März 2012

Im Vergleich scheinen die elektrischen Spritzgießmaschinen besser abzuschneiden: energieeffizienter, präziser, wiederholgenauer, leiser – ja sogar leistungsfähiger als ihre hydraulischen Verwandten. Ob das alles stimmt, hängt aber eher vom Einzelfall, vom Produkt ab. Denn Produktionseffizienz heißt auch, die richtige Maschine, das richtige Verfahren zum Produkt zu wählen. Dabei ist vor allem die Flexibilität der Maschinen und ihrer Hersteller gefragt. Nun sind elektrische Antriebe für Spritzgießmaschinen technologisch jünger – und daher eher im Fokus, wenn es um die neuesten Entwicklungen geht. Doch auch bei den hydraulischen Maschinen wurde die Energieeffizienz weiter verbessert. Denn die Verarbeiter entwickeln – auch im Hinblick auf die Kosten – ein steigendes Bewusstsein für die Energie-, Prozess und Produktionseffizienz. Notwendig, müssen sie doch vor dem Hintergrund eines steigenden Wettbewerbsdrucks die Stückkosten minimieren.

Mit der Umstellung auf Servoantrieb, die in der einen oder anderen Variante von allen großen Maschinenherstellern angeboten wird, können heute hydraulische Maschinen zum Teil fast die Energie-Verbrauchswerte der elektrischen erreichen – zumindest aber vergleichbare. KraussMffei bietet zum Beispiel mit den Modulen aus der Bluepower Initiative besonders für hydraulische und hydraulisch-mechanische Maschinen Lösungen an. „Die servomotorisch angetriebenen Pumpen weisen hohe Wirkungsgrade auf und minimieren während der Bewegungspausen die Leerlaufleistung. Auch Zylinderisolierungen helfen den Energieverbrauch weiter zu reduzieren“, beschreibt Dr. Karlheinz Bourdon, KraussMaffei, das Funktionsprinzip.

Ebenso hat Engel hat mit der Servohydraulik ecodrive ein entsprechendes System im Programm. So ausgestattete Maschinen verbrauchen – je nach Typ und Anwendung – bis zu 70 Prozent weniger Energie als vergleichbare konventionelle hydraulische Maschinen und lassen sich damit mit vollelektrischen Maschinen messen. Geeignet ist diese Servohydraulik für alle hydraulischen Spritzgießmaschinen aus dem Produktprogramm der Österreicher. „Jede zweite hydraulische Spritzgießmaschine aus den österreichischen Werken ist bereits mit der Energiesparoption ausgerüstet“, fühlt sich Dr.  Gerhard Dimmler, Engel Austria, in der Produktstrategie bestätigt. „Der Schlüssel für die besonders energiesparende Arbeitsweise ist die Reduktion der Verlustenergie während der Maschinenstillstandsphasen, die bei herkömmlichen hydraulischen Maschinen einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Energieverbrauch hat. Unsere Servohydraulik besteht aus einem Servomotor mit Konstant- oder Regelpumpe, anstelle eines permanent laufenden Asynchronmotors. Im Stillstand wird keine Antriebsenergie verbraucht. Zudem reduziert das System den Kühlwasserverbrauch am Ölkühler auf ein Minimum, in vielen Fällen sogar ganz auf Null. Die Öltemperatur wird damit zu einem Indikator für die Energieeffizienz der Maschine.“

Weiteres Potenzial: Der Wirkungsgrad des Servoantriebs

Auch Herbert Kraibühler, Arburg, beschreibt den bedarfsorientierten Einsatz von Energie: „Zur Optimierung des Energieverbrauchs trägt ein verbesserter Wirkungsgrad der Antriebe bei. Dies lässt sich realisieren, indem die Antriebsleistung des Pumpenmotors in den unterschiedlichen Phasen des Spritzgießzyklus dem jeweiligen Bedarf der Maschine angepasst wird. Bei dem Arburg Energiesparsystem stellt ein Frequenzumrichter die Drehzahl des Elektromotors stufenlos auf den tatsächlichen Leistungsbedarf ein. Ähnlich bei Sumitomo(SHI)Demag: „Die dynamische Leistungsanpassung an alle Phasen des Spritzgießzyklus sorgt für optimale Wirkungsgrade und minimale Verluste, besonders im Teillastbereich sowie im Leerlaufbetrieb. Die Kombination aus frequenzgeregeltem Elektromotor und hochdynamischer Hydraulikpumpe ermöglicht Einsparungen bis 50 Prozent gegenüber der Standardhydraulik“, beschreibt Andreas Kübel. Auch Dr. Thorsten Thümen, Ferromatik Milacron, sieht eine der wesentlichen Entwicklungen in der Einführung der servomotorischen Pumpenantriebe vor allem darin, dass sie „die Umsetzung von Bewegungen mit einer deutlich höheren Dynamik ermöglichen, die sonst nur durch die Verwendung von Hydraulikspeichern erreichbar war.“ Doch er äußert auch Bedenken, da seiner Ansicht nach das Einsatzgebiet begrenzt ist und ist sich daher sicher, dass zukünftig noch weitere intelligente Lösungen gefragt sind. So könnten auch konventionelle Pumpensysteme – Asynchronmotor mit Verstellpumpe – durch den Betrieb mit einem Umrichter drehzahlvariabel eingesetzt und die fehlende Dynamik durch die zusätzliche Regelung der Verstellpumpe ausgeglichen werden. Bei Stillstandszeiten werde dann zwar nicht die maximale Energieersparnis erreicht, da der Motor nicht ganz ausgeschaltet wird, dennoch könne der Energieverbrauch auch so reduziert werden.

Hydraulische Maschinen sind in vielen Fällen noch nicht zu ersetzen

Auf den Punkt bringt es Georg Tinschert, Wittmann Battenfeld: „Der Einsatz der servohydraulischen Antriebstechnik gibt den hydraulisch angetriebenen Spritzgießmaschinen wieder eine Zukunft.“ Eine Zukunft, die Markus Klaus, GM Injection dagegen gefährdet sieht: „Einzig bei Prozessen, welche lange Nachdrücke voraussetzen, kann man bisher hydraulische Antriebe nicht ersetzen. Doch viele Großkonzerne bewerten heute bei der Qualifizierung der Zulieferer den CO2-Footprint. Im ökologischen Bewusstsein werden die hydraulischen Maschinen daher weiter unter Druck geraten.“

Doch Tinschert weiter: „Sicher, am wichtigsten ist bei der Antriebstechnik natürlich die erzielbare Energieeinsparung, aber auch hinsichtlich Präzision und Dynamik werden sehr gute Resultate erzielt. Dazu kommt die kompakte Bauweise und die konstruktive Flexibilität, die Maschinen mit hydraulischen Zylindern ermöglichen. In Summe deckt eine servohydraulisch angetriebene Spritzgießmaschine vielfältige Anforderungsprofile ab.“ Diese Einschätzung teilt Alfred Schiffer, Dr. Boy, und ergänzt: „Darüber hinaus bieten hydraulische Maschinen ohne verschleißbehaftete Kniehebel eine unschlagbare Langzeithaltbarkeit. Niedrige Maschinenstundensätze und geringe Wartungskosten erfreuen die Verarbeiter.“

So gibt es viele Einsatzgebiete, für die hydraulische Maschinen noch nicht zu ersetzen sind. Beispielsweise wenn Kernzüge oder Schieber im Werkzeug hydraulisch betätigt werden müssen, so ist die Lösung bei elektrischem Antrieb der Maschine häufig ein hydraulisches Beistellaggregat. Entsprechend optimierte hydraulische Maschinen haben dann die notwendige Hydraulik nach wie vor an Bord.
Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet sind hohe Schließkraftbereiche, die von den elektrischen Maschinen (noch) nicht erreicht werden können. Und noch einen weiteren Vorteil hat die altbekannte Antriebstechnik, den Dr. Bourdon so umschreibt: Das universelle Antriebskonzept eignet sich besonders für Sondermaschinen und Sonderverfahren, bei denen beispielsweise mehrere Plastifizierungen oder zusätzliche Maschinenfunktionen wie Montage in den Prozess integriert werden. Insbesondere mit den SpinForm-Wendeplattenmaschinen in Zwei-Platten Bauweise bieten wir einen durchgängigen Baukasten für immer größer werdende Bauteile. In Kombination mit Polyurethanverarbeitung entstehen auf Wendeplattenmaschinen mittels Skinform- oder Colorform-Verfahren Bauteile mit hoher Oberflächengüte.“ Und auch Kraibühler sieht durchaus noch Zukunft für die hydraulischen Antriebe, beispielsweise in Hybridmaschinen für Anwendungen, in denen hohe Leistung in kürzester Zeit benötigt wird.

Auch werden hydraulische Antriebe immer kostengünstiger sein und bleiben. Auf Grund der steigenden Strompreise und damit der Betriebskosten ist die Frage nur, in welchem Zeitraum sich der Mehrpreis amortisiert. Viele Großkonzerne (P&G, IKEA, ….) bewerten heute bei der Qualifizierung der Zulieferer den CO2-Footprint. Im ökologischen Bewusstsein werden die hydraulischen Maschinen auch hier weiter unter Druck geraten. Zukunftsträchtige technische Entwicklung können wir im Bereich der hydraulischen Maschinen heute nicht erkennen.

 

„Durch den Servoantrieb wurden auch
die hydraulischen Spritzgießmaschinen präziser, hochdynamisch, energieeffizenter und leiser.“

Alfred Schiffer,  Geschäftsführer, Dr. Boy

 

„Die elektrische Antriebstechnik hat den Druck für Weiterentwicklungen bei der Hydraulik erhöht. Hier werden sicherlich noch spannende Lösungen präsentiert.“

Dr. Thorsten Thümen, Director Research & Development, Ferromatik Milacron

 

„Ein frequenzgeregelter Elektromotor
kombiniert mit einer hochdynamischen
Hydraulikpumpe ermöglicht hohe Einsparungen gegenüber Standardhydraulik .“

Andreas Kübel, Entwicklungleiter Business Unit Hydraulik, Sumitomo (SHI) Demag

 

„Mit den entsprechenden Modulen zur Minimierung des Energieverbrauchs erreichen hydraulische Maschinen heute nahezu das Niveau der elektrischen, können aber höhere Schließkräfte abdecken.“

Dr. Karlheinz Bourdon, Geschäftsführer Spritzgießtechnik, KraussMaffei

 

„Ein zukunftsträchtiger Einsatzbereich
hydraulischer Antriebe sind Hybridmaschinen für Anwendungen, in denen hohe Leistung in kürzester Zeit benötigt wird.“

Herbert Kraibühler, Geschäftsführer Technik, Arburg


„Der Einsatz der servohydraulischen Antriebstechnik gibt den hydraulisch angetriebenen Spritzgießmaschinen wieder eine Zukunft.“

Mag. Georg Tinschert, Geschäftsführer, Wittmann Battenfeld

 

„Der Schlüssel für die energiesparende Arbeitsweise ist die Reduktion der Verlustenergie während der Maschinenstillstandsphasen.“

Dr. Gerhard Dimmler, Leiter Forschung und Entwicklung Produkte,
Engel Austria,  Schwertberg, Österreich

 

„Im ökologischen Bewusstsein werden die hydraulischen Maschinen weiter unter Druck geraten.“

Markus Klaus, Vertrieb/Service, GM Injection

 

 

 

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