November 2011

Auch wenn den Patienten, die auf Kathederschläuche angewiesen sind, nicht immer nach Lächeln zumute ist, tragen sie doch permanent ein „Smiley“ mit sich herum. Smileys werden solche Katheterschläuche genannt, die einen „lachmundförmigen“ sowie einen oder zwei „augenrunde“ Durchflusskanäle aufweisen – im Fachjargon als mehrlumig bezeichnet. Wegen der hohen Sicherheitsstandards in der Medizintechnik unterliegen die Hersteller und ihre Produkte strengen Zulassungen. Mit einer neuen Extrusions-Verfahrens- und Anlagentechnik stellt das Unternehmen Extrudex, Mühlacker, seine ein- und mehrschichtigen Katheter wirtschaftlicher her. Der Extruder-Hersteller setzt auf Präzision und entwickelt mit seinen Auftraggebern gemeinsam Spezialprodukte.
„Am Anfang steht das Lasten- oder Pflichtenheft, das uns der Kunde vorlegt“, erklärt Geschäftsführer Helmut Wahl. „Darin sind die spezifizierten Anforderungen hinsichtlich des Produktes, seiner Genauigkeiten, Maße, Toleranzen, Geschwindigkeiten, Ausstoßleistung, Oberflächenqualität oder Rauheit festgelegt.“

Schläuche, die Leben retten und
erhalten helfen

Nur ein präzise gearbeitetes Produkt gewährleistet die für den Patienten notwendige Sicherheit. Zum Beispiel darf bei einem Herzkatheter-Schlauch mit 0,55 mm Außen- und 0,42 mm Innen-Durchmesser die zulässige Abweichung gerade einmal +/- 0,015 mm betragen. Wahl erläutert: „Toleranzen von +/- 0,03 mm sind üblich, bei +/- 0,015 mm beginnt die hohe Kunst. Wir verfügen über Extrusions- und insbesondere Werkzeug-Spezialisten mit langjähriger Erfahrung bei der Realisierung solcher Miniaturisierungs-Projekte, wobei Schlauchdurchmesser von weniger als einem Millimeter mit Mehrfach-Lumen keine Seltenheit sind.“ Für die Herstellung präziser ein- und mehrlumiger sowie ein- und mehrschichtiger Katheterschläuche aus thermoplastischen Kunststoffen wird vorzugsweise ein Extruder EG 12-25D oder EN 20-25 D Medtec eingesetzt. Als Materialien kommen Pebax, Polyamid, Polyurethan, Polyethylen oder Weich-PVC in Frage. Häufig werden in die Schlauchwandung mehrere Streifen aus Barium-Sulfat eingebettet. Dadurch soll dem Chirurgen ermöglicht werden, eine implantierte Drainage oder chirurgische Komponente mit Hilfe von Röntgenstrahlung zu lokalisieren. In einigen medizinischen Anwendungen kann ein mehrlumiger Schlauch im gleichen beschränkten Raum gleichzeitig mehrere Funktionen wie das Absaugen und Spülen übernehmen. „Schläuche für dieses Anwendungsspektrum, zur Gabe von Medikamenten, für die mikroinvasive Chirurgie, für die Übertragung von Signalen oder als Lichtleiter und nicht zuletzt PTCA-Katheter werden immer komplexer und filigraner. In dem Maße, wie die Medizin Fortschritte hinsichtlich der Miniaturisierung macht, muss die Technik – und auch die Extrusions-Technologie – Schritt halten“, sagt der Geschäftsführer.

Präzision ist oberstes Gebot

Die Extrusion von Schläuchen kleinster Abmessungen mit engen Toleranzen stellt besondere Anforderungen an den Extruder, das Werkzeug und die Kalibrierstrecke. Das Herz der Extrusionsanlage ist ihre Verfahrenseinheit. Der Extruder verfügt über einen genuteten Einzugszylinder und eine in ihrer Geometrie auf das eingesetzte Kunststoff-Granulat abgestimmte Plastifizierschnecke. Durch Zwangsförderung bewirkt diese Einheit, dass das Granulat konstant eingezogen und die Schmelze homogen ausgetragen wird – wichtige Voraussetzung zur Einhaltung der Toleranz. Anschließend, im formgebenden Werkzeug, ist der Querspritzkopf 90° zur Extrusions-Richtung angeordnet, so dass die Stützluftanschlüsse von hinten eingeführt werden können, die für die jeweilige Anzahl an Lumen im Schlauch maßgeblich sind. „Wichtig ist die rheologische Auslegung der Verfahrenseinheit. Es darf sich nur das notwendige Massevolumen im Werkzeug befinden – nicht mehr und nicht weniger, als für das Produkt notwendig ist“, unterstreicht Wahl. Bei besonders kniffligen Projekten, lässt der Geschäftsführer durchblicken, fertigen seine Experten ein so genanntes Machbarkeitswerkzeug an: „Die kommen dann nach ein paar Tagen und zeigen mir einen miniaturisierten Schlauch, der zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Der Dialog zwischen Konstruktion und Technik führt zur richtigen Lösung für die wichtigsten Elemente im Herstellungs-Prozess. Die Techniker setzen die Ergebnisse konstruktiv in 3D-CAD um. Alle Extrusionswerkzeuge – Spritzkopf, Düse und Dorn, Kalibrier-Einheiten – werden grundsätzlich im Haus entwickelt und konstruiert. Die Fertigung der Know-how-Komponenten vergibt das Unternehmen an die so genannte verlängerte Werkbank. „Wir haben lange experimentiert und gesucht. Jetzt arbeiten wir mit einem Spezialisten fest zusammen, der parallel für die Formel 1 arbeitet. Wer das kann, ist genau richtig für sehr genaue verfahrenswichtige
Extrusionsbauteile“, ist sich Wahl sicher.

Vakuum-Regeleinheit sorgt
für Konstanz

Seine Präzision erhält der gerade extrudierte Katheterschlauch im Kalibrierwerkzeug und in der Mehrkammer-Kalibriereinheit. Hier bewahrt der Schlauch unter Vakuum exakt den durch das Kalibrierwerkzeug vorgegebenen Außendurchmesser. Gleichzeitig wird er gekühlt und so formstabil gemacht, um schließlich in allen Dimensionen per Laser- und Ultraschall-inline-Messung bestätigt zu werden. Dazu hat das Mühlacker Unternehmen eigens eine automatische Vakuum-Regeleinheit VR-3 mit Siemens SPS Bildschirmsteuerung entwickelt. Diese sorgt im Modus „Vakuum konstant halten“ dafür, dass ein voreingestelltes Vakuum-Niveau während der gesamten Produktionsdauer beibehalten wird – selbst bei verschleißanfälligen Tankabdichtungen und der nicht zu verhindernden nachlassenden Pumpenleistung durch Erwärmen. Die Steuerung vergleicht permanent den vorgegebenen Vakuum-Sollwert mit dem -Istwert, welche nicht mehr als 5 mbar voneinander abweichen dürfen.
Der für das spezifische Produkt ideale Vakuumwert wird in der übergeordneten (SPS-Steuerung / Regelung mit Touchscreen-Display) gespeichert. Über den Modus „Außendurchmesser regeln“ kann in Verbindung mit einem Laser-Messkopf auch der Schlauchdurchmesser innerhalb vorgegebener Toleranzen gehalten werden. Tendiert zum Beispiel der Außendurchmesser in Richtung oberen Toleranzwert, wird das Vakuum minimal zurück genommen, bis sich der Durchmesser wieder im optimalen Produktionsmaß befindet.
In diesem Anlagensegment ist höchste Laufgenauigkeit unerlässlich, um die Dimensionsgenauigkeit des Schlauches unverändert zu erhalten. Um dies zu gewährleisten, ist der Bandabzug mit elektronisch synchronisierten und stufenlos regelbaren Servomotoren ausgestattet. Als Abzugsbänder werden ausschließlich physiologisch unbedenkliche, für Medizinprodukte zugelassene Materialien eingesetzt. „Das ist wieder ein sensibles Thema“, sagt Wahl, „die Bänder dürfen je nach Schlauchmaterial weder zu fest, noch zu weich sein, müssen immer greifen ohne zu rutschen – Abrieb ist verboten – und dürfen die Produkt-Ovalität nicht verändern. Wir haben für eine Vielzahl verschiedener Schlauchspezifikationen die entsprechenden Bandbeschichtungsarten im Speicher. In jedem Falle schützt die Sicherheits-Sensorik in der zentralen Steuerungs- und Regelungseinheit das Endprodukt.“

Nachhaltig produzieren

Die häufigen Produkt-, Material- und Chargenwechsel und die damit verbundenen Kosten erfordern eine nachhaltige Produktionsweise. „Material-, Abfall- und Energiekosten werden im Hinblick auf eine nachhaltige Produktion immer wichtiger“, betont Wahl. Intelligente Steuerungs- und Regelungstechnik trägt dazu bei, dass die Mitarbeiter effizient arbeiten können: „Bewegung ist zwar gesund, aber es macht keinen Sinn, beim Inbetriebnehmen und Synchronisieren einer Anlage mit bis zu 20 Metern Gesamtlänge von Station zu Station zu rennen, um den richtigen Produktionsablauf einzustellen“, sagt Helmut Wahl und zeigt auf die integrale Steuerungs- und Regelungseinheit. In seiner Medtec Control-Einheit mit Touchscreen Panel sind die wichtigsten Parameter, Messwerte, Einstellungen, Soll- und Istwerte, Betriebsdaten und -zeiten gespeichert. Sie können bei Produkt- und / oder Materialwechsel aufgerufen werden. Über einen OPC-Server stehen diese Werte als CSV-Datei zur Verfügung und geben dem Anlagen-Management protokollarisch die Instrumentarien an die Hand, die zum sicheren und wirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind.

NEUE TECHNOLOGIEN
Katheter-Extrusion

Die Anforderungen an Produkte für die Medizintechnik sind sehr hoch, da die Qualität lebenswichtig für den Patienten sein kann. Für die Herstellung präziser ein- und mehrlumiger sowie ein- und mehrschichtiger Katheterschläuche aus thermoplastischen Kunststoffen hat das Unternehmen Extrudex die Extrusions-Verfahrens- und Anlagentechnik wirtschaftlicher gestaltet. Mit einer eigens entwickelten Vakuum-Regeleinheit können Katheder aus thermoplastischen Kunststoffen präzise gefertigt werden.

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Unternehmen

Extrudex Kunststoffmaschinen GmbH

In den Waldäckern 16
75417 Mühlacker
Germany