Bild 1: links: Dosierschlauch für Inhalator (Thermoplast) [Raumedic], rechts: Silikonaufsatz für Phakoemulsifikation und deren Anwendung (rechts oben) [Geuder]

Bild 1: links: Dosierschlauch für Inhalator (Thermoplast) [Raumedic], rechts: Silikonaufsatz fürPhakoemulsifikation und deren Anwendung (rechts oben) [Geuder]

Für den Transport unterschiedlicher Flüssigkeiten und Gase kommen in Medizinprodukten häufig Kunststoffmedienleitungen zur Anwendung. Transportfluide, die besondere Anforderungen wie Beständigkeit an das Kontaktmedium stellen, sind zum Beispiel Atemgase, Narkosemittel, pharmazeutische Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten. Die hohen Anforderungen an Medienleitungen für den Einsatzbereich am oder im menschlichen Körper, wie gute Sterilisierbarkeit oder sehr gute Biokompatibilität werden in hohem Maße durch die Materialeigenschaften von Silikonkautschuken (LSR) erfüllt [2, 3].

Medienleitungen für die Anwendung im klinischen Bereich werden in vielen Fällen aus Silikon-basierten Elastomeren extrudiert. Die eingeschränkte gestalterische Freiheit beim Extrusionsverfahren aufgrund der kontinuierlichen Formgebung erfordert häufig zusätzliche Arbeitsschritte zur Funktionalisierung, wie die Konfektionierung und Umformung der Schläuche. Das Spritzgießen von funktionsintegrierten, hohlen Silikonprodukten, kann bislang aufgrund von zu komplexen Werkzeuganforderungen, wie Umlenkungen mit Radien nicht realisiert werden. Deshalb werden für solche Anwendungen alternative thermoplastische Materialien eingesetzt (Bild 1, links). Einfache gerade Geometrien wie ein Silikonaufsatz zur Phakoemulsifikation (Fa. Geuder, Heidelberg) stellen keine große Herausforderung an die Werkzeugtechnik (Bild 1, rechts unten), sind jedoch unter Umständen Kompromisse zwischen gewünschter Funktionalität und Herstellbarkeit. Weiterhin sind Schläuche aus Silikon oder Thermoplast mit Durchmessern im Bereich unter 5 mm mit geringen Wanddicken meist nicht knickstabil, wodurch die Realisierung geringer Umlenkradien erschwert wird. Die besonderen Materialeigenschaften von LSR lassen sich derzeit durch konstruktive Einschränkungen und einen hohen Fertigungsaufwand nicht umfänglich nutzen. Um den Fertigungsaufwand für funktionsintegrierte Hohlkörper zu reduzieren, ist das Spritzgießsonderverfahren der Fluidinjektionstechnik entwickelt worden.

Bild 2: Schematische Darstellung des Prozessablaufes der PIT (Bildquelle: IKV)

Bild 2: Schematische Darstellung des Prozessablaufes der PIT (Bildquelle: IKV)

Mit Fluidinjektionstechnik Hohlräume erzeugen

Die Fluidinjektionstechnik bezeichnet Verfahren, bei denen durch die gezielte Injektion eines gasförmigen oder flüssigen Mediums während des Spritzgießprozesses partielle Hohlräume in einem Bauteil erzeugt werden. Für thermoplastische Materialien ist das Verfahren seit den 1980er Jahren etabliert und wird für eine Vielzahl von Anwendungen in der Industrie eingesetzt [4]. Als Injektionsmedium werden Gase, wie Stickstoff (Gasinjektionstechnik, GIT) oder Wasser (Wasserinjektionstechnik, WIT) verwendet [5]. Durch den Einsatz eines Projektils (Projektil-Injektionstechnik, PIT) kann eine gleichmäßigere Hohlraumausbildung und Wanddicke im Vergleich zur GIT über die gesamte Bauteillänge erreicht werden [6]. Der robuste PIT-Prozess ermöglicht definierte Wanddicken und bietet sich an, um medizinische Mikroformschläuche herzustellen [7].  Im Gasinjektionsprozess hingegen beeinflussen die Schmelze-Elastizität und die Strukturviskosität, welche durch den Vernetzungsfortschritt des LSR im Formteil bestimmt wird, die Ausbildung der Restwanddicken. Die Geschwindigkeit der Gasblase hängt mit dem Fließwiderstand zusammen, der unmittelbar mit der Scherviskosität der Formmasse verbunden ist [8].

Bild 2 zeigt den schematischen Ablauf der PIT im Werkzeug. Zuerst füllt die Kunststoffschmelze teilweise oder vollständig die Kavität. Durch den Start der Vernetzungsreaktion des LSR an der Werkzeugwand entsteht um die unvernetzte Bauteilseele eine vernetzte Randschicht. Das injizierte Fluid verdrängt anschließend den unvernetzten Formteilkern oder führt durch einen Aufblasvorgang zur vollständigen Ausformung des Bauteils [9].

Formteil- und Werkzeugauslegung

Um das Verfahren und die Technologie zu untersuchen, wurden die geometrischen Eigenschaften eines Bauteils als Qualitätskriterien herangezogen. In geraden Schlauchabschnitten und in definierten Umlenkwinkeln können die Restwanddicken und die Exzentrizität des funktionellen Hohlraumes charakterisiert werden.

Bild 3: Abmessungen der neutralen Faser des Versuchsbauteils und des Montageelementes (mit gleichem Radius an allen Umlenkungen) (Bildquelle: IKV)

Bild 3: Abmessungen der neutralen Faser des Versuchsbauteils und des Montageelementes (mit gleichem Radius an allen Umlenkungen) (Bildquelle: IKV)

Das entwickelte Versuchsbauteil mit Montageelement, verschiedenen Umlenkwinkeln und der Nebenkavität ist in Bild 3 abgebildet. Die Kavitätseinsätze, ausgehend von einer in allen Kavitäten identischen Mittellinie, wurden für Bauteildurchmesser von 1 mm und 2,8 mm, erstellt, um eine breite verfahrenstechnische Untersuchung der Technologie sicherzustellen. Ein Montagelement, das ohne ein zusätzliches Einlegeteil während des Formgebungsprozesses an der Medienleitung abgeformt wird, ermöglichte es, das Erzeugnis ohne weitere Montageschritte zu verwenden. Dieser Ansatz ist bei thermoplastischen Medienleitungen üblich und wurde für das Versuchswerkzeug auf das Silikonspritzgießen übertragen. Dadurch konnte in einem Prozessschritt das einsatzbereite Bauteil hergestellt werden. So lassen sich über die direkte Funktionsintegration Prozessschritte reduzieren und die Wirtschaftlichkeit steigern.

Bei der Werkzeug- und Injektorauslegung der PIT für LSR ist die geringe Viskosität der Formmasse während des Einspritzvorganges zu berücksichtigen. Für die Gasinjektion ohne Projektil ist daher ein aktiv abdichtender Injektor entwickelt worden [7]. Die Injektortechnik ist zudem durch den Verschluss des Injektors gekoppelt mit dem Verschluss der Nebenkavität für die GIT und PIT geeignet. Um einen geringen Fertigungsaufwand der hochpräzisen aktiven Injektoren zu realisieren, beschränkte sich der Aufbau auf eine radialwirkende Injektorkappe, die durch die Kavitätsplatte in die Trennebene ragt und mit einer Nadel verschlossen wird (Bild 4). Die kompaktere Bauweise des entwickelten Injektors und der Radialinjektoren erweist sich als Vorteil. Zur Positionierung eines kugelförmigen Projektils ist ein kegeliger Sitz auf dem Injektor eine gängige Lösung in der Thermoplastverarbeitung. Dieser wurde für die LSR-Verarbeitung übernommen (Bild 4), da es eine kostengünstige und reproduzierbare Art der Projektilpositionierung ist.

Bild 4: Injektorkonzept mit kegeligem Projektilsitz (Bildquelle: IKV)

Bild 4: Injektorkonzept mit kegeligem Projektilsitz (Bildquelle: IKV)

Ein weiteres wesentliches Merkmal des Werkzeugkonzepts ist das Temperieren zur Vernetzung des LSR. Eine gleichmäßige Vernetzung über die gesamte Bauteillänge ist entscheidend, um Hohlräume mit einer homogenen Querschnittsverteilung herzustellen.

Der durch die Emde Industrietechnik, Oberbachheim, umgesetzte Lösungsansatz des Werkzeugheizkonzepts nutzt die hohe Wärmeleitfähigkeit von Kupfer (400 W/(m•K)) im Vergleich zu Werkzeugstahl (30 W/(m•K)) aus, um eine gleichmäßige Temperaturverteilung an der Kavität zu erreichen. Durch die Verschiebung der Heizpatronen an die kavitätsferne Seite der Heizplatten wurde für die Kavität eine gleichmäßige Temperaturverteilung erreicht (Bild 5).

Verfahrensuntersuchungen zur Fluidinjektionstechnik

Bild 5: Schließseitiger Werkzeugaufbau und Aufheizvorgang auf 180 °C (BIldquelle: IKV)

Bild 5: Schließseitiger Werkzeugaufbau und Aufheizvorgang auf 180 °C (BIldquelle: IKV)

Grundsätzlich stehen verschiedene Formulierungen von LSR-Typen zur Verfügung, die sich insbesondere in der Vernetzungskinetik und den Verarbeitungstemperaturen unterscheiden. Für die Untersuchungen wird ein Standardtyp eines Zweikomponenten LSR für allgemeine Spritzgießanwendungen (Silopren 2040) und ein schnell vernetzendes Zweikomponenten LSR (Fast Cure, Silopren 2640), beide von Momentive Performance Materials, Leverkusen betrachtet. Die Fast Cure Type Silopren 2640 verfügt mit einer niedrigeren Viskosität, höherem Weiterreißwiderstand und insbesondere einer höheren Reaktivität zur Vernetzung im Vergleich zu Silopren 2040 [10]. Um den Einfluss der Prozessparameter zu beurteilen, wurden die Restwanddickenverteilung als primäres Qualitätskriterium sowie die Fließweglängen der Projektile bei der PIT verwendet.

Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse sind mit einem Kavitätsdurchmesser von 2,8 mm durchgeführt worden. Als Projektile sind Edelstahlkugeln mit Durchmessern von 1,5 mm und 1,75 mm zum Einsatz gekommen. Weiterhin wurde der Prozess auch ohne Projektile, dass heißt die GIT betrachtet, wobei immer Stickstoff als Treibfluid verwendet wurde. Die Prozessuntersuchungen wurden mit jeweils an das verwendete Material angepassten Verzögerungszeiten, Injektionsdrücken von 10 bar und 30 bar sowie Werkzeugwand-Temperaturen von 135 °C, 150 °C und 165 °C durchgeführt. Die Verzögerungszeiten bei Silopren 2640 sind 1 s, 2,5 s und 4 s und bei Silopren 2040 3,5 s, 4,5 s und 5,5 s für 165 °C Werkzeugwand-Temperaturen bzw. 6,5 s, 7,5 s und 8,5 s bei 150 °C.

Ergebnisse der Projektil-Injektionstechnik

In Bild 6 sind die Fließweglängen für Silopren 2640 und Silopren 2040 für den Einsatz von 1,5 mm und 1,75 mm Projektilen dargestellt. Für das schnellvernetzende Silopren 2640 zeigt sich beim Einsatz eines kleineren Projektils von 1,5 mm Durchmesser, dass nur sehr kurze Fließweglängen erzielt werden können. Tendenziell zeigt sich bei einer längeren Verzögerungszeit von 2,5 s und einem geringeren Injektionsdruck von 10 bar eine kürzere Fließweglänge im Vergleich zu einem höheren Injektionsdruck und kürzeren Verzögerungszeiten. Mit einem größeren Projektil von 1,75 mm ergibt sich ein deutlich längerer Fließweg von ca. 42 mm. Bei der Betrachtung des Standardmaterials (Silopren 2040) ist eine deutliche Abhängigkeit von der Verzögerungszeit bei sonst konstanten Prozesseinstellungen festzustellen. Es zeigt sich, dass bei einer längeren Verzögerungszeit von 5,5 s ein längerer Fließweg von ca. 50 mm erreicht wird als bei einer Verzögerungszeit von 3,5 s (ca. 25 mm). Bei einer Verzögerungszeit von 8,5 s und 150 °C Werkzeugwand-Temperatur wird das Bauteil vollständig als Hohlkörper hergestellt.

Bild 6: Fließweglängen der Projektile in Abhängigkeit von Prozessparametern und Projektildurchmesser für Silopren 2640 und Silopren 2040 (BIldquelle: IKV)

Bild 6: Fließweglängen der Projektile in Abhängigkeit von Prozessparametern und Projektildurchmesser für Silopren 2640 und Silopren 2040 (BIldquelle: IKV)

In allen Bauteilen beider Materialien zeigt sich, dass die Projektile in der kontinuierlich vernetzenden Restwand stecken bleiben und das Treibfluid die Projektile überholt. Die Vernetzungsgeschwindigkeit der Restwand führt zu einem sehr engen Prozessfenster, welches für einen Projektildurchmesser optimal ist. Ein bestimmter Vernetzungsgrad der Restwand ist nötig, um ein Überholen des Treibfluides zu verhindern und gleichzeitig muss der Injektionsdruck genug Kraft auf das Projektil ausüben, um den Fließwiderstand durch die Reibung an der Bauteilwand und die unvernetzte Seele zu überwinden.

Ergebnisse der Gasinjektionstechnik

Bei der Verwendung der Gasinjektionstechnik ergibt sich für das Silopren 2640 über alle Prozesspunkte eine Verteilung der Restwanddicke (RWD) von minimal ca. 0,15 mm am Innenradius der 135°-Umlenkung und maximal ca. 0,8 mm am Außenradius der der 135°-Umlenkung bei langer Verzögerungszeit von 4 s und niedrigem Injektionsdruck von 10 bar. Die Innendurchmesser ergeben sich zu minimal ca. 1,4 mm bei hohen WerkzeugwandTemperaturen (165 °C) und langer Verzögerungszeit von 4 s. Die größten Durchmesser von ca. 2 mm werden bei niedrigen Werkzeugwand-Temperaturen (150 °C) und kurzer Verzögerungszeit von 1 s erreicht. Der Injektionsdruck beträgt jeweils 30 bar.

Bild 7: Restwanddickenverteilung an der 90°-Umlenkung, Fließwegposition 4 (links) und der anschließenden Gerade, Fließwegposition 5 (rechts) bei einem Injektionsdruck von 30 bar in Abhäng-igkeit der Werkzeugwand-Temperatur und der Verzögerungszeit (Bildquelle: IKV)

Bild 7: Restwanddickenverteilung an der 90°-Umlenkung, Fließwegposition 4 (links) und der anschließenden Gerade, Fließwegposition 5 (rechts) bei einem Injektionsdruck von 30 bar in Abhäng-igkeit der Werkzeugwand-Temperatur und der Verzögerungszeit (Bildquelle: IKV)

In Bild 7 sind beispielhaft die Restwanddicken für die 90°-Umlenkung (links) und die anschließende Gerade (rechts) dargestellt. Generell steigt die Restwanddicke bei zunehmender Verzögerungszeit, da die Vernetzung weiter fortgeschritten ist. An der 90°-Umlenkung ist die RWD des Innenradius (Wandposition 0°) grundsätzlich geringer als am Außenradius, da das Treibfluid den Weg des geringsten Widerstandes wählt. Ein Einfluss der Werkzeugwand-Temperatur auf die RWD ist am Innenradius nicht signifikant. Am Außenradius ergibt sich eine Tendenz zu geringerer RWD bei höherer Werkzeugwand-Temperatur und gleicher Verzögerungszeit.

Bild 8: Exzentrizität an den Bauteilumlenkungen bei einem Injektionsdruck von 30 bar für Silopren 2640 (Bildquelle: IKV)

Bild 8: Exzentrizität an den Bauteilumlenkungen bei einem Injektionsdruck von 30 bar fürSilopren 2640 (Bildquelle: IKV)

Bei Verzögerungszeiten von 1 s zeigt die RWD sowohl in der Umlenkung, als auch in der Gerade eine große Streuung. Dies ist auf eine unzureichende Vernetzung beziehungsweise den Beginn der Vernetzung zurückzuführen. Im geraden Abschnitt zeigt sich, dass erst bei fortgeschrittener Vernetzung, d. h. höherer Werkzeugwand-Temperatur und längerer Verzögerungszeit eine gleichmäßige RWD-Verteilung vorliegt. Die Prozessparameter mit geringerem Vernetzungsgrad lassen eine Beeinflussung der RWD durch die vorherige Umlenkung und den daraus resultierenden Strömungszustand des Treibfluids zu. Dass heißt, eine starke Ablenkung des Treibfluids in der Umlenkung zum Innenradius ist bis zum Messpunkt 5 nicht wieder zentriert, wie beispielsweise bei 165 °C und 1 s Verzögerungszeit. Die mit GIT hergestellten Bauteile sind grundsätzlich vollständig ausgeformt.

Neben der RWD ist auch die Exzentrizität des Hohlraumes gegenüber der Außenkontur betrachtet worden. Die in Bild 8 dargestellten mittleren Exzentrizitäten zeigen die Ablenkung bei  einem Injektionsdruck von 30 bar bei 135 °C und 165 °C Werkzeugwand-Temperatur für den LSR-Typ Silopren 2640. Die mittlere Exzentrizität ist bei niedrigen Werkzeugwand-Temperaturen von 135 °C geringer im Vergleich zu hohen Werkzeugwand-Temperaturen. Des Weiteren nimmt die Exzentrizität mit zunehmendem Umlenkwinkel insbesondere für hohe Temperaturen zu. Eine Verzögerungszeit von 2,5 s erzeugt unabhängig der Temperatur einen gleichmäßigeren Verlauf des Hohlraumes über den gesamten Fließweg. Für kurze und lange Verzögerungszeiten sind unterschiedliche Gründe für die erhöhte Exzentrizität ursächlich. Die kurzen Verzögerungszeiten erzeugen einen größeren Durchmesser der unvernetzten Formmasse in der Bauteilmitte, wodurch eine stärkere Ablenkung möglich ist. Der größere Anteil unvernetzter Formmasse hat jedoch nicht zur Folge, dass der gesamte unvernetzten Anteil ausgeräumt wird, da die Scherkraft des Treibfluids auf die Formmasse nicht groß genug ist, um sie vollständig zu verdrängen.

Die hohen Verzögerungszeiten führen zu einer größeren Restwanddicke und einer kleineren unvernetzten Bauteilseele, wodurch der wirkende Fluiddruck auf eine kleinere Querschnittsfläche wirkt. In der Folge sind die wandnahen Scherkräfte erhöht und ein exzentrisches Verdrängen der wandnahen Formmasse mit höherem Vernetzungsgrad ist möglich.

Fazit und Ausblick

Die Adaption der Fluidinjektionstechnik für Silikonformschläuche mit Durchmessern bis 2,8 mm im Bereich der Medizintechnik ist möglich. Die erfolgreiche Umsetzung der FIT erfordert jedoch Anpassungen der Werkzeug-, Injektor- und Prozesstechnik an die Verarbeitungseigenschaften des Materials und die geometrischen Dimensionen der Bauteile.
Die Injektortechnik berücksichtigt die Verarbeitung von Silikon hinsichtlich eines aktiven Verschlusses und einer radialen integrierten Bauweise, um insbesondere eine Vernetzung im Injektor zu verhindern. Durch den aktiven Verschluss des Injektors und einen kegelförmigen Gasauslass kann dieser auch als Projektilsitz für die PIT und als GIT-Injektor genutzt werden und stellt eine bauraumsparende Konstruktionsvariante für Miniaturinjektoren dar.

Mit der PIT konnten für einen langsamer vernetzenden LSR-Typ vollständig ausgeformte Hohlkörper (Durchmesser 2,8 mm) mit einer Fließweglänge von 95 mm hergestellt werden. Das schnellvernetzende Material zeigt eine große Abhängigkeit des Fließweges vom Projektildurchmesser. Mit der GIT konnten Innendurchmesser von 1,4 – 2 mm in Abhängigkeit der Prozessparameter realisiert werden.

Weitere Untersuchungen mit Außendurchmessern von 1 mm und der Betrachtung weiterer Materialien wie thermoplastischer Elastomere (TPU), wird in Zukunft die Prozessmöglichkeiten der Gas- und Projektilinjektionstechnologie für kleinste Hohlkörper mit etablierten Materialien in der Medizintechnik erweitern.

 

 

Das IGF-Forschungsvorhaben (18045N) der Forschungsvereinigung Kunststoffverarbeitung wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Allen Institutionen gilt unser Dank.
Einige der dargestellten Ergebnisse sind auf der VDI Tagung „Kunststoffe in der Medizintechnik“ vorgestellt worden [11].
Literatur
[1]    Wintermantel, E.; Ha, S.-W.: Medizintechnik. Life Science Engineering. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 2008
[2]    Ledig, B.: Silikone rubber in medical applications. Rubber World 246 (2012) 5
[3]    Tomayer, A.; Dupard, D.: Understanding Silikone, From Starts to Finished Device. European Medical Device Technology 2 (2011) 6
[4]    Piazzi, M.: Flexibilität nach Wunsch – Flexible Rohre mit WIT und PIT. In: Hopmann, Ch. (Hrsg.): Integrative Kunststofftechnik 2014. Aachen: Shaker Verlag, 2014
[5]    Hopmann, Ch.: Verfahrensentwicklung zur Projektil-Injektionstechnik (PIT). Abschlussbericht zum IGF-Forschungsvorhaben Nr. 16761 N, Institut für Kunststoffverarbeitung, RWTH Aachen 2013
[6]    Gründler, M.: Verfahrensuntersuchung der Projektil-Injektionstechnik (PIT). RWTH Aachen, Dissertation, 2013 – ISBN: 978-3-86130-57-6
[7]    Menges, G.; Michaeli, W.; Mohren, P.: Spritzgießwerkzeuge. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 2007
[8]    Wehr, H.: Fluidinjektionstechnik im Elastomerspritzgießprozess. RWTH Aachen, Dissertation, 2002 – ISBN: 3-89653-964-7
[9]    Michaeli, W.; Brunswick, A.; Pohl, T.C.: Gas oder Wasser? Spritzgießen von Hohlkörpern durch Fluidinjektion. Kunststoffe 89 (1999) 9
[10]    N.N.: Technical Datasheet Silopren 2640. Datenblatt, Momentive Performance Materials GmbH, Leverkusen. 2014
[11]     Hopmann, Ch., Kaltbeitzel, D.: Funktionalisierte Mikroformschläuche Projektil-Injektionstechnik für Flüssig-Silikonkautschuk. VDI Wissensforum Kunststoffe in der Medizintechnik, 27./28.4.2016, Friedrichshafen

ist Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen und Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV).

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter IKV an der RWTH Aachen, Aachen.

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Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)an der RWTH Aachen

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