Auf viele in diesem Jahr angesprochene Trends wurde schon in der Vergangenheit hingewiesen. Sie gelten weiterhin. So soll, wie Arburg berichtet, „die Effizienz der Spritzteilproduktion durch Funktionsintegration weiter gesteigert“ werden. „Dazu zählen einerseits der Herstellprozess, um etwa durch das Verketten einzelner Produktionsschritte direkt zu baufertigen Artikeln zu gelangen, andererseits aber auch die Produkte selbst, um etwa durch die Mehrkomponententechnik gezielt Materialien für funktionelle Bauteile miteinander zu kombinieren.“

Ein Beispiel dazu ist das von Ferromatik Milacron angesprochene Barriere-spritzgießen. Damit „können Verpackungen aus Kunststoff mit Sperr-Eigenschaften bei größerer Gestaltungsfreiheit hergestellt werden. Beim Barrierespritzgießen werden die Systemkomponenten der Anlage so gesteuert, dass die beiden in den Spritz-Aggregaten erzeugten Kunststoffschmelzen über den Heißkanal und die Verschlussnadeltechnik überlagert werden und im Formwerkzeug zu einer Barriereverpackung erstarren.“

Engel sieht in der Prozess-Integration einen schon lange andauernden Trend, „der zu mehr Effizienz, Sicherheit und Qualität führt.“ Allerdings „muss dieser Trend inzwischen diversifiziert betrachtet werden. Es geht nicht mehr alleine darum, dem Spritzguss vor- und nachgelagerte Prozess-Schritte zu integrieren, sondern auch unterschiedliche Prozesstechnologien miteinander zu kombinieren.“ Als Beispiel werden das MuCell-Schaumspritzgießen und das variotherme Spritzgießverfahren genannt, deren Kombination „erstmalig Dünnwandteile mit einer sehr hochwertigen Oberfläche und gleichzeitig exzellenten Wiedergabe von Feinstrukturen in einem einzigen Spritzgießschritt“ ermöglicht. Auch Wittmann Battenfeld spricht die Kombination der Strukturschaumtechnik mit physikalischer Begasung der Kunststoffschmelze mit der variothermen Temperaturführung an und verweist auf den daraus resultierenden Nutzen in Form leichter Teile, die trotz Schaumstruktur als Sichtteile verwendbar sind, bei denen eine eventuell sonst notwendige Lackierung entfallen kann.

Eine über das Spritzgießen hinausgehende Verfahrenskombination ruft Arburg nochmals in Erinnerung, mit der im Bereich des Leichtbaus multifunktionale Bauteile in einem Arbeitsschritt erzeugt werden können: das Partikelschaum-Verbundspritzgießen. Zur „optimalen Produktion von dünnwandigen Teilen oder Teilen mit langen Fließwegen“ setzt Dr. Boy die Differential-Einspritztechnik ein. Diese ist wahlweise zuschaltbar und ermöglicht dem Anwender, „die Spritzeinheit optimal an das Werkzeug anzupassen“, um so „einerseits ein schnelles Einspritzen für dünnwandige Teile oder andererseits sehr hohe Spritzdrücke für schwierig zu füllende Formgeometrien“ zu realisieren.

Auch der Einsatz von Organoblechen ist nach wie vor ein Thema, wie Arburg und Wittmann Battenfeld darlegen, um vor allem Leichtbauteile zu fertigen, die von der Automobilindustrie im Hinblick auf die E-Mobilität gefordert werden. Zum Einsatz kommt beispielsweise das Langfaser-Direktspritzgießen mit Inline-Zuführung, wodurch noch längere Fasern als bisher eingebracht werden können, was Spritzgussteile mit dünneren Wanddicken und hoher Festigkeit ermöglicht.
Modularität im Aufbau der Spritzgießmaschinen ist nach wie vor ein wesentliches Thema, laut Arburg, Dr. Boy und Ferromatik Milacron, weil nach Arburg „eine individuelle und ganz exakt für die jeweilige Anwendung passende Auslegung“ möglich wird.

Ferromatik Milacron sieht durch die Modularität „unterschiedlichste und vor allem schnell wechselnde Anforderungen an die in der laufenden Produktion benötigte Maschinentechnik“ erfüllt. Die auf diese Weise „universell einsetzbaren Maschinen werden aufwändigen Spezialmaschinen vorgezogen“, wie Dr. Boy feststellt. Sie „gewährleisten trotz eines hohen Automatisierungsgrades eine schnelle Umrüstbarkeit und eine schnelle Anpassbarkeit an sich ändernde Marktgegebenheiten.“ So stellen „kleine Spritzaggregate, die einfach und flexibel an eine Standard-Spritzgießmaschine angedockt werden können, eine interessante Ausweitung der Maschinenflexibilität dar“, indem sie „die Möglichkeit bieten, einen vorhandenen Maschinenpark projektbezogen auf Mehrkomponententechnik zu erweitern.“ Nach Engel „verstärkt sich der Trend zur höheren Produktivität pro Quadratmeter Fertigungsfläche rapide. Der Stellflächenbedarf ist inzwischen ein wichtiger Effizienz- und Kostenfaktor.

Die Prozess-Integration, die ganze Arbeitsschritte und damit auch einzelne Anlagen überflüssig macht, erlaubt in vielen Fällen sehr kompakte Fertigungszellen. Ein weiterer Schlüssel zu kompakten Fertigungszellen liegt im Design der Spritzgießmaschinen. Vorteile bieten hier zum Beispiel holmlose Spritzgießmaschinen. Da sich die Werkzeug-Aufspannflächen bis an den Rand vollständig ausnutzen lassen, passen große, sperrige Werkzeuge auf vergleichsweise kleine Spritzgießmaschinen. So können zum Beispiel bei Mehrkomponenten-Anwendungen mit großen Werkzeugen, aber einem vergleichsweise kleinen Schließkraftbedarf, in vielen Fällen kleinere Spritzgießmaschinen eingesetzt werden. Zudem ermöglicht die holmlose Schließeinheit die Integration von Robotern, Förderbändern und weiterer Peripherie auf engem Raum.“

Weitere Trendthemen sind nach Engel die Ergonomie und die weitere Vereinfachung der Steuerungstechnik. Die vereinfachte Steuerungstechnik trägt dem Umstand Rechnung, dass die Fertigungsprozesse durch Prozess-Integration und Automatisierung, die wichtige Schlüssel für eine hohe Effizienz sind, immer komplizierter werden. Die Bedienung derart hoch integrierter und automatisierter Fertigungsprozesse „wird einfacher, komfortabler und sicherer.“
Wittmann Battenfeld berichtet zur Maschinentechnik von einem „Trend zu höchst verschleißgeschützten Plastifiziersystemen, ausgelöst durch die Forderung nach immer höherwertigen verstärkten Kunststoffen als Ersatz für Metalle.“

Zur Antriebstechnik stellt Engel fest, dass die Art der Antriebe, ob „hydraulisch, hybrid oder vollelektrisch, nicht länger eine Frage der Unternehmensphilosophie oder alleine der Energie-Effizienz ist, sondern der individuellen Anforderungen des Verarbeitungsprozesses und der gewünschten Produktqualität. Was zählt, ist die Gesamt-Effizienz.“ Weiter führt Engel aus, dass „für die Produktion technischer Teile nach wie vor die hydraulische Maschine die erste Wahl ist, allerdings ausgestattet mit einer energie-effizienten Antriebstechnik. Servopumpen-Antriebstechnik kann die Antriebsenergie um bis zu 70 Prozent reduzieren. Bei der Herstellung technischer Teile wird hierbei oft bereits das Niveau von vollelektrischen Maschinen erreicht.

Ein weiterer Trend ist, dass sich im Bereich von Hochleistungs-Anwendungen in der Verpackungsindustrie vollelektrische Maschinen immer stärker etablieren. Mit Zykluszeiten von deutlich unter drei Sekunden und Einspritzgeschwindigkeiten von mehr als 500 mm/s verbinden die Maschinen der jüngsten Generation höchste Leistungen mit maximaler Energie-Effizienz.“ Auch Wittmann Battenfeld erkennt bei hydraulischen Maschinen einen „zunehmend starken Trend hin zu Servoantrieben“, die „neben der Energie-Einsparung Geräuscharmut und Präzision als Vorteile“ bieten.

Ferromatik Milacron und LWB Steinl sprechen von einem „Ersatz der bisher verwendeten Regelpumpen durch servomotorisch angetriebene Festhubpumpen wie zum Beispiel Innenzahnradpumpen.“ Diese Umstellung ist nach Ferromatik Milacron nach wie vor ein klarer Trend, da diese Antriebsart „gerade bei hydraulischen Maschinen nur Energie verbraucht, wenn Leistung gefordert wird.“ Dr. Boy begründet den Einsatz „hocheffizienter servomotorischer Pumpenantriebe“, die in hochdynamischer Weise „nicht nur die Geschwindigkeits-, sondern auch die Druckregelung im closed loop übernehmen“, damit, dass sie energieeffizient arbeiten und die Stromnetze weniger belasten. „Dies ist äußerst wichtig für die „Peak + Belastung“ und somit für die Höhe der Stromkosten.“ Schon im vergangenen Jahr berichtete Dr. Boy in diesem Zusammenhang von „Energie-Einsparungen, die je nach Anwendung und Zykluszeit über 50 %“ betragen und in Kombination mit einer neu entwickelten Plastifizier-Einheit bis zu 70 % betragen können. „Darüber hinaus werden Präzision und Dynamik erheblich verbessert.“

Zur Bedeutung des Trends, Energie-Effizienz zu realisieren, verweisen Dr. Boy und Ferromatik Milacron auf ein Label von Euromap, das zur Vergleichbarkeit des Energiebedarfs von Maschinen verschiedener Hersteller dient. Grundlage für die Klassifizierung ist der spezifische Energieverbrauch in kWh je kg Formmasse, der zu einer Einstufung zwischen 1 und 10 nach Euromap 90/Euromap 60.1 führt. Dr. Boy gibt für eine ihrer Spritzgießmaschinen mit 1.000 kN Schließkraft einen Energieverbrauch von 0,26 bis maximal 0,31 kWh/kg Material an, was einer Klassifizierung von 9+ nach Euromap 90/Euromap 60.1 entspricht. Die Betrachtung der Gesamt-Effizienz steht auch bei Arburg im Vordergrund, wie den schon im vergangenen Jahr erfolgten Mitteilungen zu entnehmen ist. Auch Engel sieht die Gesamt-Effizienz als vorrangiges Kriterium bei der Auswahl der Antriebsart.

Mehrkomponenten-Anwendungen, der Einsatz von Hochleistungs-Thermo-plasten und die Individualisierung und Steigerung der Wertigkeit der Produkte durch Oberflächen-Effekte, Materialkombinationen oder Kennzeichnungen sind derzeit sich verstärkende Trends, auf die Dr. Boy und Ferromatik Milacron hinweisen. Ein steigendes Potenzial für die Kunststoffverarbeitung sieht Arburg in der Medizintechnik, hervorgerufen „durch die demographische Entwicklung in vielen westlichen Ländern sowie durch neue Materialien wie etwa Cyclo-Olefin-Polymer (COP) als Glasersatz für vorgefüllte Spritzen.“ Die Kombination aus Kunststoff, Elektronik und Textil zum Verbundbauteil führt Wittmann Battenfeld an. Dies „bietet neue Möglichkeiten hinsichtlich Bauteilverstärkung und Funktions-Integration. Textilien mit aufgebrachter Sensorik dienen dabei als Träger für das Umspritzen mit Kunststoff.“

Durch den automobilen Leichtbau rechnet Engel weiterhin mit starken Wachstums-Impulsen. „In Hochleistungsprodukten, zum Beispiel für den Flugzeugbau, haben sich gerichtete Fasersysteme bereits etabliert. Damit Composite-Werkstoffe auch in Massen-Anwendungen noch breiteren Einsatz finden, besteht die größte Herausforderung derzeit darin, Verarbeitungsprozesse zu entwickeln, die auch bei hohen Stückzahlen niedrigste Stückkosten ermöglichen. Hierfür bieten Spritzgießtechnologien ein besonders großes Potenzial.“ Dr. Boy hält Zwei-Platten-Schließsysteme für besonders geeignet zum Einsatz in Reinraum-Anwendungen und verspürt dazu einen eindeutigen Trend. Vorteil ist die mit Zwei-Platten-Systemen erreichbare Minimierung des Reinraumbereichs. Engel verweist darauf, dass ein zunehmender Prozessintegrationsgrad das Risiko für Kontamination sinken lässt, da weniger Handling-Prozesse notwendig sind.

Werner Hoffmanns

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