Oktober 2010

Vermutlich hatte jeder schon einmal ein oder mehrere Produkte der Bö-La Siebdrucktechnik aus Radevormwald „vor Augen“. Das mittelständische Familienunternehmen hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1975 zu einem der führenden Hersteller von bedruckten und teils vor- oder hinterspritzten Folien für Displays entwickelt, insbesondere für Zifferblätter, Tachos und Drehzahlmesser sowie Blenden für Haushaltsgroßgeräte. Auf der Kundenliste stehen nahezu alle bekannten Namen aus der Automobil- und Hausgeräteindustrie. Das Unternehmen beschäftigt in zwei Werken 285 Mitarbeiter.

Sauberkeit wie in derMedizintechnik ist die Devise

Makellose Oberflächen und ein absolut präziser Druck sind nur zwei Kriterien, mit denen sich die Displays beschreiben lassen. Damit ein Tacho oder Drehzahlmesser so edel aussieht, wie wir es aus dem Blick in die Instrumententafel kennen, muss allerdings ein gewaltiger Aufwand betrieben werden. Beispielsweise stehen die 23 größtenteils vollautomatischen Siebdruckmaschinen in einem klimatisierten Sauberraum, der der Reinraumklasse 100.000 entspricht und in dem ein leichter Überdruck herrscht, um den Eintrag von Staub zu verhindern. Der Grund leuchtet ein: Jeder noch so kleine Partikel auf der Farbe würde ausnahmslos zu Ausschuss führen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Folien teils bis zu 20 Druckdurchgänge durchlaufen müssen, ehe alle Informationen aufgebracht sind. Dass es dabei auf höchste Genauigkeit ankommt, sowohl für den Druck als auch für die Weiterverarbeitung, liegt auf der Hand.

Qualitätskontrolle nimmt alle Artikel „unter die Lupe“

Entsprechend aufwändig ist die Qualitätskontrolle, die jeden Artikel unter die „Lupe“ nimmt, was durchaus wörtlich zu verstehen ist. Jedes Teil muss einzeln geprüft werden. Neben der Überprüfung der Oberflächen und des Drucks selbst gehört dazu unter anderem die Kontrolle der Farbtöne wie auch des Lichtausgleichs. Aufwändig sind auch die Kontrollen der Farben. Für die aktuell rund 3000 aktiven Artikel stehen Bö-La zirka 1600 Farbrezepturen zur Verfügung. Bereits während des Abmischens werden die von den Kunden genau spezifizierten Farbtöne mit Hilfe eines speziellen LAB-Systems mit dem gewünschten Farbort abgeglichen. Die Prüfung des Andrucks erfolgt mit Hilfe eines Spektralphotometers.

Nachdem die Folien bedruckt sind, durchläuft jeder Bogen zunächst einen ausgeklügelten Trocknungsprozess. Der ist deshalb sehr wichtig, weil die Farben völlig trocken sein müssen, ehe die Bögen gestapelt werden können. Andernfalls wären entweder verklebte Bögen oder auch verwischte Farben das Resultat. Im weiteren Verlauf werden die Displays entweder ausgestanzt oder mit einem Laser ausgeschnitten.
Sollen die Displays eine ausgeprägt dreidimensionale Form erhalten, setzt Bö-La das so genannte HighPressure-/Hochdruckverformverfahren ein. Dazu wird die Folie mit Infrarotstrahlung bis in den thermoelastischen Bereich aufgeheizt, anschließend an ein Werkzeugunterteil übergeben, mit einem Luftdruck von bis zu 300 bar über die Werkzeugkontur gezogen und zuletzt ausgestanzt.

Das Folien-Handling ist beim Hinterspritzen eine echte Herausforderung

Alternativ oder in Ergänzung zum Hochdruckverformverfahren werden die Folien im sogenannten Foil-Insert-Molding (FIM) hinterspritzt. Bö-La ist einer der Pioniere dieser Technologie und beschäftigt sich mit dem Folienhinterspritzen bereits seit Anfang der neunziger Jahre. Nachdem das erste Projekt erfolgreich lief, folgten weitere ähnliche Aufträge. Sie waren 1997 der Auslöser für den Aufbau der eigenen Kunststoffspritzerei; heute stehen dort 13 zum Teil hochautomatisierte Spritzgießmaschinen mit Schließkräften von 50 bis 300 Tonnen. Damals begann übrigens auch die Zusammenarbeit mit Arburg.

„Eine besondere Herausforderung ist beim Folienhinterspritzen das Handling der Folien“, erläutert Geschäftsführer Roland Jürgens. Er war es auch, der bei Bö-La die Kunststofffertigung aufbaute. Solange die Folien flach bleiben können, sei das Einlegen je nach Geometrie nicht weiter kompliziert, allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Dafür eigneten sich Linearroboter mit den entsprechenden Greifern. Doch schwierig werde es, wenn die recht stabilen Folien beispielsweise dreidimensional verformt eingelegt werden müssten und zugleich große Stückzahlen benötigt würden. Dann kämen schlussendlich nur Sechs-Achs-Roboter infrage. Deren Flexibilität, kompakte Bauweise und der geringe Platzbedarf seien nur einige Vorteile, die für den Einsatz sprächen. Besonders ihre hohe Funktionalität auf engstem Raum mache die „Bewegungskünstler“ für den Einsatz bei komplexen Handhabungsaufgaben interessant. „Ein großes Plus von Sechs-Achs-Robotern ist deren Bewegungsfreiheit“, ergänzt Mike Böing-Meßing, geschäftsführender Gesellschafter von Bö-La. Gegenüber Linear-Handlinggeräten eröffne sich mit einem Knickarmroboter ein ganz anderes Einsatzspektrum.
In diesem Zusammenhang nennt Detlef Eckmann, Leiter Produkt- und Prozessentwicklung, als weiteres Plus die kompakte und platzsparende Bauweise des Roboters. Dadurch kann auch der Reinraum kleiner gebaut werden, was den darin ablaufenden Prozess beherrschbarer macht. Denn gerade bei der Herstellung von Bauteilen mit hochglänzenden Oberflächen muss Staub zuverlässig verhindert werden.

Ein Hindernis die Sechs-Achser einzusetzen sei jedoch der Programmieraufwand, für den spezielle Kenntnisse erforderlich sind. Vielfach müsse selbst bei kleinen Korrekturen auf das Know-how externer Spezialisten zurückgegriffen werden, was nicht nur zusätzliche Kosten verursache sondern auch zeitaufwändig sei.

Die Programmierung eines Sechs-Achs-Roboters ist nicht mehr schwer

Es geht nämlich auch anders, wie Arburg zusammen mit dem Systemintegrator Fpt Robotik zeigt: Durch die Implementierung der Selogica-Bedienoberfläche (die von den Arburg-Spritzgießmaschinen und –Linearrobotern bekannt ist) auf die Steuerung der Kuka-Roboter steht den Einrichtern die ihnen bekannte, einheitliche Bediensystematik zur Verfügung. Daher lassen sich selbst komplizierte Bewegungsabläufe der Sechs-Achs-Roboter in Eigenregie und ohne spezielle Kenntnisse analog zum Maschinenablauf programmieren. Das wiederum verringert den Aufwand für das Rüsten deutlich. Die erweiterte Kommunikation zwischen Selogica-Maschinensteuerung und Roboter erleichtert es zudem, Maschine und Roboter umfassend zu synchronisieren, um etwa die Zykluszeit wirksam zu reduzieren. Seit dem Roll-out der innovativen Lösung bewähren sich die Anlagen zunehmend in der Praxis.

Grafische Ablaufprogrammierung erleichtert Umgang mit Sechs-Achsern

Eckmann verdeutlicht das Problem: „Die eigenen Mitarbeiter zu schulen macht nur Sinn, wenn sie später wenigstens einmal pro Woche, wenn nicht gar täglich, so eine Anlage programmieren. Andernfalls sind die erlernten Kenntnisse schnell vergessen.“ Dabei spricht er aus eigener Erfahrung, denn er hat auch selbst entsprechende Programmier-Lehrgänge gemacht. Für Außenstehende sei diese Erfahrung vergleichbar mit der Arbeit an einem PC: Wer komplizierte Programme nicht häufig und regelmäßig verwende, habe in kürzester Zeit Probleme damit.

Entsprechend gespannt waren Eckmann und Jürgens, als Arburg die Implementierung der Selogica-Bedienoberfläche auf die Robotersteuerung ankündigte. Erstmals überzeugen konnte sich Jürgens davon auf dem Praxisforum Automation im Dezember 2009. „Es ist einfach eine tolle Sache“, so der Praktiker begeistert. Nicht nur, dass das Einrichten der Anlage vergleichsweise einfach ist, weil eben das intuitive Prinzip der grafischen Ablaufprogrammierung der Selogica bekannt ist. Auch die in der Praxis immer wieder erforderlichen kleineren Korrekturen seien kein Thema mehr und in wenigen Minuten erledigt.

Offensichtlich war die Vorführung bei Arburg überzeugend. Denn für die Herstellung eines speziellen Displays, für das eine dünne Folie zunächst mit einem glasklaren PMMA überspritzt wird und anschließend auf der Rückseite noch einen Rahmen aus ABS erhält, investierte Bö-La in eine Reinraum-Fertigungszelle von Arburg rund um einen Allrounder 570 S und einen Kuka-Sechs-Achs-Roboter. Ursprünglich war eine andere Produktionslösung geplant. Für entsprechende Neuprojekte favorisieren Eckmann und Jürgen unisono wieder Roboter-Lösung dieser Art.

Neue Technologien
Das Hindernis für den Einsatz von Sechs-Achs-Robotern ist beseitigt

Der Programmieraufwand für Sechs-Achs-Roboter war bislang oft das entscheidende Hindernis für Ihren Einsatz, auch wenn viele andere Gründe dafür sprachen. Im Vergleich zu Linearrobotern kann die Programmierung vielfach nicht von den eigenen Maschineneinrichtern vorgenommen werden, sondern in der Regel muss ein externer Spezialist herbei gerufen werden. Bei kleinen Änderungen im Bewegungsablauf muss erneut der Spezialist kommen; und bis der kommen kann, ist die Produktion unterbrochen. Zudem ist diese Aufgabe nicht in wenigen Minuten gelöst. Mit solchen Arbeitsprozessen kann man weniger schnell und flexibel auf Änderungen in der Produktion reagieren. Das ist kaum tolerabel.
Doch es geht auch anders, wie Arburg zusammen mit dem Systemintegrator Fpt Robotik zeigen konnte:
Durch die Implementierung der Selogica-Bedienoberfläche (wie sie von den Arburg-Spritzgießmaschinen und Linearrobotern bekannt ist) auf die Steuerung von Sechs-Achs-Robotern von Kuka steht den Maschineneinrichtern die ihnen bekannte, einheitliche Bediensystematik zur Verfügung. Damit können selbst komplizierte Bewegungsabläufe in Eigenregie und ohne spezielle Kenntnisse analog zum Maschinenablauf programmiert werden.
Bö-La Siebdrucktechnik setzt diese neue Technik mit einem Sechs-Achs-Roboter jetzt beim Folienhinterspritzen ein, speziell dem Einlegen von Folien in das Spritzgießwerkzeug. Ursprünglich war dafür eine andere Produktionslösung vorgesehen. Für entsprechende Neuprojekte favorisiert der Kunststoffverarbeiter jetzt erneut Roboter-Lösungen mit Sechs-Achsern.

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