Elastisch wie Gummi und heimkompostierbar

Der heimkompostierbare Kunststoff aus Milchprotein mit elastomeren, thermoplastischen oder duroplastischen Eigenschaften kann mit den üblichen Verfahren bei relativ niedrigen Temperaturen verarbeitet werden. (Bild: Qmilch)

Das Polymer wird aus dem Milchprotein Kasein hergestellt. Qmilch Deutschland, Hannover, ist Inhaber dieser Technologie und bietet mit über 2.000 Rezepturen viele unterschiedliche Modifikationen von thermoplastischen, elastomeren, aber auch duroplastischen Eigenschaften für diverse Anwendungen. Das Kasein wird aus Rohmilch hergestellt, die nicht mehr verkehrsfähig ist und nach gesetzlichen Regelungen nicht als Lebensmittel verwendet werden darf. Von dieser Rohmilch werden 1,9 Mio. t jährlich allein in Deutschland entsorgt.

Die entsorgte Milch enthält aber immer noch wertvolle Bestandteile und ist ein äußerst kostbarer Rohstoff, der großes Potenzial für technische Zwecke bietet. Die Prozesstemperatur bei der Herstellung des Polymers liegt unter 100 °C, Wasser wird dabei als primärer Weichmacher verwendet. Für die Herstellung von einem Kilogramm des Polymers werden nur fünf Minuten und maximal zwei Liter Wasser benötigt. Es entstehen keine Abfälle und die niedrigen Prozesstemperaturen ermöglichen einen energieeffizienten Prozess. Das Polymer ist amorph, kann aber dennoch thermoplastisch aufgeschmolzen werden. Es besteht die Möglichkeit, dass sich mit Hilfe der Proteine kristalline Bereiche bilden. Dies ist allerdings noch wissenschaftlich nachzuweisen.

Antibakteriell und selbstlöschend

Herausragend sind die antibakteriellen Eigenschaften des Materials, welches sogar das Bakterienwachstum von Staphyloccous aureus und E. coli hemmt und somit eine ökologische Alternative zu möglichen Bakteriziden darstellt. Die Type Qmilk Bio eignet sich dank einer sehr guten antibakteriellen Wirksamkeit als Lebensmittelverpackung, ist wiederverwertbar und vollständig heimkompostierbar. Die Variante Qmilk Chem besitzt die natürlichen Eigenschaften eines Flammschutzmittels, ist selbstlöschend und zeichnet sich durch ihre Festigkeit und einen hohen Vernetzungsgrad aus.  Durch Copolymerisation ermöglicht die Type Qmilk Tech die Verbesserung der physikalischen und mechanischen Eigenschaften von konventionellen Polymeren, besonders von EVA , LDPE, PP und Kautschuk. Das Material ist elastisch und kann mit Zusatzstoffen verstärkt werden.

Die Grundfarbe des Polymers ist milchweiß, obwohl auch bei dünnen Folien eine gewisse Durchsichtigkeit erzielt werden kann. Aufgrund der hohen Farbbrillianz des Kaseins sind die Möglichkeiten zum Einfärben unbeschränkt. Das Polymer besitzt eine vergleichsweise geringe Dichte mit 1,17 g/cm³ und eine Temperaturbeständigkeit – je nach Rezeptur und Vernetzungsgrad – von 200 bis 300 °C. Das Material ist chemisch beständig, vor allem gegen Ethanol, Aceton, Methanol, Kraftstoffe und Öle, schwache Säuren, Alkalien und Mineralien, aber auch Peroxide, Ketone, Phosphorsäure- und Carbonsäureester. Erhältlich ist es als kugelförmiges Granulat, als Faser oder auch als Pulver.

Durch die niedrigen Verarbeitungstemperaturen sind beachtliche Energieeinsparungen möglich und diese beeinflussen die Ökobilanz des Polymers zusätzlich positiv. Das Prozessfenster bewegt sich im Temperaturbereich von 70 bis 140°C – abhängig vom Verarbeitungsverfahren. Der Temperatureinsatzbereich des Produkts liegt zwischen -30 und 140°C.

Das Polymer kann mit den üblichen Verfahren wie Spritzguss-, Folien- oder Profilextrusion, Tiefziehen sowie Spinn- und 3D-Printverfahren verarbeitet werden. Einsatzmöglichkeiten finden sich zum Beispiel als antibakterielles Spielzeug für Kinder, Lebensmittelverpackungen, Hygieneverpackungen, als auch für Anwendungen in technischen Bereichen. Auch als Verbundwerkstoff bietet das Material neue Möglichkeiten. Eine Verbesserung der Eigenschaften erreicht es als Bindemittel. Auch für Schaumformulierungen kann es eingesetzt werden.
Im Technikum des Herstellers mit Extrudern, Spinnanlage, Blasfolienanlage, Spritzgießmaschine und 3-D Printer können kundenspezifische Produktentwicklungen getestet werden. Anwender unterschiedlicher Branchen, zum Beispiel Lebensmittelverarbeitung oder Hersteller Technischer Produkte, testen derzeit Möglichkeiten, konventionelle Werkstoffe durch das Bio-Polymer zu ersetzen.

 

Autor

Anke Domaske
ist Geschäftsführerin der Qmilch Deutschland, Hannover
info@qmilk.eu

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