Oktober 2013

Ohne eventuelle Rechtsstreitigkeiten um die Gültigkeit des Patents zu berücksichtigen, entstehen dem Patentinhaber heute Kosten für die Validierung des europäischen Bündelpatents in seinen Bestimmungsstaaten. Dies sind zum einen Kosten für die notwendigen Übersetzungen und in der Folge Jahresgebühren für die Aufrechterhaltung. Dabei wurde bereits ein Fortschritt mit dem Londoner Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ, dem Übersetzungserfordernis, erzielt. Bei den Überlegungen zu eventuellen Kostenvorteilen eines Patents kommt es auf die Vertragsstaaten des Londoner Übereinkommens an, die zugleich an einer verstärkten Zusammenarbeit beteiligt sind.

Von diesen verlangen die fünf Vertragsstaaten des Londoner Abkommens, die eine Amtssprache mit dem EPA gemeinsam haben, nach Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens überhaupt keine Übersetzung. Das betrifft Deutschland, Frankreich, das vereinigte Königreich, Irland und Luxemburg. Die übrigen Vertragsstaaten verlangen nach Art. 1 Abs. 3 des Londoner Übereinkommens nur mehr eine Übersetzungen der Ansprüche in die jeweilige Landessprache sowie zum Teil eine englische Übersetzung der Beschreibung, im Übrigen nur eine Übersetzung der Ansprüche in die Landessprache. Die 12 an einer verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Staaten, die nicht dem Londoner Übereinkommen angehören, verlangen eine volle Übersetzung der Patentschrift, wenn das Patent nicht in einer ihrer Amtssprachen erteilt wurde. Bei dem Einsparungspotenzial, dass sich aus dem Wegfall notwendiger Übersetzung ergibt, sind nicht nur die reinen Übersetzungskosten, sondern auch weitere Kosten wie in der Mehrzahl der Staaten bestehenden Kosten einer vorgeschriebenen Vertretung durch einen nationalen Vertreter oder die Gebühren für Einreichung beim nationalen Amt zu berücksichtigen.

Üersetzungskosten und Jahresgebühren

Das Ziel des Patentreformpakets, den Übersetzungsaufwand zu beseitigen, muss detailliert betrachtet werden: Für eine Übergangszeit von mindestens sechs und höchstens zwäölf Jahren ist gem. Art. 6 EPVÜ in jedem Fall eine komplette Übersetzung des erteilten Patents einzureichen. Ist die Verfahrenssprache Deutsch oder Französisch, so ist die Übersetzung in Englisch einzureichen. Ist die Verfahrenssprache Englisch, so kann die Übersetzung in jeder anderen Amtssprache der EU eingereicht werden. Die Einsparungsmöglichkeiten (falls überhaupt) hängen davon ab, welchen territorialen Schutz der Patentinhaber wünscht und wie der Ratifizierungsstand des EPGÜ zum jeweiligen Zeitpunkt ist.

Nach Angaben der Kommission werden 50 Prozent der erteilten Patente nur in jeweils drei Ländern validiert. Man kann davon ausgehen, dass dies in überwiegender Mehrheit die Länder mit dem höchsten Bestand erteilter Patente sein werden, das heißt also Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich. Für diese Staaten ist gemäß dem Londoner Übereinkommen keine Übersetzung erforderlich, während für das Einheitspatent in der Übergangszeit eine Übersetzung einzureichen ist.

Für einen wesentlichen Teil der erteilten Patente bedeutet also das Einheitspatent während der Übergangszeit bezüglich der Übersetzungskosten eine Verschlechterung gegenüber dem Bündelpatent. Das andere Extrem stellen die von der Kommission geschätzten 1.000 Patente dar, die jährlich in allen 27 EU-Staaten validiert werden. Die Kommission setzt die hierfür anfallenden Validierungskosten mit über 32.000 EUR an. Klar ist, dass ein Anmelder, der umfassenden territorialen Schutz benötigt, mit dem Einheitspatent bei den Übersetzungen hohe Kostenvorteile erzielen wird, auch wenn das Patentreformpaket erst in 13 Mitgliedstaaten anwendbar ist. Für die restliche Zahl der erteilten Patente, die nicht in eines der beiden Extreme fällt, sind die Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

Alle Vertragsstaatendes EPÜ verlangen Jahresgebühren. Bei der Zahlung sind eine Vielzahl von von Land zu Land verschiedenen Erfordernissen zu beachten, die sich ändern können oder auch regelmäßig ändern, wie Zahlungsformen, Konten oder Gebührensätze. Zum Teil gelten auch hier Vertretungserfordernisse. Damit kann gerade die Zahlung geringer Gebührensätze mit einem unverhältnismäßig hohen Maß an administrativem Aufwand verbunden sein. Demgegenüber ist für das Einheitspatent eine einheitliche Jahresgebühr an das EPA zu zahlen. Die Sätze der für jedes Jahr nach Patenterteilung gemäß Art. 11 EPV an das EPA zu zahlenden Jahresgebühren sind noch nicht festgelegt. Es muss wohl damit gerechnet werden, dass man sich bei der Bemessung der Jahresgebühren daran orientieren wird, dass der Patentinhaber ja einen umfassenden territorialen Schutz bekommt, für den er dann auch mehr zahlen werden muss.

Zuständigkeit liegt beim Einheitlichen Patentgericht

Mit dem Patentreformpaket wird das Einheitliche Patentgericht (EPG) als neue Gerichtsbarkeit geschaffen. Nach Art. 32 EGPÜ hat es ausschließliche Zuständigkeit für Patentstreitigkeiten, im Wesentlichen soweit es Fragen der Verletzung und Rechtsbeständigkeit angeht. Die Zuständigkeit des EPG besteht nicht nur für Streitigkeiten über Einheitspatente, sondern gem. Art. 32 EPGÜ auch für Klagen betreffend europäische Bündelpatente.

Für alle Spruchkörper ist eine Besetzung mit Mitgliedern verschiedener Staatsangehörigkeit vorgeschrieben. Den Vorsitz führt in allen Spruchkörpern stets ein rechtlich qualifiziertes Mitglied (Art. 8 (8) EPGÜ). Nach Art. 3(3) des Satzungsentwurfs sind die Richter unter den Vertragsmitgliedstaaten auf möglichst breiter geografischer Grundlage auszuwählen. Es liegt auf der Hand, dass dies auf Kosten der praktischen Erfahrung gehen muss, da sich Gerichte mit einem ins Gewicht fallenden Geschäftsanfall an Patentsachen nur in einer Minderheit der betreffenden Staaten finden. Vor diesem Hintergrund kann man erwarten, dass die zukünftigen Parteien vor dem EPG am ehesten Richtern aus dem eigenen Rechtskreis vertrauen werden, vor allem in den Ländern, die eine etablierte und bewährte Patentgerichtsbarkeit haben, wie dies in Deutschland der Fall ist. Noch unklar ist, wer die technisch qualifizierten Richter sein werden, die neben ihren rechtlich qualifizierten Kollegen erster Instanz dem Richterpool nach Art. 18 EPGÜ angehören.

Der Kompromiss der zyprischen Präsidentschaft findet sich nun in Art. 5(3) EPV, wo hinsichtlich der Handlungen, gegen die das durch das Einheitspatent verliehene Verbietungsrecht schützt, auf die in dem teilnehmenden Mitgliedstaat geltenden Vorschriften verwiesen ist. Das insoweit anwendbare „nationale“ Recht findet sich wiederum in Art. 25 ff. EPGÜ, wo die Benutzungsformen und deren Beschränkungen geregelt sind. Ob aber damit das gewünschte Ziel erreicht wird, das Recht der Patentverletzung aus dem Unionsrecht herauszulösen, erscheint angesichts des Art. 5(3) EPV und seiner Verweisung auf gemeinsames Vertragsrecht nicht als sicher.

Verfahrenskosten vor dem EPG

Auch die Kosten der Verfahren vor dem EPG gibt liegen noch nicht fest. Auf einige Grundsätze zur Bemessung der nach Art. 70 EPGÜ zu erhebenden Gerichtsgebühren kann jedoch schon hingewiesen werden. Der Haushalt soll nach Art. 36(1) EPGÜ durch die eigenen Einnahmen des Gerichts und erforderlichenfalls – zumindest in der Übergangszeit nach Art. 83 – durch Beiträge der teilnehmenden Mitgliedstaaten finanziert werden. Die Gerichtsgebühren sollen sich aus einer festen Gebühr und einer streitwertabhängigen Gebühr zusammensetzen. Es soll ein angemessenes Gleichgewicht zwischen einem fairen Zugang zum Recht und einer angemessenen Beteiligung der Parteien an den entstandenen Kosten gewährleistet werden. Für KMU´s können gezielte Unterstützungsmaßnahmen getroffen werden. Für natürliche Personen ist nach Art. 71 EPGÜ Prozesskostenhilfe vorgesehen.

Noch wichtiger als die Gerichtsgebühren sind die Kosten, die den Parteien für ihren eigenen Aufwand und für ihre Anwälte entstehen. Hier besteht eine große Spannbreite und der Aufwand wird im Wesentlichen durch die Verfahrensführung durch das Gericht bestimmt. Wesentliche Faktoren sind der Umfang von Beweisaufnahmen und mündlicher Verhandlung. Mündliche Verhandlungen von einer Stunde wie häufig in Deutschland und von regelmäßig mehreren Tagen bis gelegentlich über zwei Wochen wie in England liegen im Spektrum der Möglichkeiten. Die der obsiegenden Partei entstandenen angemessenen Kosten hat nach Art. 69(1) EPGÜ regelmäßig die unterlegene Partei zu tragen.

Ziel voraussichtlich verfehlt

Nach Ende der Übergangszeit (voraussichtlich frühestens 2021) wird es keine Übersetzungen der Patentschrift für das Einheitspatent mehr geben, vielleicht haben sich bis dahin alle EU-Staaten zur Teilnahme entschlossen und bis dahin wird auch das EPG seine Funktionsfähigkeit unter Beweis gestellt haben. Es ist allerdings noch viel zu tun, bevor die ersten Einheitspatente registriert werden.

Eine von den Politikern verkündete Erwartung an das Einheitspatent wird allerdings nur schwer zu erfüllen sein: wie eine Kostensenkung in Höhe von 80 Prozent für den Patentschutz in Europa erreichbar sein soll, erschließt sich aus heutiger Kenntnis nicht. So bleibt nur, die Entscheidung für oder gegen das Einheitspatent im Vergleich zum Bündelpatent auf Basis einer einzelfallbezogenen Kosten/Nutzenanalyse zu treffen.

 

 

Die Ausführungen in dieser Kolumne wurden sorgfältig recherchiert und nach bestem Wissen erstellt. Trotzdem können sie eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Rechtliche Ansprüche lassen sich aus dem Inhalt dieses Artikels nicht herleiten.

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