Ein erster Sortier- und Aufbereitungsversuch zeigte, dass sich mit PLA-Material angereichertes Leichtverpackungsmaterial auf Praxisanlagen zu einem einheitlichen Versuchsmaterial sortieren und aufbereiten ließ.

Ein erster Sortier- und Aufbereitungsversuch zeigte, dass sich mit PLA-Material angereichertes Leichtverpackungsmaterial auf Praxisanlagen zu einem einheitlichen Versuchsmaterial sortieren und aufbereiten ließ. (Bild: Knoten Weimar)

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt und fördert aktuell über seinen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), den Forschungsverbund „Nachhaltige Verwertungsstrategien für Produkte und Abfälle aus biobasierten Kunststoffen“, der sich in seinen fünf Teilvorhaben vorrangig den technischen Fragestellungen zum Sortier- und Recyclingverhalten von Leichtverpackungsprodukten und Abfällen aus biobasierten Kunststoffen, vor allem PLA, widmet, aber auch Fragen zur Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit beantwortet. Die zentrale Koordinierung übernimmt das Unternehmen Knoten Weimar, Weimar. Der Fokus dieses Artikels liegt auf dem Teilvorhaben 2  „Recycling von PLA zu Dilactid“, das das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) durchführt. Dieses Teilvorhaben untersucht die Rückintegration von Polylactid (PLA) in den Synthesekreislauf systematisch. Ziel ist es, eine Recyclingstrategie zu entwickeln, die eine direkte Integration von Ready-to-use- oder bereits verarbeitetem PLA in den Syntheseprozess für PLA ohne zusätzlichen Aufwand ermöglicht. Industrielle Prozesse zur Herstellung von Polylactid beruhen üblicherweise auf der Ringöffnungs-Polymerisation (ROP) von Dilactid, dem zyklischen Dimer der Milchsäure. Zur Synthese von Dilactid wird zunächst Milchsäure zu Präpolymeren mit geringen Molmassen (1.000 – 3.000 g/mol) kondensiert. Diese Oligomilchsäure wird anschließend in einer zyklisierenden Depolymerisation zum Dilactid umgesetzt.

Bereits bestehende Verfahren zum Feedstock-Recycling beinhalten entweder die vollständige Rückspaltung des PLA zur Milchsäure mit sich anschließenden Aufreinigungsschritten oder nutzen zur Depolymerisation von hochmolekularem PLA eine spezielle Ausstattung. Der Vorteil des im Fraunhofer IAP untersuchten Recycling-Ansatzes besteht daher darin, dass sich bestehende Syntheselinien für PLA nutzen lassen, also kein apparativer Mehraufwand erforderlich ist. Gleichzeitig ist es dennoch möglich, aus dem rückgeführten Polylactid Dilactid guter Qualität zu gewinnen, dass dann wiederum zur Ringöffnungs-Polymerisation zu hochmolekularem PLA für verschiedene Anwendungen eingesetzt werden kann. Interessant könnte das Verfahren für Hersteller von PLA sein, die auf diese Weise ihre Rohstoffkosten reduzieren können.

Einfluss verschiedener Polylactide auf die Depolymerisation von Oligomilchsäure (Referenz); jeweils 10 Prozent der Oligomilchsäure wurden durch PLA ersetzt. (Bildquelle: Fraunhofer IAP)

Einfluss verschiedener Polylactide auf die Depolymerisation von Oligomilchsäure (Referenz); jeweils 10 Prozent der Oligomilchsäure wurden durch PLA ersetzt. (Bildquelle: Fraunhofer IAP)

Erste systematische Untersuchungen mit Modell-Polylactiden und kommerziell erhältlichen PLA-Granulaten haben gezeigt, dass eine Rückintegration von bis zu 10 Prozent Polylactid ohne Ausbeute- und Qualitätsverlust möglich ist: Die Dilactid-Ausbeute bleibt trotz eines Zusatzes von 10 Prozent PLA zur Oligomilchsäure nahezu konstant bei 90 bis 92 Prozent. Dies gilt sowohl für die Modell-Polylactide, die gezielt mit verschiedenen Molmassen synthetisiert und zur Depolymerisation zugesetzt wurden, als auch für kommerziell erhältliche PLA-Granulate. Darüber hinaus wurde mithilfe dieser Versuchsreihe auch nachgewiesen, dass die Rückintegration von Polylactiden in einen Molmassenbereich von ca. 30.000 g/mol bis 100.000 g/mol möglich ist.

Die leichte Erhöhung des Anteils an meso-Lactid auf etwas mehr als drei Prozent bei Versuchen mit kommerziellen Granulaten ist auf deren geringere optische Reinheit im Vergleich zu den Modell-Polylactiden zurückzuführen. Während die Modell-Polylactide zu 100 Prozent auf L,L-Dilactid basieren, werden bei kommerziellen Polylactiden häufig bis zu 4 Prozent D,D-Dilactid zur ROP zugesetzt, um das Eigenschaftsprofil des PLA gezielt zu verändern.

In einem nächsten Schritt wurden auf der PLA-Miniplant-Anlage im Technikum des Fraunhofer IAP Upscaling-Versuche bis in den Kilogramm-Maßstab durchgeführt. Das in diesen Versuchen generierte Dilactid durchläuft anschließend die im Stand der Technik üblichen Aufreinigungschritte und wird dann zur ROP zur Herstellung von Polylactid eingesetzt. Diese PLA-Muster sollen im Anschluss charakterisiert und auf ihre industrielle Verarbeitbarkeit hin untersucht werden.

Auch andere Teilvorhaben forschen auf dem Gebiet nachhaltiger Verwertungsstrategien für Produkte und Abfälle aus biobasierten Kunststoffen. Die Aktivitäten und erste Ergebnisse aus diesen Teilvorhaben werden im Folgenden kurz erläutert.

Biobasierte Kunststoffverpackungen werkstofflich recyceln

Im Teilvorhaben 1 untersucht Knoten Weimar zusammen mit der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung der Technischen Universität Chemnitz die Möglichkeiten einer zuverlässigen Erkennung und Sortierung unterschiedlicher biobasierter Kunststoffprodukte (z. B. Verpackungsabfälle) in der Praxis, sowohl unter technischen als auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Das Hauptziel ist es, Strategien zu erarbeiten für ein mengenabhängiges werkstoffliches Recycling dieser biobasierten Kunststoffe im Entsorgungsstrom der Leichtverpackungen.

In einem ersten Sortier- und Aufbereitungsversuch, bei dem Leichtverpackungsmaterial mit PLA-Material angereichert und anschließend auf Praxisanlagen positiv sortiert und aufbereitet wurde, konnte ein einheitliches Versuchsmaterial generiert werden, welches als Ausgangsstoff für Detailversuche in den einzelnen Teilvorhaben zum Einsatz kommt.

Im Teilvorhaben 1 sind mehrere praxisnahe Versuche zum Sortierverhalten von PLA-Verpackungsmaterialien im etablierten Entsorgungsstrom der Leichtverpackungen geplant.

Im Technikum der TU Chemnitz finden parallel Laborversuche statt. Hier wird Neumaterial einem simulierten, aber realitätsnahen Konsumzyklus unterworfen, um Daten zu den allgemeinen Auswirkungen des werkstofflichen Recyclingvorganges auf die mechanischen und rheologischen Eigenschaften der Werkstoffe zu ermitteln. Abschließend wird durch Additivierung und Blending den Folgen der hohen thermo-mechanischen Belastung durch den werkstofflichen Recyclingprozess entgegengewirkt.

Hochwertige und reine Rezyklate sind mit konventionellen Recycling-Verfahren nur unter erhöhtem wirtschaftlichen Aufwand zu realisieren. Aussichtsreicher erscheint das lösungsmittelbasierte Recycling. (Fraunhofer WKI/Anna Dörgens)

Hochwertige und reine Rezyklate sind mit konventionellen Recycling-Verfahren nur unter erhöhtem wirtschaftlichen Aufwand zu realisieren. Aussichtsreicher erscheint das lösungsmittelbasierte Recycling. (Fraunhofer WKI/Anna Dörgens)

PLA-Rezyklate aus Post-Consumer-Abfällen

Im Teilvorhaben 3 des Forschungsverbunds verfolgen das Fraunhofer IVV und WKI die Anpassung eines lösemittelbasierten PLA-Recyclingprozesses mit dem Ziel, hochwertige PLA-Rezyklate aus heterogenen PLA-haltigen Post-Consumer-Abfällen zu erzeugen. Hochwertige und reine Rezyklate sind mit konventionellen Recycling-Verfahren nur unter erhöhtem wirtschaftlichen Aufwand zu realisieren. Aussichtsreicher erscheint das lösungsmittelbasierte Recycling. Dieses hat sich für konventionelle Thermoplaste, wie PET, PS und ABS sowie PA und PVC, bewährt und erzeugt aus kontaminierten und heterogenen Abfällen durch selektive Lösungsmittel reine und hochwertige Polymer-Rezyklate. Die Anpassung des Prozesses auf PLA-Abfall erfolgte zuerst im Labormaßstab – zunächst mit industriellen Stanzabfällen eines PLA-Papier-Verbundes.

Die Ergebnisse belegten, dass die optimierte Reinigungsstufe zu einem qualitativ hochwertigen Rezyklat führt. Dabei bleibt die Molmasse des PLA erhalten und Papier, Kleber sowie Farbanteile ließen sich abtrennen. Das Rezyklat ist transparent und von guter Qualität. Erste Entgasungsversuche, um das restliche Lösemittel zu entfernen, verliefen erfolgreich. Der Lösemittelrestgehalt lag dabei allerdings noch etwas über den angestrebten 0,1 Prozent. Weitere Optimierungsarbeiten sind hierzu geplant. Aufgrund der positiven Ergebnisse erfolgte das Upscaling des Prozesses. Erste Versuche im kleintechnischen Maßstab wurden bereits mit dem Post-Consumer-Abfall aus dem Sortierversuch von Teilvorhaben 1 durchgeführt. Die Übertragbarkeit des Verfahrens ist gelungen: Fremdpolymere, Papierfasern, Farbanteile sowie metallische Verunreinigungen konnten erfolgreich von der gereinigten Polymerlösung abgetrennt werden. Parallel erfolgte für das vergleichende thermomechanische Recycling das nötige Aufbereiten des PLA-haltigen Post-Consumer-Abfalls. Alle produzierten Rezyklate werden in abschließenden Anwendungsprüfungen bewertet und die Rezyklate aus dem thermomechanischen Recycling mit denen des lösemittelbasierten Recyclings verglichen.

Danone-Joghurtbecher trotz Papier, Farb- und Klebstoffreste recyceln

Das Teilvorhaben 4, an dem das Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe an der Hochschule Hannover (IfBB), und das Unternehmen Bösel Plastic Management, Bösel, beteiligt sind, befasst sich explizit mit den kontaminierten Polylactid-Industrieabfällen, die bei der Produktion von Danone-Joghurtbechern anfallen. Um die Nachhaltigkeit der PLA-Becherproduktion zu gewährleisten, werden die anfallenden Abfälle mechanisch recycelt. Dieses werkstoffliche Recycling charakterisiert allgemein das physikalische Trennen und Umwandeln eines Polymers, ohne die chemische Struktur zu verändern. Die Herausforderung beim Recycling der Joghurtbecher besteht darin, Restbestandteile, wie Papier, Farb- und Klebstoffe, zu entfernen, um ein PLA-Rezyklat mit einem hohen Reinheitsgrad herzustellen.

Dahingehend wurde der Recyclingprozess optimiert. Gute Erfolge zeigt unter anderem die Schmelzefiltration während der Extrusion, da sich hiermit mehr Störstoffe beziehungsweise Fremdstoffe entfernen ließen, was sich positiv auf die Eigenschaften des PLA-Rezyklats auswirkt. Ein weiterer wesentlicher Faktor bei der Qualitätssicherung der Rezyklate ist die Lagerfähigkeit. Im Rahmen dieses Teilvorhabens erzielten die Beteiligten erste Ergebnisse, die sie noch weiter untersuchen werden. Zudem ist eine gezielte Additivierung als weiterer logischer Schritt vorgesehen.

PLA-Rezyklat im Vergleich: Das obere wurde ohne Schmelzefiltration hergestellt, das untere mit. (Bildquelle: IfBB)

PLA-Rezyklat im Vergleich: Das obere wurde ohne Schmelzefiltration hergestellt, das untere mit. (Bildquelle: IfBB)

Die Ökobilanz von Recycling bewerten

Das Teilvorhaben 5 des Forschungsverbunds beschäftigt sich mit der Nachhaltigkeitsbewertung der in den anderen Teilprojekten entwickelten PLA-Recyclingverfahren. Dazu werden vier Ökobilanzen erstellt und eine davon wird einer ktritischen Überprüfung unterzogen. Ausgehend von den Ergebnissen der Ökobilanzstudien und weiteren Informationen aus Literatur und Fachdiskussionen werden Handlungsempfehlungen und eine spezifische Kommunikationsstrategie für die Vermittlung von ökologischen und sozio-ökonomischen Wirkungen des PLA-Recyclings abgeleitet. Bis Mai 2016 wurden für alle Recyclingverfahren Fließbilder erstellt, die als Grundlage für das darauf aufbauende Energie- und Stoffstrommodell (Ökobilanzmodell) dienen. Als Referenzfluss für die Modelle wurde die Verarbeitung von 1t PLA-Abfällen festgelegt. Derzeit werden noch Daten zu den einzelnen Verfahren erhoben. Ziel ist es, die Datensammlung bis zum Herbst 2016 abzuschließen. Darauf aufbauend soll dann ein ökobilanzieller Vergleich der Recyclingverfahren mit der alternativen thermischen Verwertung durchgeführt werden. Basierend auf den Ergebnissen werden Kommunikationsstrategien für PLA-Produkte entwickelt und mögliche Vorteile durch Recycling am Ende des Lebenszyklus herausgearbeitet.

Ein wesentlicher Vorteil des PLA-Recyclings wird darin gesehen, dass sich negative Umweltwirkungen der PLA-Herstellung, insbesondere für das Anbauen von Rohstoffen, vermeiden lassen. Typische negative Umweltwirkungen sind versauernde Emissionen oder auch Eutrophierung aufgrund von Düngung. Zudem sinkt die Agrarflächen-Inanspruchnahme deutlich, welche laut IfBB ca. 3,7 m²/kg PLA (Maisbasis, ohne Allokation von Koppelprodukten) beträgt. Diese Daten werden im Laufe des Projekts noch spezifiziert, validiert und verfeinert.

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