Der „7. Internationale Kongress über WPC und Naturfaser-Verbundwerkstoffe“ vom 18. bis 19. Juni in Kassel überraschte selbst die Veranstalter mit einer Rekordzahl von 380 Teilnehmern und 30 Ausstellern. Seit zehn Jahren veranstaltet das Institut für Werkstofftechnik der Universität Kassel diesen Kongress. Nachdem die Teilnehmerzahl in den letzten Jahren stagnierte, war dieses Jahr ein neues Interesse an Biowerkstoffen, vor allem an Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffen (Wood Plastic Composites, WPC) und naturfaserverstärkten Kunststoffen (NFK) von Seiten der Industrie festzustellen.

Die meisten der 51 Referenten und 40 Posterpräsentationen befassten sich mit technischen Aspekten der neuen Werkstoffe. Auf besonderes Interesse stießen aber Vorträge, die sich mit der aktuellen Rohstoffkrise und ihren Folgen für die Werkstoffwahl der Zukunft auseinandersetzten. Unter den Referenten aus Industrie und Forschung herrschte in den meisten Punkten Einigkeit: Die aktuelle Rohstoffkrise solle ernst genommen werden, der Einsatz von Biokraftstoffen sei kritisch zu sehen, der Solarenergie stehe eine große Zukunft bevor, vor allem aber seien sowohl Erdöl als auch Biomasse viel zu wertvoll zum Verbrennen. Beide sollten bevorzugt stofflich genutzt werden – wobei im Falle der Agrarrohstoffe Lebens- und Futtermittel Vorrang haben müssten.

Die Industrie macht sich bei weiter steigenden Preisen für fossile und mineralische Rohstoffe ernsthafte Gedanken über die Werkstoffe der Zukunft und zeigt dabei zunehmend Interesse an Biowerkstoffen. Wichtig sind in diesem Zusammenahng insbesondere die Aspekte „nachwachsend“, „gute Klimabilanz“ und „keine Konkurrenz zu Lebensmitteln“. Letzteres führt zu einer erstaunlichen Skepsis gegenüber Biopolymeren, die ja in der Regel auf Basis von Zucker und Stärke produziert werden. Die Industrie wird nach den Erfahrungen mit dem radikalen Imageverlust bei Biokraftstoffen nicht auf Biowerkstoffe setzen, denen in der öffentlichen Diskussion ähnliches passieren könnte.

Und genau hieraus scheint das neue Interesse an Naturfasern und Holzwerkstoffen zu resultieren, denn beide Rohstoffe sind nicht essbar und stehen – zumindest auf den ersten Blick – in keiner Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau. Anwesende Automobilkonzerne und Zulieferer bestätigten diesen Trend und sehen in den nächsten Modellreihen wieder den verstärkten Einsatz von Naturfasern kommen.

Auf dem Deutschen Verpackungskongress 2008 am 12. Juni in Berlin war ein ähnliches Interesse an Biowerkstoffen und eine Skepsis gegenüber Biopolymeren auf Basis von Stärke und Zucker festzustellen. Hier bestand ein besonderes Interesse an der Nutzung von Reststoffen und Nebenprodukten, wie zum Beispiel der Bagasse aus der Zuckerrohrverarbeitung. Auch eine aktuelle Studie von Frost & Sullivan vom Mai 2008 sieht ein erhebliches Wachstumspotenzial für naturfaserverstärkte Kunststoffe.

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