktiv daran gearbeitet wird. Damit soll die Datenkommunikation standardisiert und vereinfacht werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um Industrie 4.0-Anwendungen in der Kunststoffindustrie weiter zu entwickeln.“ Woojin Plaimm, Leobersdorf, Österreich, teilt dazu mit, dass „Euromap 77 der neue Industrie 4.0-Industriestandard für den Datenaustausch zwischen Spritzgießmaschinen und Leitrechnern oder Manufacturing Execution Systemen (MES) ist.“ Diesem Standard dient „OPC UA (Open Connectivity Unified Architecture) als ideale Basis, der Kommunikationsstandard für den sicheren und zuverlässigen Datenaustausch im Bereich der industriellen Automatisierung in einer Vielzahl von Branchen. Verantwortlich für die Entwicklung dieses Standards ist die OPC-Foundation als non-profit-Industrieverband, der die Plattformunabhängigkeit und einen lückenlosen Informationsfluss über Herstellergrenzen hinweg sicherstellt.“ Auch Christmann Kunststoffmaschinen spricht im Rahmen von Industrie 4.0 die „Kommunikation der Spritzgießmaschinen mit Peripheriegeräten und Komponenten wie zum Beispiel dem Werkzeug zur ganzheitlichen Datenerfassung der kompletten Produktionskette“ an und verweist auf das „Stichwort Rückverfolgbarkeit mittels ERP-, APS- oder MES-Systemen.“ Zu den Stichworten „Customizing und Flexibilität“ wird die „Modulbauweise für eine weitere Vereinfachung von anwendungsspezifischen Anlagenkonzepten“ hervorgehoben. „Die heute zur Verfügung stehenden Engineering-Tools machen es möglich“, wie Netstal feststellt, „das Design der verschiedenen Maschinenkomponenten bedarfsgerecht zu optimieren. Bei der Auslegung wird es daher zunehmend wichtig, den jeweiligen Einsatzzweck einer Spritzgießmaschine in den verschiedenen Anwendungssegmenten genau zu analysieren. Die Maschine kann so gezielt auf das Anforderungsprofil zugeschnitten werden, um auch hier das übergreifende Ziel der stetigen Verbesserung der Gesamteffizienz zu erreichen.“ In diesem Sinne merkt auch Arburg an, dass „die Weiterentwicklung der Maschinentechnik auch dem Ziel der Produktionseffizienz dient. Im Fokus steht die „smarte Maschine“, die Peripherie problemlos integriert und überwacht, Prozessparameter analysiert und adaptiv regelt sowie weitreichende Assistenzfunktionen bereitstellt. Ein Beispiel ist die Online-Kühlwasserregelung, mit der sich Kühlwassermenge und Kühlwassertemperatur je Kühlkanal überwachen und wahlweise regeln lassen.“

Engel Austria greift einen weiteren Gesichtspunkt auf, wonach „die Flächenproduktivität in immer mehr Betrieben weltweit zu einer wichtigen Effizienzkennzahl wird. Entsprechend steigt die Nachfrage nach kompakten Maschinen und Systemlösungen weiter an. Eine weitere Folge dieses Trends ist, dass in einigen Bereichen zunehmend Vielkavitätenwerkzeuge eingesetzt werden, die größere Maschinen erfordern.“

Vernetzte Geräte optimieren sich gegenseitig

Umfassend vernetzt: Alle Geräte der Anlage hängen an der Maschinensteuerung. Damit sind sie unmittelbar miteinander vernetzt, was es ermöglicht, dass sie kommunizieren und sich aufeinander abstimmen.(Bildquelle: Wittmann Battenfeld)

Angepasste Antriebsarten für optimale Leistungen

„Die Antriebstechnik zeigt“, wie Woojin Plaimm anmerkt, „ein stark gemischtes Bild der Antriebe von hydraulisch über hybrid bis zu elektrisch. Maßgeblich sind wie immer die bewegten Massen. Je größer die Masse ist, desto eher wird hydraulisch angetrieben, zum Beispiel große Schließeinheiten. Rein elektrische Maschinen haben sich in der Medizin- und Reinraumtechnik im unteren Schließkraftbereich einen festen Platz in Europa erobert. Auf das gesamte Spektrum der Schließkräfte gesehen hat die elektrische Spritzgießmaschine in Europa noch keine herausgehobene Bedeutung gegenüber hybriden oder hydraulischen Maschinen.“ Wie Netstal schon im letzten Jahr anmerkte, zeigen vollelektrische Lösungen in Bezug auf das Leistungspotenzial eine Limitierung, die durch „moderne Hybridtechnologie“ vermieden wird, indem „jede Bewegungsachse der Maschine die jeweils ideal geeignete Antriebstechnologie“ erhält. Dazu wird, wie Arburg auch schon im vergangenen Jahr schrieb, „zur exakten Anpassung an den jeweiligen Einsatzfall die Modularität der Antriebstechnik weiter ausgebaut.“ Die verschiedenen elektrischen, hydraulischen und hybriden Antriebskonzepte weisen darüber hinaus verschiedene Leistungs- und Effizienzklassen auf. Wittmann Battenfeld verweist auf „höher auflösende Sensorik und kürzere Reglerabtastzeiten,“ die „die Antriebsachsen schneller, wiederholgenauer, leiser und energieeffizienter machen. Darüber hinaus kann bei Ausfall eines Sensors auf sensorlosen Betrieb umgestellt und weitergearbeitet werden. Der Nutzen daraus ist ein stabilerer Produktionsbetrieb.“

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Die E-Mac von Engel ist eine elektrische  Spritzgießmaschine für die Branchen Teletronics und Technical Moulding (Bildquelle: Engel)

Verbesserte Energieeffizienz fördert Produktionseffizienz

„Die Energieeffizienz ist und bleibt das zentrale Element in der gesamten Energiebetrachtung“, schreibt Netstal, da „die Bedeutung der Energieeffizienz aufgrund der stetig steigenden Energiekosten in Zukunft weiter zunimmt.“ Auch Engel Austria sieht dieses „Thema weiterhin im Fokus der Anwender.“ Nach Woojin Plaimm „wird die Energieeffizienz zunehmend als Kriterium für Investitionsentscheidungen herangezogen, weil aktuelle Modelle sich sehr viel energiesparender als die vorhergehenden Maschinengenerationen verhalten und im Hinblick auf einen Maschinenpark mit einer Bestandsdauer von bis zu 15 Jahren diese neuen Modelle signifikante Kostenvorteile bei den Stückkosten und deutlich höhere Wertschöpfungspotenziale bieten.“ Dagegen ist nach Christmann Kunststoffmaschinen „das Thema weitgehend abgearbeitet. Heute setzt der Kunde eine bestmögliche Energieeffizienz voraus“ und weiter „wurde allerdings inzwischen auch erkannt, dass die Spritzgießmaschine bei einer vollständigen Bilanz der Spritzgießproduktion einen relativ geringen Einfluss hat. Inzwischen stehen hier vor allen Dingen die Peripheriegeräte im Fokus.“ In diese Richtung argumentiert auch Netstal: „Betrachtet man die Energieeffizienz einer gesamten Produktionsanlage, welche neben der Spritzgießmaschine auch Werkzeug, Automation und zusätzliche Peripherie beinhaltet, so kann man feststellen, dass die Spritzgießmaschine schon aufgrund der prozesstechnischen Vorgänge einen signifikanten Anteil einnimmt. Aber auch die weiteren Systemkomponenten tragen nicht unwesentlich zum Gesamtenergieverbrauch bei. Um nun die Gesamteffizienz nachhaltig zu verbessern, ist es also wichtig, alle Systemkomponenten im Verbund zu betrachten. Ebenso ist es elementar, sämtliche Energieträger und nicht nur den Verbrauch an elektrischer Energie in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen. Dem Kühlwasser oder der Druckluft wird derzeit noch zu wenig Beachtung geschenkt. Hier ist noch viel Potenzial verborgen.“ In diesem Sinne ist auch die Einlassung von Arburg zu verstehen, dass „bei konsequenter Weiterführung der Energieeffizienz die Produktionseffizienz in den Fokus rückt. Deshalb wird die Maschinen- und Antriebstechnik nicht nur in punkto Energie-, sondern vor allem in punkto Produktionseffizienz kontinuierlich weiterentwickelt.“ Wittmann merkt zu den schon zur Antriebstechnik genannten Maßnahmen an, dass diese „in Verbindung mit verdichteter Motor-Wicklungstechnik eine Verbesserung der Energieeffizienz im einstelligen Prozentbereich bringen. Darüber hinaus wird auch bei hydraulisch angetriebenen Maschinen bis 3500 kN mehr servohydraulische Antriebstechnik“ eingesetzt.

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Die Spritzgießmaschine Elion 3200 von Netstal mit hybriden Spritzaggregat eignet sich für das effizienteProduzieren von Verschlüssen. (Bildquelle: Netstal)

Kostengünstige Reinraum-Produktion mit kleinen Lösungen

Auch zur Reinraum-Eignung der Spritzgießmaschinen schreibt Christmann Kunststoffmaschinen, dass „das Thema weitgehend abgearbeitet ist. Nach einem Hype in Bezug auf höchste Ansprüche an die Maschinen hinsichtlich der Reinraumtauglichkeit ist heute klar, dass mit kleinen, kostengünstigen und intelligenten Lösungen oftmals eine sichere und vor allen Dingen wirtschaftliche und flexible „Reinraum“-Spritzgießproduktion möglich ist.“ „Aufgrund der Kosten für einen Reinraum“, teilt auch Wittmann Battenfeld in diesem Sinne mit, „wird stärker darauf geachtet, Reinräume kompakter auszuführen. Das heißt zum Beispiel, den Reinraum auf den Werkzeugbereich und die Teileentsorgung zu konzentrieren. Dokumentationsanforderungen“ hierzu nehmen generell zu. Engel Austria hat mit einem Partner „ein völlig neues Reinraumkonzept mit umgekehrter Luftführung entwickelt“, womit „auch bei hohen Werkzeugtemperaturen eine hohe Luftreinheit im Schließbereich sichergestellt“ werden soll. Bei der Reinraum-Eignung von Spritzgießmaschinen spielen, wie Netstal ausführt, „verschiedene Elemente mit. Erst einmal muss die Maschine so gebaut sein, dass sie möglichst wenig Emissionen erzeugt. Hier spielt die Antriebstechnologie zwar mit, viel entscheidender ist jedoch, wie die Maschine im Detail ausgestaltet ist. Ein weiterer Faktor ist die Reinigbarkeit, welche vielfach mit zusätzlichen Maßnahmen wie spezifischen Abdeckungen oder Verkleidungen verbessert wird. Hinzu kommen verschiedene Zusatzeinrichtungen“, auf die im vergangenen Jahr schon eingegangen wurde.

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