Produktionseffizienz hängt an vielen Einflussfaktoren

Um produktionseffizient arbeiten zu können, müssen verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Sie gilt es in Einklang zu bringen. (Bild: sittinan - Adobe Stock)

Produktionseffizienz bedeutet, mit möglichst wenig Ressourcen qualitativ hochwertige, funktionale und viele Produkte herzustellen. Sie ist ein Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit – und mehr als ein Rechenexempel. Soweit so gut. Wie sie gelingen kann, versuchte der Plastverarbeiter in mehreren Expertengesprächen zu klären. Die Ergebnisse: viel Potenzial liegt in der Kommunikation, sei es in einer ausführlichen Beratung durch den Maschinenhersteller, im frühen Einbinden aller Projektpartner durch ein offenes und kommunikatives Arbeiten oder auch in der internen Mitarbeiter-Kommunikation der Verarbeiter selbst sowie in der fachübergreifenden Zusammenarbeit. Ressourceneffizienz im Sinne von Ausschussminimierung aber auch Rezyklat-Einsatz rangierte noch vor der Energieeffizienz einer Maschine oder Anlage.

Mehr als nur Marketingzweck?

Im Spannungsfeld von Zukunftsthemen wie Klimaneutralität und Nachhaltigkeit ist die Produktionseffizienz in ihren Spielarten Energieeffizienz, Rohstoffeffizienz, Ressourceneffizienz, aktuell wie nie. Blickt man jedoch auf die vergangenen Messejahre mit Fakuma, K-Messe und Co., so lag die Vermutung nahe, dass die Effizienz in welcher Form auch immer, vor allem zu Marketingzwecken verkaufsfördernd in den Vordergrund gestellt wurde. Denn für eine effiziente Produktion liegt auch nahe, dass sie nachhaltig ist. Und das wiederum nutzt dem Image und wirkt nachweislich absatzsteigernd. Schließlich hat Effizienz auch viel mit dem Einsatz von Ressourcen zu tun. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, führte die Redaktion des Plastverarbeiter Expertengespräche mit Fachleuten aus den einzelnen Arbeitsschritten entlang der Prozesskette, die das Thema Produktionseffizienz in der Kunststoffverarbeitung aufgriffen: Spritzgießen, Werkzeug- und Formenbau, Robotik- und Handling, Qualitätssicherung und Extrusion. Diskutiert wurden dabei die tatsächliche Umsetzung im Arbeitsalltag und der damit verbundenen Maßnahmen.

Wann ist überhaupt eine Produktion effizient?

„Produktionseffizienz liegt vor, wenn es – bei gegebener Ausstattung mit Produktionsfaktoren und gegebener Produktionstechnik – nicht möglich ist, die Produktionsmenge eines Gutes weiter zu erhöhen, ohne die Produktionsmenge zumindest eines anderen Gutes einzuschränken.“ – diese Definition entstammt der Betriebswirtschaftslehre und ist logisch, aber im Alltag eher schwierig umzusetzen. Maßnahmen für die Effizienz der eigenen Produktion müssen erst auf Basis einer solche Erklärung festgelegt werden. Zu Beginn der Expertengespräche galt es also den Begriff so zu definieren, dass er für den Kunststoffverarbeiter mit Leben gefüllt wird – und dadurch auch im Produktionsalltag umgesetzt werden kann.

 

Am Beispiel Spritzgießen: Was hat Effizienz mit Wertschöpfung zu tun?

Prof. Ansgar Jäger, Teilnehmer des ersten Expertengespräches zum Thema „Effizientes Spritzgießen“ grenzt Produktionseffizienz so ein: „Effizienz in der Herstellung von Produkten liegt dann vor, wenn mit dem geringsten Maß an Ressourcen (hier Finanzen, Material, Manpower, Zeit) das höchste Maß an Wertschöpfung zu generieren ist. Die Wertschöpfung drückt sich dabei aus durch Ausstoß, Qualität und Funktionalität der Endprodukte.“ Eine Definition, die bereits konkretere Ideen im Praxisalltag zulässt. Prof. Jäger geht bei der Betrachtung von drei Ebenen aus, deren Arbeitsfelder ineinandergreifen. Im Mittelpunkt stehen Produkt und Werkzeug.

Dass hier bereits die Grundlage beim Produktdesign gelegt wird, darüber war man sich nicht nur im Expertengespräch Spritzgießen einig, sondern vor allem auch im Kreis der Werkzeug- und Formenbauer. Ein kunststoffgerechtes Design des Produktes und ein entsprechend ausgelegtes Werkzeug sowie das passende Verfahren sichern die Basis für geringe Stückkosten. Im Herstellungsprozess spielen für die Produktionseffizienz neben dem Verfahren auch die Anlage, die Automation, die Temperierung, die Peripherie sowie der Werkstoff die entscheidenden Rollen. Behält man bei diesen Teilbereichen eines Pojekts die Produktionseffizenz im Auge, so beeinflussen unter anderem die Mitarbeiter und ihre Kommunikation, Hochschulkontakte und die Simulation die Produktionseffizienz.

Als einen stetigen Prozess über die gesamte Wertschöpfungskette empfinden die Verarbeiter das Streben nach verbesserter Produktionseffizienz. Dabei ist eine Beratungsleistung der Maschinenhersteller durchaus willkommen. So entstand in einem der Gespräche auch die Idee, einen Effizienzverantwortlichen im Unternehmen zu beschäftigen, der als Ansprechpartner für alle Fragen und Entscheidungen sowie die Umsetzung der Maßnahmen dienen könne – ähnlich, wie es heute in fast jedem Unternehmen einen Qualitätsbeauftragten gibt.

Automationstechnik als Türöffner für mehr Effizienz?

Das Thema Beratung durch die Hersteller wurde auch im Gespräch mit Robotik- und Handling-Anbietern heiß diskutiert. Um die Effizienz der Anlage mithilfe von Automationstechnik zu erhöhen, müssen alle Bestandteile und die Prozessschritte exakt aufeinander abgestimmt sein – eine umfassende Beratung sei daher unbedingt notwendig, war man sich einig. Das Bestreben, jedes noch so kleine Zeitfenster sinnvoll zu nutzen, müsse allerdings nicht nur die Anforderungen des Verarbeiters im Prozess, sondern auch die Rahmenbedingungen im Unternehmen berücksichtigen. Denn für den Verarbeiter zählen am Ende in der Wettbewerbssituation die Stückkosten.

Doch das gilt so nicht nur für das Spritzgießen, sondern auch für die Extrusion. Dort wird nicht mit Stück- sondern mit Meterkosten gerechnet. Diese zu reduzieren, gelingt vor allem durch den überlegten und maßvollen Einsatz von Roh- und Füllstoffen sowie von Rezyklaten, denn die Kosten für Material schlagen in der Extrusion mit etwa 70 bis 80 % zu Buche. Welche Bedeutung ein minimierter Ausschuss hat, hätten allerdings viele Extrudeure noch nicht verinnerlicht, so erzählten die Teilnehmer der Diskussionsrunde übereinstimmend.

Weniger Ausschuss erhöht die Energieeffizienz im Prozess

Das Vermeiden von Ausschuss schont Ressourcen und senkt Produktionskosten. Damit stärkt es die Wettbewerbsfähigkeit und ist eine der wichtigsten Stellgrößen für eine nachhaltige Unternehmensstrategie. In der Extrusion wird der Ausschuss häufig noch nicht als Kostenfaktor wahrgenommen, denn „Schlecht-Meter“, die durch den Extruder laufen, werden durch das unternehmenseigene Recycling häufig direkt wieder zugeführt. Anders im Spritzgießbetrieb. Hier ermöglicht die vorhandene Technik bereits niedrige Fehlerquoten. Ausschließlich Gutteile zu produzieren, scheint aber ein unerreichbares Ziel zu bleiben. Nichts desto trotz trägt eine effiziente Qualitätssicherung vor der Auslieferung der Teile zu mehr Produktionseffizienz bei.

Fakt ist auch, dass jeder Ausschuss – ob Meter oder Stück – zusätzliche Energiekosten verursacht, denn das Material muss mehrfach aufgeschmolzen werden. Insofern ist bei der Energieeffizienz nicht nur der Prozess in der Maschine, sondern auch die Bilanz über die gesamte Anlage zu ziehen. Was hier vor allem die Extrudeure vor große Herausforderungen stellt, fällt den Spritzgießern wesentlich leichter, denn der Prozess in und an der Maschine ist – schon rein räumlich gesehen – überschaubarer. Sicher spielt auch die Energieeffizienz in der Extrusion eine immer wichtigere Rolle, allerdings sei man hier noch lange nicht so weit fortgeschritten, wie die Hersteller der Spritzgießmaschinen und deren Anwender. Die Extrusionslinie mit ihrer Peripherie sei für eine einzelne Person kaum zu überblicken, sind sich Verarbeiter wie Hersteller einig. Denn eine Extrusionslinie müsse im Ganzen bilanziert werden, weshalb es hier wesentlich mehr zu optimierende Parameter gibt – und damit nach derzeitigem Wissensstand aber auch noch mehr Potenzial als in der Spritzgießproduktion.

Wie wichtig ist eine offene und frühe Kommunikation zwischen allen beiteiligten Stellen?

Über einen wichtigen Ansatz für mehr Produktionseffizienz waren sich übergreifend alle Teilnehmer einig: Es mangelt an offener, zielgerichteter Kommunikation. Intern wie extern. Fachübergreifend wie unternehmensübergreifend. Zwischen Verarbeiter und Maschinenhersteller. Das Miteinander ist der Ansatzpunkt, um Anlagen auf den Punkt auszulegen und nicht aus falsch verstandenem Sicherheitsdenken eine Überdimensionierung in Kauf zu nehmen. Eine offene und frühe Kommunikation zwischen Produzent, Werkzeugbau und Maschinenhersteller führt zu energieeffizienten Prozessen mit weniger Ausschuss und am Ende den niedrigsten Stückkosten. Eine sorgfältige Mitarbeiter-Kommunikation sorgt für eine Sensibilisierung: so wird Ausschuss als Kostenfaktor erkannt und auch das Thema Energieeffizienz besser verinnerlicht. Denn eine gelebte Kosteneffizienz senkt meist direkt die Stück- oder Meterkosten in der Produktion.

Effizienz als Treiber technologischer Entwicklungen?

Kosteneffizienz war im Übrigen auch eine der Antriebsfedern für die Entwicklung des Zeppelins, fast ein Wahrzeichen für Friedrichshafen. Insofern findet die Fakuma 2021 am passenden und geschichtsträchtigen Ort statt. Und sie wird wieder noch effizientere Technologien zur Verarbeitung von Kunststoffen zeigen, die den Verarbeiter beim Verbessern der Produktionseffizienz unterstützen sollen. Nicht helfen können sie allerdings bei den „weichen Faktoren“, bei der Kommunikation. Der fachkompetente und erfahrene Mitarbeiter ist dabei unverzichtbar.

Ursprüngliche Autorin: Christine Koblmiller

 

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