Juli 2014

1,4-Butandiol (BDO) ist als Ausgangsmaterial für verschiedene Kunststoffe, Lösemittel, Elektronik-Chemikalien und elastische Fasern ein wichtiges chemisches Zwischenprodukt. Das wichtigste Folgeprodukt ist Polytetrahydrofuran, das unter der Bezeichnung PolyTHF hergestellt und vermarktet wird. Bisher standen Spandex- und Elastanfasern im Mittelpunkt des Interesses, die mit PA-, Baumwoll- und Polyester-Fasern zu hochwertigen, elastischen Stoffen unter anderem für Sportkleidung verarbeitet werden. Global gesehen geht die größte Menge des Polymers in diese Anwendungen, in Europa dominiert allerdings der Einsatz in Polyurethan-Systemen.

Polytetrahydrofuran ist ein Polymer, das je nach Molekülgewicht bei Raumtemperatur flüssig – niedriges Molekulargewicht – bis wachsartig ist. Durch Aufschmelzen entsteht eine farblose, klare Flüssigkeit. Die BASF stellt ein breites Portfolio unterschiedlicher Molekulargewichte dieses Polymers her, darunter die Standardmolekulargewichte 650, 1.000, 1.400, 1.800 und 2.000 sowie 250 für besondere technische Lösungen. Während die Variante 1.800 primär zur Produktion von Spandex-Fasern genutzt wird, steht für den Einsatz in PUR-Anwendungen ein breites Spektrum an Molekulargewichten zur Verfügung, um je nach Anwendungsgebiet maßgeschneidert das geeignetste Eigenschaftsprofil auswählen zu können.

Ein Polymer, vielfältige Typen

Bei all diesen Polyurethananwendungen spielen die vielfältigen Eigenschaften von Polytetrahydrofuran in unterschiedlicher Gewichtung eine Rolle. Damit lässt sich der Werkstoff exakt auf die Anwendungen maßschneidern und ist ein gutes Weichsegment für Elastomere dank
• der sehr guten dynamisch-mechanischen Eigenschaften über einen breiten Temperaturbereich,
• der hohen Flexibilität bei niedrigen Temperaturen,
• der Hydrolysebeständigkeit,
• der hohen Wasserdampfdurchlässigkeit,
• der sehr guten Abriebfestigkeit,
• der nicht-allergenen Eigenschaften,
• der hohen Reaktivität (bifunktionaler primärer Alkohol) und
• der guten Reißfestigkeit.

Das Polymer wird in zahlreichen Copolymeren wie Thermoplastischen Polyurethanen (TPU) und Thermoplastischen Polyetheresters (TPEE) sowie Cast Elastomeren als Komponente für die Weichsegmente verwendet, wobei die Hartsegmente unterschiedliche Vernetzer oder andere harte Polymere enthalten. Zu den gebräuchlichsten Lösungen für die Hartsegmente gehören Methylendiphenylisocyanat (MDI), Hexamethylendiisocyanat (HDI), Polybutylenterephthalat (PBT) und Polyetheramide (PEA).

Das Weichsegment für Thermoplaste und Elastomere

TPU-Lösungen auf Basis von Polytetrahydrofuran als Weichsegment werden aus zwei weiteren, miteinander reagierenden Komponenten als Hartsegment gebildet, so zum Beispiel aus einem Isocyanat und 1,4-Butandiol (BDO) oder 1,6-Hexandiol (HDO). Sie zeichnen sich unter anderem durch eine hohe Verschleiß- und Abriebfestigkeit, sehr gute Kälteflexibilität, Dehnbarkeit und Beständigkeit gegen Öle, Fette und Sauerstoff aus. Aus ihnen werden etwa flexible Schläuche, Beschichtungen und Kabelummantelungen hergestellt.

Erst kürzlich haben die BASF und Adidas eine strategische Partnerschaft geschlossen. Ein erstes Produkt aus dieser engen Zusammenarbeit ist mit dem Laufschuh „Energy Boost“ bereits im Handel (Plastverarbeiter berichtete – siehe infoDirect). Seine Mittelsohle besteht aus expandiertem TPU und enthält als wichtigen chemischen Baustein Polytetrahydrofuran. Dieses macht die Sohle besonders elastisch, leicht und abriebfest und verleiht ihm sehr gute Dämpfungseigenschaften. Letztere Eigenschaft sorgt in speziellen Polyurethanen auch dafür, dass Straßenbahnen und Eisenbahnzüge sozusagen auf leisen Sohlen fahren. Der Rohstoff ist dabei als Diol eine wichtige Komponente bei den definierten Werkstoff-Formulierungen für den aktiven und passiven Schallschutz.

Immer größere Bedeutung erlangen TPEE-Anwendungen wie Schaltknüppel-Ummantelungen, Airbag-Cases und Armaturenbretter im Automobilbereich, bei denen die Hartsegmente aus Polybutylenterephthalat (PBT) bestehen. Das Weichsegment sorgt dabei gleichermaßen für Stabilität und Flexibilität und somit für die gewünschte Haptik. TPEE-Lösungen zeichnen sich zudem durch Hitzebeständigkeit und Abriebfestigkeit aus.

In Zukunft auch biobasiert

Aus Cast Elastomeren, auch PUR-Gieß-elastomere genannt, werden zum Beispiel Rollen für Skateboards oder In-lineskates produziert, die ein angenehm federndes Fahrgefühl vermitteln und zugleich zäh, widerstandsfähig und damit langlebig sind. Weitere Vorteile dieser Lösung sind eine hohe mechanische Belastbarkeit sowie Abriebfestigkeit. Bisher beruhte die Synthese von Polytetrahydrofuran auf fossilen Rohstoffen. Doch das Unternehmen am Rhein plant, das Weichsegment zukünftig auch auf der Grundlage nachwachsender Rohstoffe anzubieten.

 

Experten-Tipp

Anwendungslabor in Shanghai

Auf Basis des Eigenschaftsprofils von Polytetrahydrofuran erforscht die BASF seit 2008 neue Einsatzmöglichkeiten und technische Lösungen in einem speziellen Anwendungslabor in Shanghai, China. Hier geht es um Innovationen und technische Anwendungsunterstützung einerseits im Spandex-Bereich, andererseits bei Thermoplastischen Polyurethanen und Elastomeren. Das Labor ist in den Unternehmensstandort in Pudong integriert. Dieser ist Hauptsitz in China und beherbergt seit Mitte 2012 auch das Innovations Campus Asia Pacific. Das Labor verfügt über Möglichkeiten für moderne analytische Verfahren und ist zudem mit vielen Test- und Synthese-Einrichtungen ausgerüstet, in denen neue Formulierungen entwickelt und bereits bestehende in neuen Einsatzgebieten erprobt werden sollen. Das Labor steht nicht nur asiatischen Partnern zur Verfügung, sondern ist für Abnehmer der unternehmenseigenen Produkte weltweit offen. Zugleich ist es Teil des globalen Verbundes im Bereich Forschung und Entwicklung und kann so auf die Expertise aller Einrichtungen des Chemieriesen zurückgreifen.

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