Ein entscheidender Faktor für das Optimieren und Überwachen des Prozesses sowie der Produktion ist der Druckverlauf, welchen das Prozessüberwachungssystems veranschaulicht und auszuwerten hilft.

Ein entscheidender Faktor für das Optimieren und Überwachen des Prozesses sowie der Produktion ist der Druckverlauf, welchen das Prozessüberwachungs-Systems veranschaulicht und auszuwerten hilft. (Bild: Kistler)

Um die von Gesetzgebern geforderte höhere Effizienz und geringere CO2­-Emission zu erreichen, sind Leichtbauwerkstoffe erforderlich. Denn: Je leichter die Automobile sind, desto weniger Kraftstoff verbrauchen sie. Bis 2030 müssen Automobilhersteller daher den Anteil an Leichtbauteilen im Fahrzeug von 30 auf 70 Prozent erhöhen, um die Flottenziele zu erreichen oder die Zunahme des Fahrzeuggewichts durch Elektroantrieb inklusive Batterie zu kompensieren. Faserverbundwerkstoffe bieten sich aufgrund ihrer hohen gewichtsspezifischen Festigkeit und Steifigkeit für die Anwendung in der Automobilindustrie für diese Aufgabe an. Das Gewicht einzelner Bauteile lässt sich durch CFK anstelle von Stahl um bis zu 30 Prozent reduzieren. Der zunehmende Einsatz im Automobilbereich und die damit steigenden Fertigungsstückzahlen erfordern allerdings automatisierte Herstellungsprozesse wie Resin Transfer Molding (RTM) oder Nasspressen. Um diese Prozesse stabil zu halten und deren Ablauf zu überwachen, eignen sich Werkzeuginnendruck-Sensoren. Sie unterstützen den Hersteller von CFK-Bauteilen, Prozesse zu optimieren, Ausschuss frühzeitig zu erkennen oder zu vermeiden.

Mit der Druckkurve erkennt der Anwender beispielsweise eine unzureichende Evakuierung der Form (Bereich unterhalb der X-Achse). Um diesen Effekt vollautomatisch zu überwachen und den Prozess noch vor dem Injizieren des Harzes zu stoppen, zieht der er ein Überwachungsfenster über die Druckkurve. Verschiebt sich diese aus diesem Fenster heraus, erkennt das System den Fehler und stoppt den Prozess. (Bildquelle: Kistler)

Mit der Druckkurve erkennt der Anwender beispielsweise eine unzureichende Evakuierung der Form (Bereich unterhalb der X-Achse). Um diesen Effekt vollautomatisch zu überwachen und den Prozess noch vor dem Injizieren des Harzes zu stoppen, zieht er ein Überwachungsfenster über die Druckkurve. Verschiebt sich diese aus diesem Fenster heraus, erkennt das System den Fehler und stoppt den Prozess.(Bildquelle: Kistler)

Die Produktion einer Leichtbau-Motorhaube überwachen

Die Bedeutung der Qualitätsüberwachung lässt sich anhand einer Motorhaube veranschaulichen, die im Hochdruck-RTM-Verfahren (HD-RTM) entsteht. Bei diesem Prozess kommen besonders schnell aushärtende Harze zum Einsatz, um die Zykluszeiten im Vergleich zum normalen RTM-Prozess zu verkürzen. Dies bedingt allerdings ein schnelleres Füllen der Form, das daher meist unter hohem Druck erfolgt. Die Drücke in der Form erreichen bis zu 150 bar.

Da eine Motorhaube ein relativ schweres Bauteil ist, bietet sie viel Potenzial, um mittels Leichtbau Gewicht einzusparen. Allerdings sind die Anforderungen hoch, die eine Motorhaube erfüllen muss: Da es sich um eine Class-A-Fläche handelt, muss die Oberflächenstruktur einwandfrei sein. Zugleich müssen die mechanischen Eigenschaften der Motorhaube erhalten bleiben. Außerdem verlangen die hohen Produktions- und Materialkosten für die Motorhaube, Fehler frühzeitig zu identifizieren. Die Prozessüberwachung mittels Werkzeuginnendruck-Sensoren ermöglicht es, Mängel während der Produktion zu erkennen und somit ein Weiterverarbeiten von Fehlteilen zu vermeiden. Der Messtechnik-Hersteller Kistler, Winterthur, Schweiz, bietet dafür die gesamte Messkette vom Sensor über die Anschlusstechnik bis zum Überwachungssystem.

Ein entscheidender Faktor für das Optimieren und Überwachen des Prozesses sowie der Produktion ist der Druckverlauf, welchen das Prozessüberwachungs-Systems Comoneo veranschaulicht und auszuwerten hilft. Die charakteristischen Prozessphasen wie Evakuieren, Füllen und Aushärten lassen sich in der Druckkurve gut erkennen. Anomalien weisen auf Produktionsfehler der Motorhaube hin. Das Erfassen und Aufzeichnen des Drucksignals ermöglicht zudem das Rückverfolgen der erzeugten Bauteile. Die Druckkurve ist daher ein unverzichtbares Werkzeug für die Produktionsoptimierung sowie für die Qualitätssicherung.

Die charakteristischen Prozessphasen, wie Evakuieren (1), Füllen (2 3), und Aushärten (4), lassen sich in der Druckkurve gut erkennen. Anomalien weisen auf Produktionsfehler hin. (Bildquelle: Kistler)

Die charakteristischen Prozessphasen, wie Evakuieren (1), Füllen (2+3), und Aushärten (4), lassen sich in der Druckkurve gut erkennen. Anomalien weisen auf Produktionsfehler hin.(Bildquelle: Kistler)

Qualitätskontrolle im HD-RTM Prozess durch Werkzeug-Innendruckmessung

Das Evakuieren der Form ist die erste Prozessphase. Die Höhe und Konstanz des Unterdrucks sind ausschlaggebend für eine luftblasenfreie Motorhaube. Ein zu schwacher oder nicht konstant wirkender Unterdruck lässt auf ein undichtes Werkzeug schließen. Dadurch ist viel Luft in der Form, was zu Lufteinschlüssen in der fertigen Motorhaube führen kann. Mit der Druckkurve erkennt der Anwender die unzureichende Evakuierung der Form. Um diesen Effekt vollautomatisch zu überwachen und den Prozess noch vor dem Injizieren des Harzes zu stoppen, zieht der Anwender ein Überwachungsfenster über die Druckkurve. Verschiebt sich diese aus diesem Fenster heraus, erkennt das System den Fehler und stoppt den Prozess – bevor ein minderwertiges Teil produziert wird. Das spart dessen Materialkosten.

Die Prozessüberwachung mittels Werkzeuginnendrucksensoren ermöglicht es, Mängel während der Produktion zu erkennen und somit ein Weiterverarbeiten von Fehlteilen zu vermeiden. (Bildquelle: Kistler)

Die Prozessüberwachung mittels Werkzeuginnendruck-Sensoren ermöglicht es, Mängel während der Produktion zu erkennen und somit ein Weiterverarbeiten von Fehlteilen zu vermeiden.(Bildquelle: Kistler)

In der zweiten Prozessphase wird das Harz-Härtergemisch injiziert und der Preform imprägniert. Sobald das Harz die Sensorposition erreicht, steigt der Werk­zeuginnendruck kontinuierlich an. Dies bildet den stetig steigenden Fließwiderstand ab, welchen das Harz beim Umspülen des Preforms überwindet. Die Steigung der Druckkurve während der Füllphase hängt von der Permeabilität des Preforms ab. Abweichungen vom normalen Druckgradienten weisen daher unter anderem auf eine andere Zusammensetzung des Preforms, auf eine andere Orientierung einzelner Lagen oder auf Fremdkörper in der Form hin. Auch hier dienen spezielle Überwachungsfenster dazu, den Referenz-Druckanstieg einzuhalten. Beim Rückführen der Bewertungsergebnisse an die Mischeinheit ist ein Nachregeln des Injektionsdrucks möglich.

Zum Zeitpunkt der vollständigen Füllung der Form beginnt Phase 3. Dann steigt der Druckgradient drastisch an. Aufgrund der großflächigen Bauteile und den inkompressiblen Harzen kann dies zum Öffnen der Formhälften führen. Dies verursacht eine abweichende Bauteilwandstärke oder im schlimmsten Fall ein Austreten des Harzes. Eine Druckschwelle auf dem Werkzeuginnendruck-Signal bemerkt den Druckanstieg schnell und meldet der Mischpumpe, vom hohen Injektionsdruck zu einem geringeren Haltedruck überzugehen.

In der vierten und letzten Phase des HD-RTM-Prozesses steht das Aushärten des Harz-Härter-Systems im Mittelpunkt. Die Werkzeuginnendruck-Kurve unterliegt hier teils starken Zyklusschwankungen, die hauptsächlich durch das verwendete Harz und dessen Aushärtungseigenschaften hervorgerufen werden. Generell ist das teils abrupte und starke Abnehmen des Drucks in der Form ein Zeichen für die einsetzende Volumenschwindung des Harzes. Der Zeitpunkt dieses Knicks in der Druckkurve hängt vom verwendeten Harz ab und lässt auf das korrekte Mischungsverhältnis des Harzsystems schließen. Er ist damit ein entscheidender Faktor für die Qualität des Bauteils. Auch dieser Knick kann mit einem Überwachungsfenster kontrolliert werden.

Branchenzahlen

Der Markt für Leichtbauteile wächst

Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company prognostiziert einen starken Anstieg des Jahresumsatzes für Zulieferindustrie und Anlagenbau mit Leichtbauteilen aus hochfestem Stahl, Aluminium und carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK). Je nach Rohstoff-Preisentwicklung dürfte dieser bis 2030 von ca. 70 Mrd. EUR auf mehr als 300 Mrd. EUR wachsen. Für den Einsatz von Faserverbundstoffen alleine sagt die Studie ein Wachstum von über 5 Prozent voraus.

Marius Mützel
(Bild: Kistler)

ist Product Manager bei Kistler in Winterthur, Schweiz. Telefon: +41 52 2241 228 E-Mail: marius.muetzel@kistler.com

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